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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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Zeitpunkt ganz sicher, dass sich die Sache bald aufklären und man dem wahren Täter auf die Schliche kommen würde. So eilte ich also durch den Park zu unserem Haus und packte in meinem Zimmer wahllos ein paar Kleidungsstücke in einen kleinen Reisekoffer. Zurück in der Diele, blieb ich abrupt stehen. Was, wenn es sich nicht aufklärte? Was, wenn ich wirklich flüchten musste? Ich brauchte auf jeden Fall Geld, und davon hatte Pit immer reichlich in seinem Schreibtisch deponiert. Mit klopfendem Herzen betrat ich sein Arbeitszimmer und öffnete mit zitternden Fingern das Fach, in dem er die Kiste mit den Barschaften verwahrte. Zu meiner Erleichterung fand ich die Kasse gut gefüllt vor. Ich zählte das Geld nicht, sondern stopfte alles in einen Lederbeutel, den ich ebenfalls in dem Fach fand. Ich wollte schon gehen, als mir die Zeichnungen der Destille einfielen. Wenn ich schon nichts mehr für meinen Mann tun konnte, so wollte ich zumindest diese Skizzen an mich nehmen, die ihm offenbar sehr am Herzen lagen. Als mir unser Gespräch vom gestrigen Abend in den Sinn kam, wurden meine Augen feucht. Ob er eine Vorahnung hatte? Was würde ich darum geben, wenn unser letzter Liebesakt nicht ohne Folgen bliebe. Ich holte die Zeichnungen hervor und packte sie in meinen Koffer zu den Kleidungsstücken. Gerade als ich die Lade wieder schließen wollte, blieb mein Blick an einem Schriftstück hängen, auf dem ein Amtssiegel prangte. Hastig nahm ich das Dokument zur Hand und erstarrte. Danach war ich die Alleinerbin von Pits Anteil an dem Hensen-Imperium. Darin war festgelegt, dass mir nach seinem Ableben die Hälfte des Firmeneigentums zufallen sollte. Außerdem sein gesamtes Privatvermögen in voller Höhe. Hatte Christian etwa davon gewusst und deshalb den perfiden Plan geschmiedet, seinen Onkel aus dem Weg zu räumen und mich als Pits Mörderin dastehen zu lassen? Als Gattenmörderin hätte ich nämlich jedes Recht auf mein Erbe verwirkt.
    Ich wollte das Testament gerade einstecken, als mich ein Geräusch zusammenfahren und ich es vor Schreck fallen ließ. Panisch versteckte ich mich hinter der Tür, aber es blieb alles still. Schließlich setzte ich alles auf eine Karte. Ich sprang aus meinem Versteck griff nach meinem Koffer und verließ überstürzt unser Haus. Es war höchste Zeit, denn sie würden bald bei uns auftauchen. Dessen war ich sicher.
    Noch war alles ruhig an diesem Winterabend. Es war eine sternenklare Nacht, und es roch nach Schnee.
    Vor der verschlossenen Tür meines Vaterhauses zögerte ich eine Weile, bevor ich die Glocke betätigte. Es war mir gar nicht lieb, dass mich jemand sehen würde. Mir stand nicht der Sinn danach, meinem Vater zu begegnen. Seit Mutters Tod war er völlig verändert und hatte sich aus sämtlichen Geschäften zurückgezogen. Die meiste Zeit hockte er in seinem Lehnstuhl, zog an seiner Pfeife und hing seinen Gedanken an bessere Zeiten nach. Er wirkte wie ein gefällter Baum, um Jahre gealtert und krank. Ich hatte Sorge, dass ihn dieser neue Schicksalsschlag umbringen würde, wähnte er mich doch in sicheren Verhältnissen. Und nun würde ich ihm unendlich viel Kummer bereiten müssen. Und das ganz ohne mein Verschulden! Ich betete, dass Mutters Mädchen Anna die Tür öffnen würde und mich in mein Zimmer schlüpfen ließ, ohne mich zu verraten. Doch es war Lene, die abwechselnd mich und meinen Koffer anstarrte.
    »Es ist keine Lösung, in Vaters Haus Unterschlupf zu finden, weil du dich mit deinem Mann gezankt hast«, bemerkte sie schließlich spitz.
    »Lass mich rein!«, herrschte ich sie an. Lene machte mich rasend mit ihren ständigen Vorurteilen. Wenn sie nicht dieses entzückende Kind hätte, ich würde sie meiden. Ohne mich weiter um sie zu scheren, drängte ich mich an ihr vorbei ins Haus.
    »Ich gehe jetzt in mein altes Zimmer, und dort warte ich auf deinen Mann. Wenn er nach Hause kommt, schicke ihn hoch. Und bitte, verrate Vater nicht, dass ich hier bin.«
    »Aber das geht nicht. Und überhaupt, was willst du von Heinrich?«, zeterte sie.
    Ich funkelte sie wütend an. »Sagst du ihm jetzt Bescheid oder nicht?«, fauchte ich und eilte die Treppen hinauf, ohne mich noch einmal umzudrehen.
    Und da saß ich eine halbe Ewigkeit – abwechselnd vor Angst wie gelähmt und vor Wut bebend. Jedes Geräusch im Haus ließ mich zusammenfahren.
    Was haben sie nur mit Heinrich gemacht, fragte ich mich gerade zum wiederholten Mal, als es endlich klopfte. Heinrich war blass wie eine

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