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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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von vorn an!! Also, nachdem ich Charlies E-Mail bekommen und ihm geantwortet hatte, habe ich mir all das Wechselgeld geschnappt, das mir Ben gegeben hatte – er hat massig, er bekommt immer ganz viel Kleingeld, wenn er im Hotel den Roomservice macht – und bin zur Telefonzelle gegangen. Die total gestunken hat. Echt, das war widerlich. Ich habe dann zuerst Mum und Dad angerufen, weil ich das in meiner E-Mail so versprochen hatte. Mum hat sofort angefangen zu weinen und immer wieder gesagt, sie habe sich solche Sorgen gemacht, und ist auch wirklich alles in Ordnung, und dann ist Dad rangegangen und hat das Gleiche gesagt. Selbst er hat geklungen, als hätte er geweint.
    Ich habe mich schon ein wenig mies gefühlt. Ich hatte ja nur versucht, auf eigenen Beinen zu stehen und ein bisschen unabhängiger zu sein – und, okay, ihnen auch eine kleine Lektion zu erteilen –, und offenbar haben alle geglaubt, ich wäre von einem Axtmörder entführt worden oder so. Mum hat sich immer wieder entschuldigt, obwohl ich mich vermutlich entschuldigen müsste, aber ich habe ihr gern den Vortritt gelassen, und mir alles über die Fernsehshow erzählt. Sie hat gesagt, das wäre echt nicht gut für mich gewesen, weil die Sendung nicht jugendfrei gewesen wäre und der Sender gewollt hätte, dass ich tief ausgeschnittene Tops und kurze Röckchen trage und mit den Gästen flirte, und Mum und Dad hätten es mir nicht erzählt, weil sie mich damit gar nicht aufregen wollten, denn sie waren der Meinung, so was wäre nichts für mich. Dann habe ich es auch kapiert – der Titel Jess lässt nichts anbrennen war sexuell gemeint und nicht aufs Kochen bezogen. Iiih, habe ich gesagt. Nein, danke. Das hätte ich echt nicht gut gefunden.
    Und das meine ich ernst. Eines meiner großen Ziele ist, einmal die Rolle der Maria in einer Bühnenversion von The Sound of Music zu spielen, entweder in Melbourne oder am West End oder wo auch immer, und wer würde mir die Rolle einer Nonne abnehmen, wenn ich in so einer Show aufgetreten wäre?
    Ich habe Mum und Dad dann erzählt, was alles seit unserem letzten Telefonat passiert ist, dass ich es geschafft habe, von ein paar Pfund und Essen aus dem Hotel zu leben. Ich hätte fast gesagt: »Essen, das Ben aus dem Hotel geklaut hat.« Aber ich habe mich gerade noch bremsen können. Dad hätte so etwas nicht gutgeheißen. Und dann habe ich erzählt, dass ich zwei Übernachtungsangebote UND einen Job in der Küche bekommen hatte und dass ich am Vortag Leber gebraten habe und dass ich eventuell einen Job in einem russischen Restaurant haben kann!!
    »Aber was wird mit den Auditions?«, hat mich Dad gefragt. Und ich habe ihm wahrheitsgemäß gesagt, dass ich glaube, dass ich noch nicht so weit bin, dass ich noch in viel mehr Tanz- und Gesangsklassen gehen muss, weil das Niveau hier so hoch ist. »Aber wie willst du üben und studieren, wenn du als Küchenhilfe arbeitest?«, hat er dann gefragt. Und ich: »Na ja, beides geht wahrscheinlich nicht. Ich muss wohl erst arbeiten und Geld verdienen und mich später um meine Karriere kümmern.«
    Aber Dad ist echt SO süß. Er hat sofort gesagt: »Meine Tochter vergeudet ihr Talent nicht in der Küche, wenn sie auf der Bühne stehen sollte.« Dann ist Mum wieder an den Apparat gekommen und hat gesagt: »Darling, du kannst immer noch in einem Restaurant arbeiten. Hier in Melbourne gibt es Hunderte Restaurants. Aber jetzt bist du in London. Wenn du nicht in der Stimmung für Auditions bist, dann mach dir eine schöne Zeit, zieh, wenn du willst, wieder in das nette Hotel, oder such dir ein anderes aus, wenn dir das lieber ist, und schau dir so viele Musicals und Theaterstücke an, wie du kannst. Nimm alles in dich auf. Das ist bestimmt so gut wie hundert Auditions. Und wenn du dann nach Hause kommen willst, dann mach das. Oder bleib da, und wir treffen uns in Europa, wenn wir in ein paar Monaten auf unsere Filmtour gehen. Ganz wie du willst, Jess. Du bist erwachsen. Das entscheidest du.«
    Was für tolle Eltern!! Ehrlich. Ich habe gesagt, ich würde es mir überlegen, obwohl es da nichts zu überlegen gibt. Ich würde WAHNSINNIG gern wieder in das Hotel ziehen. Es wäre doch zum Schreien, wenn mir Ben wieder das Essen aufs Zimmer bringen würde – ich würde ihm jetzt natürlich ein gigantisches Trinkgeld geben! Und ich würde mir WAHNSINNIG gern ein paar Wochen lang nur Musicals anschauen und das mit den Auditions vergessen. Und ich würde WAHNSINNIG gern eine Zeit

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