Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
Zweifel. Er bewies rührende Loyalität gegenüber einem toten Kollegen, auf den Gaw gerne alles abwälzte, was an Kritik wegen Justizirrtümern und so weiter hängengeblieben war.
    Doch am Ende sorgte Gaw dafür, daß Mr. Dalziel der Wahrheit nicht auf die Spur kam …
    Oder falls doch, so war er klug genug, das für sich zu behalten.
    He gives away nothing …
    Konnte ein Mann, der so grob aussah, in Wahrheit so klug sein? Vielleicht. Bieten nicht letztlich diese elektronischen Urnen der proteischen Seele des Menschen ein dauerhafteres Andenken als monumentaler Marmor?
    Und Gaw Sempernel hatte eine zweideutige Fußnote hinzugefügt.
Sollte man nicht unterschätzen … vielleicht.
Die Jüngeren tuscheln, daß der alte Gaw jeden Morgen eine Stunde vor dem Spiegel steht, um sich zu vergewissern, daß er auch er selbst ist.
    Oh, ich könnte ihnen was erzählen darüber, wie ausgelassen Gaw einst am frühen Morgen war …
    Lassen wir das.
    Aber eine nähere Betrachtung dessen, was neulich in den Staaten passierte, als die Mickledore-Geschichte wieder aufs Tapet kam, läßt vermuten, daß unser dicker Unschuldsengel eher selbst die Fäden zog, als daß er ferngesteuert wurde.
    Also einer, den man im Auge behalten muß. Einer, der in engem Kontakt zu Chief Inspector Pascoe steht, der Kelly Cornelius »zufällig« am Snake Pass getroffen hat und dessen Frau eine Mitstreiterin von Feenie Macallum ist.
    Alles ziemlich vage.
    Es gibt wohl nur einen nachvollziehbaren Grund für die Aufnahme von Mr. Dalziel in die
Blätter.
Gaw, der gerne für alle Eventualitäten gerüstet ist, hegt wohl gewisse Zweifel daran, daß der
cordon sanitaire,
den er um Kelly Cornelius gezogen hat, den unmöglichen Superintendent davon abhalten kann, seine Nase in die Angelegenheit zu stecken.
    Gewarnt sein heißt gewappnet sein.
    Aber das gilt für beide Seiten.
    Der schlaue, kühl kalkulierende Sir Gawain hat daran gedacht, den Verschluß, der den fetten Geist in der Flasche hält, extra fest zuzudrehen.
    Was für ein Spaß es wäre, die Flasche einfach zu zerschlagen und ihn rauszulassen!
    Mehr als ein Spaß. Eine neue Möglichkeit, alte Rechnungen zu begleichen.
    Doch wie sich diesem Monster nähern?
    Mal sehen … kein Computer zu Hause, kein Fax, nicht einmal einen Anrufbeantworter!
    Ned Lud, alter Maschinenstürmer, wenn du das noch hättest erleben können!
    Doch während die Erde unter seinem Dinosauriertritt erzittert, passiert die Polizei gemessenen, doch unaufhaltsamen Schrittes die Jahrtausendwende.
    Stell dir einfach vor, es wäre uralte Magie, Dickwanst Dalziel. Stell dir vor, es wären sibyllinische Blätter, die auf deinen Schreibtisch herabflattern. Und mach damit, was du willst …
    He just keeps strolling
just keeps on strolling
along …

Sechzehn
    Hafer für St. Uncumber
    A ndy Dalziel tat stets so, als halte er »E-Mail« für das Wort, mit dem man in Lancashire einen Transvestiten bezeichnet. Daher betrat Sergeant Harmony, der geradewegs aus dem Computerraum kam, das Zimmer des großen Mannes mit einem gewissen Zögern.
    »E-Mail, Sir. Nur für Ihre Augen bestimmt« sagte er.
    »Ah ja? Was steht’n drin?«
    »Keine Ahnung, Sir, habe nicht reingeschaut«, antwortete Harmony, der eine Falle witterte.
    »Woher wissen Sie dann, daß es für mich ist?«
    »Hab bloß Ihren Namen gesehen, Sir. Dann hab ich nicht weitergelesen.«
    »Schwachsinn«, sagte Dalziel und nahm den Ausdruck entgegen. »Wie geht’s Ihrem hübschen Mädel?«
    »Gut, Sir.«
    »Sagen Sie ihr, bei der nächsten Fete will ich einen Tango mit ihr aufs Parkett legen.«
    »Mach ich, Sir«, antwortete Harmony und zog sich zurück, froh, so billig davongekommen zu sein.
    Der Dicke las die E-Mail zweimal, verfiel in tiefes Nachdenken, las sie noch einmal, lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück, brüllte: » KUNDSCHAFT !« Und wartete.
    Doch es kam nur ein Echo.
    Nach einer Weile erhob er sich, riß die Tür auf und ging mit großen Schritten durch die Büros, wie Uranus durch seine Sternenflure. Und wie Uranus fand er sie leer.
    Da half keine Augenwischerei. Mid-Yorkshires Kriminalpolizei war unterbesetzt.
    Zwei Leute hatten Urlaub. Nicht daß das für Andy Dalziel irgendeine Bedeutung gehabt hätte. Er war es gewohnt, Wochenenden, Mittagspausen und Schlaf unterschiedslos als Privilegien anzusehen, die von seinem persönlichen Wohlwollen abhingen und die er nach Lust und Laune beschneiden oder einfach streichen konnte. Ein kluger Detective fuhr also weit

Weitere Kostenlose Bücher