Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels
vier Wochen nachdem er zu ihnen gekommen war, eine Remington Kaliber .16 in die Hand gedrückt und war mit ihm in den Wald gegangen. »In diesem Haus solltest du besser wissen, wie man mit einem Gewehr umgeht, es sei denn, du willst verhungern«, hatte der alte Mann ihm erklärt.
»Aber ich möchte nicht schießen«, hatte Arvin gesagt, als Earskell stehen blieb und auf zwei graue Eichhörnchen zeigte, die auf ein paar Ästen herumsprangen.
»Hab ich dich denn nicht heute Morgen ein Kotelett essen sehen?«
»Doch.«
Der alte Mann zuckte mit den Schultern. »Jemand musste doch auch das Schwein erlegen, oder?«
»Ich denke schon.«
Earskell hob das Gewehr und feuerte. Eines der Eichhörnchen fiel zu Boden, und der alte Mann ging zu ihm hin. »Versuch nur, sie nicht allzu schlimm zuzurichten«, sagte er über die Schulter hinweg. »Du möchtest ja noch was für die Pfanne übrig haben.«
Im flackernden Schein der Kerosinlampen, die zu beiden Seiten des Raums hingen, glänzte die Luger vom Waffenöl wie neu. »Ich habe ihn nie davon reden hören«, sagte Arvin, hob die Pistole hoch und richtete sie auf das Fenster. »Vom Krieg, meine ich.« Es hatte eine ganze Reihe von Dingen gegeben, vor denen ihn seine Mutter in Bezug auf seinen Vater gewarnt hatte, und ihm Fragen darüber zu stellen, was er denn im Krieg erlebt habe, stand recht weit oben auf der Liste.
»Ja, ich weiß«, sagte Onkel Earskell. »Ich erinnere mich noch, als er zurückkam, wollte ich, dass er mir von den Japsen erzählt, doch jedes Mal, wenn ich davon anfing, sprach er wieder nur von deiner Mutter.« Er aß das Kaninchen auf und legte den Knochen auf den Teller. »Oh Mann, ich glaube, damals wusste er noch nicht mal ihren Namen. Er hatte sie nur auf der Heimfahrt gesehen, wie sie in irgendeiner Spelunke kellnerte.«
»Im
Wooden Spoon
«, ergänzte Arvin. »Als sie krank wurde, ist er mal mit mir dorthin gegangen.«
»Ich glaube, er hat ein paar üble Dinge auf den Inseln da draußen erlebt«, sagte der Alte. Er sah sich nach einem Lappen um und wischte sich dann die Finger an seinem Overall ab. »Ich hab nie rausgekriegt, ob die nun ihre Toten essen oder nicht.«
Arvin biss sich auf die Lippen und musste schwer schlucken. »Das ist das tollste Geschenk, das ich je bekommen habe.«
In diesem Augenblick kam Emma mit einem einfachen Rührkuchen in einer kleinen Pfanne in die Küche. In der Mitte steckte eine Kerze. Hinter ihr kam Lenora herein, sie trug das lange blaue Kleid und die Haube, die sie sonst nur für die Kirche anzog. Sie hielt eine Schachtel Streichhölzer in der einen und eine zerschlissene Bibel in der anderen Hand. »Was ist denn das?« fragte Emma, als sie Arvin mit der Luger in der Hand sah.
»Das ist die Pistole, die Willard mir gegeben hat«, erklärte Earskell. »Ich fand, es ist Zeit, sie an den Jungen weiterzugeben.«
»Ach«, sagte Emma nur. Sie stellte den Kuchen auf den Tisch und griff nach dem Saum ihrer karierten Schürze, um sich eine Träne fortzuwischen. Der Anblick der Waffe erinnerte sie an ihren Sohn und an den Schwur, den sie vor so vielen Jahren gebrochen hatte. Manchmal konnte sie nicht anders und fragte sich, ob sie wohl alle noch am Leben wären, wenn sie Willard damals nur davon überzeugt hätte, daheimzubleiben und Helen zu heiraten.
Alle schwiegen einen Augenblick, fast so als wüssten sie, woran Emma dachte. Dann riss Lenora ein Streichholz an und zwitscherte: »Happy Birthday, Arvin.« Sie zündete die Kerze an, dieselbe, mit der sie vor ein paar Monaten ihren vierzehnten Geburtstag gefeiert hatten.
»Die ist ohnehin nicht zu viel nütze«, sagte Earskell, ignorierte den Kuchen und nickte in Richtung der Pistole. »Da musst du schon direkt davorstehen, um was zu treffen.«
»Na los, Arvin«, sagte Lenora.
»Kannst auch genauso gut einen Stein werfen«, witzelte der alte Mann.
»Arvin?«
»Mit der Schrotflinte geht’s besser.«
»Wünsch dir was, bevor die Kerze runterbrennt«, ermahnte Emma ihn.
»Das ist 9-mm-Munition«, sagte Earskell. »Die findest du bei Banner nicht im Laden, aber er kann sie bestellen.«
»Beeil dich lieber!« rief Lenora.
»Schon gut, schon gut«, sagte der Junge und legte die Waffe auf das Tuch. Er beugte sich vor und pustete die winzige Flamme aus.
»Und, was hast du dir gewünscht?« fragte Lenora. Sie hoffte, dass es etwas mit dem Herrn zu tun hatte, doch so, wie Arvin nun mal war, hätte sie nicht darauf gewettet. Nacht für Nacht betete sie dafür, dass er
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