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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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was noch davon erkennbar war, denn die Natur hatte die Zeugnisse der Vergangenheit überall mit einem dichten grünen Teppich überzogen – reichten bis an das Ufer heran. Die Wurzeln eines Baumes hatten die Decke eines gewaltigen Kellerraumes aufgebrochen. Letzte Sonnenstrahlen erreichten gerade noch den Boden. Ich kletterte daran hinab. Ein gewaltiger unterirdischer Raum erstreckte sich vor mir. Vereinzelt standen einige rostzerfressene Metallgerippe herum. An ihren Seiten waren Räder befestigt. Diese waren umgeben von einer brüchigen Substanz. Eine Art Plast, wie ich annahm. Es lagen noch ein paar kleinere Teile eines ähnlichen, jedoch härteren Materials herum, das schon eher dem Plast entsprach, das ich kannte. Dieses Plast war das einzige, was dem Zahn der Zeit halbwegs Widerstand entgegengebracht hatte.
    Diese Gerippe waren eindeutig eine Art Kutschen gewesen. Für einen Augenblick fragte ich mich, wo das Geschirre der Pferde befestigt gewesen sein mochte, doch dann rief ich mir in Erinnerung, was ich über die fliegenden Kutschen der Anderen in Erfahrung gebracht hatte. Diese bewegten sich alleine aus eigener Kraft. Ich nahm an, dass es bei diesen Fahrzeugen hier ähnlich gewesen sein mochte. Auf meinem Weg hierher war ich an vielen dieser Gerippe vorüber gekommen. Manche davon mussten wirklich gewaltig gewesen sein. Doch die meisten waren stark überwuchert, und kaum noch zu erkennen gewesen.
    Die Decke machte einen verhältnismäßig stabilen Eindruck, so dass ich beschloss, mein Nachtlager hier aufzuschlagen. Zudem war ich, hier unter der Erde, gut vor Blicken geschützt und konnte es wohl wagen, ein Feuer anzuzünden.
    Trockenes Holz zu finden war kein Problem. Es hatte seit über einer Woche nicht geregnet und auch in den umliegenden Ruinen war genug davon vorhanden. Alles an brauchbaren Gegenständen jedoch, schien bereits vor langer Zeit geplündert worden zu sein.
    Als es dunkel war, saß ich an meinem Feuer und schmolz etwas von dem Käse, den Tom mir mitgegeben hatte. Zusammen mit dem Brot, das ich über den Flammen röstete, schmeckte dieser außerordentlich gut.
    Ich überdachte meine Lage.
    Sobald es hell wurde, würde ich mich nach Süden aufmachen. Wenn ich mich immer an die Küste hielt, so würde ich zwangsläufig irgendwann den Hafen – und mit ihm den heute bewohnten Teil dieser ehemals so riesigen Stadt – erreichen. Wo ich Jack Brandon würde finden können, das hatte Marten mir genau beschrieben. Ich machte mir Gedanken darüber, ob ich nicht vermutlich auffallen würde. Doch, so hatte der Puppenspieler gesagt, in einer so großen Stadt erwarteten die Menschen nicht, jeden sofort zu erkennen. Ich sollte mich möglichst unauffällig verhalten und es vermeiden, allzu viel in Kontakt mit der Bevölkerung zu treten. Mein Galway–Akzent wäre ziemlich ausgeprägt. (Ich wusste was er damit gemeint hatte. Hatte ich selbst doch eine ganze Weile gebraucht, mich an die schwere, kehlige Sprechweise Toms und Kierans zu gewöhnen.) Würde ich es dennoch nicht vermeiden können, so sollte ich möglichst nahe der Wahrheit bleiben. Ich sollte sagen, ich wäre ein Schiffsjunge eines anliegenden Kahns auf Botengang. Ich war entschlossen diesen Rat zu beherzigen.
    Plötzlich vernahm ich ein Rascheln. Gefolgt von einem knirschenden Geräusch. Kleine Steinchen fielen von Oben herab. Ich war unwillkürlich zusammengefahren. Nach einer Weile schlich ich mich leise zum Durchbruch und lauschte angestrengt in die Nacht. Doch alles blieb still. Ich glaubte aber nicht, dass ich mich getäuscht hatte. Wahrscheinlich gab es in der Gegend verwilderte Hunde. Im Burren jedenfalls hatte es welche gegeben. Ausgemergelte Kreaturen, die in kleinen Rudeln das Land durchstreiften, auf der Such nach etwas Fressbarem. Selbst in Ballynakil war hin und wieder ein solcher Streuner aufgetaucht. Ich beschloss auf der Hut zu sein. Ich würde das Feuer die ganze Nacht über brennen lassen. Das würde sie wahrscheinlich abhalten.
     
     
    Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg. Nachdem ich lange darüber nachgedacht hatte, war ich zu dem Entschluss gekommen, meinen Beutel in der unterirdischen Halle zurück zu lassen. Er würde nur zu neugierigen Fragen Anlass geben. Zudem, wer konnte schon sagen, wie lange ich in dieser Stadt würde bleiben müssen, wenn es mir nicht auf Anhieb gelang, diesen Jack Brandon ausfindig zu machen. Ich wusste nicht, ob ich noch einmal einen derart guten Unterschlupf würde finden können.

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