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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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dem heftigen Beschützerinstinkt und der Scham darüber, dass er sie in diese Lage gebracht hat.
    Doch sie winkt schon ab. »Keine Sorge, ich bin nicht leichtsinnig.«
    Er zögert. Er will nicht, dass sie in die Nähe von Abel Barrett geht. Dann aber sagt er: »Geh nicht zu ihm nach Hause. Seine Frau ist mit Mrs. Fullbright befreundet. Er trinkt jeden Nachmittag im Exchange, meist mit Ernest Fullbright, aber der ist zurzeit verreist. Am besten erwischst du ihn allein und unbemerkt auf der Shore Road, kurz nach Sonnenuntergang.«
    Sie strahlt ihn an. »Wir sind ein gutes Paar, wir beide, nicht wahr?«
    Obwohl er weiß, dass sie etwas anderes meint – dass sie Komplizen sind –, kommt ihm der Gedanke an ein Ehepaar. Doch es wird keine Heirat geben. Isabella kann nicht ewig in Lighthouse Bay bleiben, und er … er kann nicht weg. Dafür ist es zu spät. Die Traurigkeit droht ihn zu überwältigen. »Ja, wir sind ein gutes Paar«, erwidert er düster. »Ein gutes Paar, das schlechte Dinge tut.«
    Isabella macht eine wegwerfende Handbewegung. »Wir begehen kein Verbrechen. Ich habe den Winterbournes nur Gold und Edelsteine genommen. Sie hingegen haben mir meine Freiheit und mein Glück genommen, ohne auch nur einmal darüber nachzudenken. Arthur hätte mit Freuden mein Leben auf dem Meer hingegeben, um sein eigenes zu retten. Er hat so fest an dem Ruder gezerrt, dass ich geglaubt habe, er will mich zu sich ins Wasser holen.« Als sie das sagt, mischt sich ein kalter Ton in ihre Stimme, und Matthew ist besorgt. »Du solltest dich nicht mit Schuldgefühlen quälen«, fährt sie fort und streicht mit weichen Fingern sanft über seine Hand. »Der Zweck heiligt die Mittel.«

    Der Wind vom Meer ist kalt und schwer vom Salz. Isabella drückt sich mit dem Rücken gegen den kräftigen Stamm eines Mangobaums. Sie wartet im Schatten und beobachtet die Eingangstür des Exchange Hotels. Sie trägt Matthews dunklen Mantel und hat die Haare unter einem Tuch verborgen. Die Sonne ist untergegangen. Das Herz schlägt dumpf in ihrer Kehle. Zwischendurch erscheint ihr der Plan unmöglich, doch sie mahnt sich, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Sie hat das erste Schmuckstück fertig: Der erste Edelstein der Winterbournes ist bereit, wieder das Licht der Welt zu erblicken. Ein Anfang ist gemacht.
    Sie schaut zum Himmel empor. Sterne blinken zwischen dahinjagenden Wolken. Sie war so damit beschäftigt, die Edelsteine vom Amtsstab zu lösen und die Brosche anzufertigen, dass sie nicht nachgedacht hat. Jetzt aber kommen die Gedanken. Gedanken an Daniel und Xavier und Arthur und Matthew. Gedanken an Victoria, nach der Matthew in Amerika sucht. Isabella würde sagen, dass sie Heimweh hat, aber sie weiß nicht, nach welchem Heim. Sie treibt in der Welt dahin. Vielleicht ist es ihr bestimmt, eine Frau zu sein, die nur zu bestimmten Zeiten bestimmte Orte flüchtig berührt. In diesem Augenblick ist der Leuchtturm ihr Zuhause, aber sie weiß, dass es nicht von Dauer ist. Matthew weiß es auch.
    Sie möchte so gern eine andere Frau sein: eine Frau mit Familie und Wurzeln und Ziegelsteinen unter den Füßen, die noch da sein werden, wenn sie stirbt. Die Melancholie überkommt sie, aber sie sagt sich, dass jetzt keine Zeit dafür ist. Sie muss den Schmuck verkaufen und genügend Geld für eine bequeme, sichere Überfahrt in ihr neues Leben zusammentragen.
    Die Tür schwingt auf, dann steht er da. Aber er ist nicht allein. Isabella verlässt der Mut. Sie muss mit Abel Barrett allein sprechen, sonst ist es unmöglich. Er zündet sich eine Zigarre an und plaudert mit einem anderen Mann. Sie lässt sich gegen den Baumstamm sinken.
    Dann verabschiedet sich Abel Barrett und kommt in ihre Richtung. Sie strafft den Rücken, zieht den Mantel um sich und wartet, bis er mit ihr auf einer Höhe ist.
    »Mr. Barrett«, ruft sie leise.
    Er bleibt stehen, dreht sich um und späht in die Dunkelheit. »Wer ist da?«
    Sie tritt ein wenig aus dem Schatten des Baumes. »Reden Sie mit mir.«
    »Mary Harrow? Warum sollte ich? Was machst du überhaupt noch in der Stadt?«
    »Reden Sie mit mir«, wiederholt sie, »denn ich weiß Dinge über Sie, die Ihre Frau nicht weiß.«
    Er eilt zu ihr, der Zorn steht ihm ins Gesicht geschrieben. Sie wappnet sich. Er könnte gewalttätig werden. Er ist ein reicher, arroganter Mann, der es gewohnt ist, seinen Willen durchzusetzen. Aber er schlägt sie nicht. Immerhin ist er auch ein Mann, dessen Frau seinen Reichtum sichert. »Jetzt

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