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Das Halsband des Leoparden

Das Halsband des Leoparden

Titel: Das Halsband des Leoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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K-Klar?«
    »Klaar! Verstanden!«, antwortete ein holperiger Chor, in dem sich vor allem Frauenstimmen hervortaten.
    Fandorin war beklommen zumute, er hatte böse Vorahnungen. Aber den Plan zu ändern war es zu spät.
    »Vorwärts!«, sagte er zu den Reitern und holte ein weißes Tuch hervor.
    Jetzt kam der gefährlichste Moment der Operation. Wenn der Posten angesichts der drei Reiter und der hinter ihnen gehenden Infanteristen das Feuer eröffnete, konnte es Opfer geben. Fandorin hoffte auf die Wirkung der weißen Fahne.
    Er sprengte vorwärts und schwenkte das Tuch.
    »Nicht schießen!«, schrie er. »Nicht schießen! Wir wollen reden!«
    Der Posten schoss, aber wohl nicht auf die Parlamentäre, sondern in die Luft – als Alarmsignal.
    »Los, absitzen!« Scott zeigte auf den großen Felsblock mitten auf dem Plateau.
    So war es abgesprochen. Die drei sprangen von den Pferden. Scott scheuchte sie mit einem schrillen Ruf zurück, sie wurden nicht mehr gebraucht.
    Fandorin schmiegte sich an den von der Sonne erwärmten Stein, sah sich um und atmete auf.
    Die erste Etappe der Operation war ohne Zwischenfälle verlaufen.
    Den strategischen Punkt, von dem aus sie die Verhandlungen führen würden, hatten sie besetzt. Die russischen Siedler lagen unversehrt in Deckung, nur ihre Hutspitzen und ihre Knüppel ragten heraus, die sahen selbst von hier wie Gewehrläufe aus und erst recht von den Felsen dort vorn.
    »Wir warten noch etwas«, flüsterte Scott. »Ihr Oberster soll kommen. Wir wollen ja nicht mit dem Wachposten verhandeln.« Durchs Fernglas war der Kopf des Vorpostens hinter einem Stein gut zu sehen: breitkrempiger Hut, schwarzes Tuch vorm Gesicht. Die Mündung seiner Winchester wanderte hastig von rechts nach links – er war nervös.
    Fünf Minuten später erschienen neben ihm zwei weitere Hüte.
    »Dann mal los«, sagte Scott, dessen eingekniffene Augen so scharf waren wie das Zeissglas. »Willst du selber reden?«
    »Lieber du, dich kennen sie bestimmt.«
    Der Pink hielt jetzt ein ledernes Sprachrohr in der Hand. Er räusperte sich, nahm einen Schluck aus der Flasche und brüllte dann so laut, dass es Fandorin die Ohren verstopfte.
    »Hey, ihr Bastarde!«, schrie er. »Hier spricht Melvin Scott von der Pinkerton Agency. Bei mir sind zwei Hilfsmarshals und ein halbes Hundert
Possies
! Ihr sitzt in dieser Mausefalle fest! Kommt einzeln raus, mit erhobenen Händen!«
    Keine Antwort. Zwei Hüte verschwanden, einer blieb.
    »Das mit den erhobenen Händen war überflüssig«, sagte Fandorin missmutig. »Darauf gehen die niemals ein. Wir hatten das doch besprochen! Sie sollen das Mädchen herausgeben und das Tal v-verlassen!«
    »Belehre mich nicht, wie ich mit Banditen verhandeln soll!« Scott schüttelte ärgerlich die Flasche – es war nur noch wenig Whiskey drin. »Wenn du einen Dollar forderst, bekommst du einen Cent. Gesetz des Handels.«
    Hinterm Felsen wurde ein Lappen geschwenkt.
    »Hey, Scott! Wenn du ein ernsthaftes Gespräch willst, dann komm mit noch einem herauf! Zu zweit!«
    »Warum zu zweit?«, fragte Fandorin.
    »So wird das immer gemacht. Der eine feilscht, der andere geht zu seinem Obersten und berichtet. Wir könnten natürlich sagen,sie sollen selber herkommen, aber das wäre riskant. Gott verhüte, dass sie mitkriegen, was für
Possies
wir haben, es wäre das Ende.«
    Diese Überlegung war richtig.
    »Wenn zwei hingehen sollen, dann ich mit Masa. Du bleibst hier.«
    »Einverstanden. Wir können ja nicht den Chinesen als Obersten hier lassen.«
    »Japaner ist er.«
    »Was macht das für einen Unterschied? Nur eines merke dir: Die dürfen auf keinen Fall merken, dass du unser Kommandeur bist. Sonst lassen sie euch nicht wieder gehen. Sie sollen denken, dass Melvin Scott die
Possies
hergeführt hat.«

    Fandorin und Masa verließen die Deckung und schritten langsam auf die Zwei Finger zu.
    »Wie gut, dass hierzulande zwei Parlamentäre gerufen werden«, sagte der Kammerdiener. »Vielleicht werden wir selber mit den Schwarzen Tüchern fertig. Wenn es weniger als zehn sind.«
    Es zeigte sich, dass in den Felsen, in dem der Posten seinen Ausguck hatte, grobe Steinstufen geschlagen waren.
    »Die Waffen legt ihr auf die Erde, ich will sie sehen!«, schrie es von oben. »Und dann kommt rauf!«
    Fandorin legte den »russischen« Revolver hin, Masa das Kurzschwert.
    »Hey, Schlitzauge, und im zweiten Halfter?«
    »Da hab ich Stäbchen, zum Leis essen.«
    Masa nestelte das Halfter auf und zeigte die

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