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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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Mann und schaut sie ernst an. Der Leuchtturmwärter. Endlich ist sie da. Sie stöhnt erleichtert.
    »Wie heißen Sie?«, fragt er sanft.
    Sie öffnet den Mund, um ihren Namen zu nennen, verstummt aber. Wenn die Winterbournes nun doch nach ihr suchen?
    »Mary Harrow.«
    »Meinen Sie, Sie können aufstehen, Mary Harrow? Ich habe Suppe und frisches Wasser. Sie sollten essen, um wieder zu Kräften zu kommen.«
    »Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Sechs Stunden. Es ist fast Mitternacht.«
    Isabella setzt sich auf und stellt vorsichtig die Füße auf den Boden.
    »Kommen Sie, ich helfe Ihnen«, sagt er. Er legt ihr den Arm um die Taille und führt sie eine Wendeltreppe hinunter in einen kleinen Raum mit niedriger Decke. Es gibt ein Spülbecken, einen runden Tisch mit einem Stuhl und einen gusseisernen Herd. Es riecht nach gekochtem Fisch und Tabak. Er hilft ihr auf den Stuhl. Sie sieht die Kiste, an der noch das Seil hängt, neben der Tür auf den nackten Dielen stehen.
    Isabella sitzt still da. Der Leuchtturmwärter hat die Führung übernommen; sie kann sich ausruhen. Er holt eine Kiste mit Verbandszeug, zündet eine Laterne an und stellt sie neben ihrer ausgestreckten Hand auf den Tisch. Während er die Wunde säubert und verbindet, schaut er sie nicht an. Er hat den Kopf konzentriert gebeugt, so dass Isabella ihn in Ruhe betrachten kann: sein dunkles, lockiges Haar und den gepflegten, graumelierten Bart, die ernsten Augenbrauen, die geschickten Finger.
    »Woher kommen Sie?«, fragt er schließlich.
    »Das kann ich nicht sagen.«
    »Was ist das für eine Kiste, die Sie auf dem Rücken hatten?«
    »Eine Last, von der ich mich hoffentlich bald befreien kann.«
    Er beugt sich zu der Kiste, doch sie springt auf und wirft sich dazwischen. »Sie dürfen sie nicht anfassen.«
    Verblüfft zuckt der Leuchtturmwärter zurück. Er spricht mit ihr wie mit einem verletzten Tier, hebt sanft die Handflächen. »Ruhig«, sagt er. »Ich werde sie nicht anfassen, wenn Sie es nicht möchten.«
    Isabella ist verzweifelt und unsicher. Es ist, als würden sich ihre Umrisse auflösen, als wäre sie aus Sand und würde allmählich vom Wind verweht. »Ich bin so hungrig.«
    Er nickt, steht auf und geht zum Herd. Sie betrachtet ihre bandagierte Hand und kann sich nicht mehr erinnern, wie sie sie aufgeschnitten hat. Sie denkt angestrengt nach. Erinnerungen blitzen auf. Sie hat Eidechse gegessen. Beeren gesammelt. Sich über den Strand vorwärtsgeschleppt. Dann fällt ihr ein, dass sie sich die Hand erst vor Stunden aufgeschnitten hat, als sie über die Felsen geklettert ist. Die Tatsache, dass sich ein Loch in ihrer Erinnerung auftut, versetzt sie in Panik. Was geht in ihrem Kopf vor? Sie springt wieder auf und läuft ruhelos auf und ab.
    Der Leuchtturmwärter kommt mit einem Teller dampfender Suppe zurück. Er beobachtet sie und steht ganz still da, als könnte er seine Ruhe auf sie übertragen. Schließlich bleibt sie stehen und schaut ihn in der tiefer werdenden Dunkelheit an.
    »Mein Name ist Matthew Seaward«, sagt er.
    »Ich bin so hungrig«, wiederholt sie.
    Er nickt zum Tisch, und sie setzt sich. Im Leuchtturm riecht es ölig und heiß; stickige Luft, alter Seetang, schimmelndes Holz. Es ist ihr egal. Sie atmet die Gegenwart ein, die ihre Lungen strahlend ausfüllt. Sie ist sicher, fürs Erste jedenfalls. Die Suppe ist dick und salzig. Ihr Mund und ihr Magen sind im Himmel. Sie isst sich satt und trinkt noch ein Glas sauberes, kaltes Wasser. Allmählich fügen sich ihre Gedanken wieder zusammen, klären sich.
    »Ich weiß nicht, wohin. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    Er lehnt sich an das Spülbecken und lässt seinen Blick von ihren Haaren über ihr Kleid zu ihren Händen und dann schließlich zu ihrem Gesicht wandern. »Ihre Augen sehen gequält aus. Was haben Sie gesehen?«
    Sie wehrt ab. »Bitte fragen Sie mich nicht.« Sie lässt sich auf den Tisch sinken und legt den Kopf auf die ausgestreckten Arme.
    Der Leuchtturmwärter lässt das Schweigen zwischen ihnen verweilen, bis er schließlich weiterspricht. »Die Stadt ist nur eine halbe Meile entfernt. Ich bin mir sicher, dass jemand Sie aufnehmen kann.«
    »So kann ich nicht dorthin gehen.«
    »Im Schlafzimmer sind noch Kleider von der Frau des früheren Leuchtturmwärters. Und Schuhe. Am Anfang der Hauptstraße steht ein großes Haus aus rosagestrichenem Holz. Mrs. Katherine Fullbright wird Sie aufnehmen.«
    Isabellas Magen zieht sich vor Enttäuschung zusammen. Sie will nicht

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