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Das Halsband des Leoparden

Das Halsband des Leoparden

Titel: Das Halsband des Leoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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    Wieder zog Fandorin fragend die Augenbrauen hoch, da er nicht wusste, was die Schlange hier sollte. Wieder hiesiger Jargon? »Rattler ist mein Bräutigam«, erklärte Miss Callaghan. »Ich liebe ihn und werde nur ihn heiraten. Denn einen Besseren habe ich noch nicht getroffen«, fügte sie nach einigem Überlegen hinzu. »Aber Papa will nicht, dass ich die Frau eines einfachen Tophands werde. Deshalb ist er so stur mit dem Preis. Hunderttausend für das Dream Valley! Darauf muss man erst mal kommen! Da kann ich ja eine alte Jungfer werden«, klagte sie.
    »Wenn Sie Ihren Bräutigam lieben, brauchen Sie sich ja nicht um die Mitgift zu sorgen«, bemerkte Fandorin.
    »Aha, ich soll wie meine verstorbene Mutter selber Kühe melken,Jungbullen kastrieren und Wasser vom Brunnen schleppen, ja? Damit ich mit dreißig eine alte Frau bin und mit vierzig, wenn das erste Geld fließt, an der Schwindsucht krepiere?« Miss Callaghan zog das Näschen hoch, und selbst dieser unromantische Laut geriet ihr anmutig. »So blöd bin ich nicht! Und Papa weiß das genau. Er sagt, wenn sich ein besserer Bräutigam findet, wird das Tal billiger.«
    Dieser unvorhergesehene Umstand, von dem der Colonel nichts wusste, war bedenkenswert. Fandorin beschloss, Mr. Star gleich in seinem ersten Bericht mitzuteilen, warum das Tal nicht zu kaufen sei. Wahrscheinlich müsse man von dieser Idee überhaupt abstehen, denn Ashlean Callaghan sei mindestens so stur wie ihr Papa. Da beiße man auf Granit.
    Während er so überlegte, musterte ihn das Mädchen ungeniert.
    »Sind Sie verheiratet?«, fragte sie.
    Fandorin schüttelte den Kopf.
    »Das kann nicht sein! Sie sind doch ein so schöner Mann. Anfangs habe ich Sie für alt gehalten, weil Sie graue Schläfen haben. Aber jetzt sehe ich, dass Sie noch ganz passabel sind. Bestimmt waren Sie schon mal verheiratet. Aber Sie haben Ihre Frau verlassen, ja? Oder sie ist gestorben. Erzählen Sie! Es interessiert mich brennend. Wie hat sie geheißen?«
    Fandorin verfinsterte sich, fasste sich an den Kragen und überlegte, wie er sich höflich um die Antwort herumdrücken könnte, aber es stellte sich heraus, dass das Mädchen nur gefragt hatte, um von ihrem Verlobten erzählen zu können.
    »Mein Bräutigam heißt Rattler Ted. Schöner Name, nicht?«
    »Aber w-warum erst der Nach- und dann der Vorname?«
    Miss Callaghan lachte.
    »Rattler ist doch ein Spitzname. Er ist so schnell wie eine angreifende Schlange. Und auch so tödlich«, fügte sie stolz hinzu.
    Fandorin übersetzte im Stillen den Namen ihres Auserwählten und kam auf etwas wie Klapper-Theo.
    »Ich habe mich auf den ersten Blick in ihn verliebt. Na, beinahe auf den ersten. Ich saß bei uns in Splitstone im ›Indianerkopf‹, das ist ein Saloon. Dort warte ich manchmal auf Papa, wenn er von einer entfernten Weide zurückkommt und ich von einer näheren. Der Saloon hat ein Hinterzimmer für Damen, na ja, kein richtiges Zimmer, eine Art Nische hinter einer Säule. Das ist sehr praktisch, man sitzt weitab von den Säufern und Schreihälsen und kann alles sehen. Ted ist mir sofort aufgefallen. Ein Bild von einem Mann und nicht so zerlumpt wie unsere Männer, sondern schick gekleidet. Sitzt da, trinkt Bier und liest Zeitung. In Splitstone war der schlimmste Raufbold damals Dakota Jim. Widerlicher Kerl! Er hatte im Indianerterritorium zwei Menschen umgebracht, das wussten alle. Und dieser Dakota stand an der Bar und legte sich mit Ted an. Denn Ted war so ordentlich anzusehen und stammte überhaupt nicht von hier. Ted hörte sich alles an und gab höfliche Antworten. ›Sie sollten nicht so reden, Sir.‹ – ›Ich möchte nicht mit Ihnen streiten, Sir.‹ Und alles so was. Ich hab mich sogar geärgert. So schön und dabei so feige. Da wurde Dakota ganz frech und spuckte Ted ins Bierglas. Komm mit raus, wenn du ein Mann bist und nicht ein Weib in Hosen, hat er gesagt. Da ist Ted aufgestanden und hat zu allen gesagt: ›Sie haben es gesehen, Gentlemen. Ich habe alles getan, um Blutvergießen zu vermeiden.‹ Dann sind sie alle hinausgegangen, und ich habe durchs Fenster zugeguckt. Solche Schnelligkeit hatte ich noch nie erlebt, wahrhaftig!« Die grünen Augen der Schönen weiteten sich bei der Erinnerung vor Begeisterung. »Dakota war noch nicht mal mit der Hand an seinem Halfter, da hatte er schon – peng peng peng! – drei Löcher im Kopf. Und da habe ich mich in Rattler verliebt. Und habe vor Gericht als Zeugin für ihn ausgesagt. Und obwohl er in

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