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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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Gemüse, nahmen Fische aus und rupften Geflügel. Das alles hatte ich bei Marisha gelernt, die eine schöne Beerdigung bekommen hatte, zu der auch Mister Sullivan erschienen war. Doch das schien mir alles schon so weit weg, als ich an diesem schicksalshaften Tag in der Küche werkelte. Nachdem ich alles gewürzt und soweit vorbereitet hatte, zog ich mir ein schöneres Kleid an und ließ mir von Misses Leyland eine weiße Schürze geben. Obwohl die Haushälterin das Schmücken der Tafel unter sich hatte, warf ich sogar einen prüfenden Blick in den großen Salon. Mir wehte ein betörender Duft von Jasmin entgegen. Misses Leyland hatte den Tisch mit Blüten geschmückt. Es sah wirklich feierlich aus. Wenn es danach ging, musste das Geschäft ein voller Erfolg werden. Während ich die Pracht bewunderte, fiel mir siedend heiß ein, dass ich in meinem ganzen Leben noch keinen einzigen Teller serviert hatte. Hektisch rannte ich zu Misses Leyland und gestand ihr, dass ich noch niemals zuvor Gäste bedient hatte.
    Sie sah mich ungläubig an. »Das hat doch jede Hausfrau schon einmal getan, es sei denn, es gab dienstbare Geister, die das erledigt haben.« Ich wurde rot, weil ich mich ertappt fühlte, und zog es vor zu schweigen. Ich erkannte ohnehin an ihrem Blick, dass sie sich ihren Teil dachte. Murrend folgte sie mir in den Salon und zeigte mir, von welcher Seite man an die Stühle der Gäste herantrat und wie man das Essen servierte. Mir schwirrte der Kopf. Das waren so viele Regeln. Die konnte ich mir in der Kürze der Zeit bestimmt nicht merken. Ich konnte nur beten, dass ich mich nicht allzu tollpatschig anstellte.
    »Wir müssen!«, unterbrach Misses Leyland den Nachhilfeunterricht. »Sie kommen. Ich höre die Kutsche. Schnell, die Gläser für den Champagner, und ich bringe die Flasche.« Sie deutete auf einen Gläserschrank. Zum Glück war das etwas, worin ich mich auskannte. Von unseren heimischen Festen wusste ich nur allzu gut, wie ein Champagnerglas aussah. Geschickt drapierte ich sie auf zwei kleinen Tabletts. Da kam auch schon Misses Leyland mit der Flasche herbeigeeilt. Ihr Gesicht glühte feuerrot. »Ich kriege diese schreckliche Flasche nicht auf«, fluchte sie.
    »Geben Sie her«, sagte ich und öffnete sie spielend. Erst an Misses Leylands entgeistertem Blick erkannte ich, dass sie sich darüber natürlich wundern musste. Wie konnte sie ahnen, dass ich an manchem Abend mit meinem Mann Champagner vor dem Kamin genossen hatte?
    Sie kam aber nicht mehr dazu, dumme Fragen zu stellen, weil sich nun Stimmen und Schritte näherten. Wir stellten uns zu beiden Seiten bei der weit geöffneten Salontür auf und hielten unsere Tabletts bereit.
    Als Erstes trat ein untersetzter älterer Herr mit einem roten Gesicht ein, der mich mit lüsternem Blick taxierte. Ich setzte eine eiskalte Miene auf, die garantiert jeden davon abhalten würde, mir Avancen zu machen. Plötzlich überkam mich die Ahnung, dass ich diesem Kerl schon einmal begegnet war, nur wann und wo?
    Ich konnte auch keinen Gedanken mehr daran verschwenden, weil ihm nun eine ältere aufgedunsene Matrone folgte. Seine Frau, vermutete ich.
    Bevor sich die beiden Herren, die nun den Salon betraten, ein Glas Champagner nehmen konnten, hatte sich der Kerl mit der roten Gesichtsfarbe ein zweites gegriffen.
    »Haben Sie zwischendurch mal Zeit für mich? Aber Vorsicht, meine Gattin hat Adleraugen«, flüsterte er mir ins Ohr.
    Ich kämpfte mit mir, ob ich das Tablett fallen lassen und ihm eine Ohrfeige verpassen oder mit Worten kontern sollte. Ich entschied mich für Letzteres.
    »Mein Herr«, zischte ich so leise zurück, dass nur er es verstehen konnte. »Wenn Sie es noch einmal wagen, mir zu nahe zu treten, dann trete ich sie, und zwar dorthin, wo es sehr wehtut!«
    Erschrocken wich der Mann zurück. Sein ohnehin rotes Gesicht glühte. Er funkelte mich aus seinen Schweinsäuglein wütend an.
    »Ist etwas mit dem Champagner nicht in Ordnung?«, fragte Mister Sullivan, während er sich zwischen seinen Gast und mich schob.
    »Doch, doch, alles bestens«, knurrte der Rotgesichtige, leerte sein Glas in einem Zug und holt sich ein neues Glas von Misses Leylands Tablett.
    Ich schenkte derweil den Mitarbeitern des unsympathischen Kerls Champagner ein. Der Ältere der beiden würdigte mich keines Blickes, während sich der Jüngere bei mir mit einem freundlichen Kopfnicken bedankte. »Ich habe noch nie zuvor so etwas getrunken«, flüsterte er mir verschwörerisch zu. Was

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