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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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eigensinnigen Miene.
    »Aber er kann das Haus nicht verkaufen. Er liebt das Haus. Es ist sein Leben.«
    »Es war sein Leben. Große Güte, er ist fast fünfundsechzig. Das Haus zerfällt doch schon seit Jahren. Wenn ihm so viel daran läge, hätte er es längst renovieren lassen. Die einzig vernünftige Lösung ist, es zu verkaufen. Wir haben zwar noch immer einen Käufermarkt, doch er würde trotzdem einen guten Preis bekommen. Das würde bequem für uns beide reichen. Ich plane meine Emeritierung. Und er sollte das auch. Schluss mit den Vorlesungen, der Forschung, den Studenten.«
    »Aber er liebt die Vorlesungen und seine Forschung. Und die Studenten liegen ihm am Herzen.«
    Eine weitere abfällige Handbewegung. »Studenten kommen, Studenten gehen. Das wird er schon noch merken. Er braucht eine neue Richtung in seinem Leben, und ich brauche Ihre Hilfe, Ella, um ihn davon zu überzeugen. Sie sind seine einzige Verwandte. Natürlich ist mir bewusst, dass Sie das in gewisser Weise tangiert. Womöglich waren Sie davon ausgegangen, dass Sie das Haus eines Tages erben, wobei man natürlich fragen kann, ob Sie diesen Ballast wirklich wollen. Aber das erübrigt sich. Mir geht es um Folgendes. Ich möchte, dass Sie mir dabei helfen, ihn davon zu überzeugen, dass er verkauft und sich aus dem Berufsleben zurückzieht. Ich habe mich schon umgehört. Es ist der ideale Zeitpunkt, um in Frankreich zu kaufen. Wenn alles schnell geht, könnten wir schon ab dem Sommer dort sein.«
    »Und was ist mit Ihrem Mann?«
    »Ich habe mich entschieden, dass es an der Zeit ist, eine Wahl zu treffen. Sie ist auf Lucas gefallen.«
    Ich hatte Mühe, das alles zu verdauen. »Aber wieso muss Lucas deswegen sein Haus verkaufen? Es wird doch, wenn Sie sich scheiden lassen, bestimmt eine finanzielle Einigung geben?«
    Henrietta rief wieder nach dem Kellner und bestellte einen Portwein. Sie wartete schweigend auf ihren Drink, trank dann einen Schluck und fixierte mich mit einem Blick, der mich, wäre Henrietta nüchtern gewesen, sehr beunruhigt hätte.
    »Die Situation ist ein wenig vertrackt, Ella. Um es Ihnen zu erklären – mein Mann ist nicht nur wohlhabend, sondern ausgesprochen wohlhabend. Und bei unserer Eheschließung erschien es seinen Eltern ratsam, das Vermögen zu schützen. Also musste ich meine Unterschrift unter ein Dokument setzen, das man heute wohl als Ehevertrag bezeichnen würde. Ich muss gestehen, ich hatte das völlig verdrängt. Bis mein Mann vor nicht einer Woche verkündet hat, dass er unsere Ehe beenden wolle …«
    »Verkündet? Ich dachte, Sie hätten sich entschieden, ihn zu verlassen.«
    Sie wedelte wieder mit der Hand. »Er ist mir lediglich zuvorgekommen. Wie sich herausgestellt hat, war auch er außerehelich aktiv. Um es auf den Punkt zu bringen, meine Ehe ist vorbei, und ich kann nun offen mit Lucas leben. Aber nicht in diesem Haus, da weigere ich mich. Die Lösung liegt, wie bereits erklärt, auf der Hand. Er verkauft, wir fangen ganz neu an. Idealerweise in Frankreich, aber wenn es sein muss, auch an einem anderen Ort. Mir ist jedoch bewusst, dass Lucas einen Verkauf erst dann in Betracht ziehen wird, wenn Sie fort sind. Daher meine nächste Frage. Wie lange planen Sie zu bleiben?«
    »Verzeihung?«
    »Sie haben nicht vor, dauerhaft zu bleiben, oder? Für den Rest Ihres Lebens die Haushälterin für eine Handvoll Hausbesetzer zu spielen?«
    »Ich weiß nicht, Henrietta. Ich bin gerade erst angekommen.«
    »Kein Grund zur Aufregung. Ich bin sicher, das alles war ein Schock. Aber ich hoffe, Sie werden sein Glück über Ihres stellen und einsehen, dass ein Verkauf unter diesen Umständen die beste aller Lösungen ist.«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, klingelte ihr Handy. Sie sah auf das Display. »Das ist mein Mann. Sie entschuldigen mich.«
    Henrietta zog sich in eine ruhige Ecke zurück. Nun wusste ich, warum sie auf Lucas’ Vorschlag eingegangen war und sich mit mir verabredet hatte. Sie hatte nicht vorgehabt, mich näher kennenzulernen. Sondern mir mitzuteilen, dass ich das Feld zu räumen hatte.
    Als sie an den Tisch zurückkam, schob ich plötzliche Kopfschmerzen vor. Sie durchschaute mein Manöver sicherlich, doch sie sagte nichts. Beim Abschied berührten wir uns flüchtig an den Wangen. »Wir sprechen uns, Ella«, sagte sie und winkte ein Taxi heran. Ich ging zu Fuß. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken.
    Das Haus war hell erleuchtet. Die Studenten waren in ihren Zimmern. Ich klopfte rasch an Lucas’

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