Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
beiden nichts nutzen würde.
Er wollte sie wieder an sich ziehen, aber Annie hob abwehrend und warnend die Hände, und er zuckte zurück, als ob auch sie ihn geschlagen hätte.
»Um Gottes willen... Es tut mir leid, Annie, es tut mir leid.« Was hatte er getan? Wie hatte er nur die einzige Freundschaft zerstören können, die ihm etwas bedeutete? »Ich wollte das nicht. Ich habe nicht nachgedacht. Es tut mir leid.«
Elend und schuldbewußt sah er sie an. Sie erwiderte: »Gestern abend habe ich einen zweihundert Pfund schweren Mann aus meiner Bar geworfen, weil er dachte, er könne mich für ein Bier kaufen.« Sie ergriff Andrews rechten Daumen und drehte ihn um. Mit aufgerissenen Augen starrte er sie an. »Ich könnte dich auf die Knie zwingen, Junge, wenn ich deinen Daumen nur noch ein bißchen nach hinten drehen würde. Wir
sind nicht mehr siebzehn, nicht mehr so dumm wie damals und ganz gewiß nicht mehr so unschuldig. Wenn ich deine Hände nicht hätte spüren wollen, dann lägst du jetzt flach auf dem Rücken und würdest dir die Risse in meiner Zimmerdecke ansehen.«
Schweiß trat ihm auf die Stirn. »Ah, könntest du mich bitte loslassen?«
»Natürlich.« Annie ließ seinen Daumen los und zog arrogant die Augenbrauen hoch. »Möchtest du eine Cola? Du siehst ein bißchen verschwitzt aus.« Sie drehte sich um und trat an den Kühlschrank.
»Ich möchte nichts verderben«, begann er.
»Was verderben?«
»Unsere Freundschaft. Du bist mir wichtig, Annie. Du bist mir immer wichtig gewesen.«
Sie starrte blicklos in den Kühlschrank. »Du bist mir auch immer wichtig gewesen. Ich lasse es dich wissen, wenn du dabei bist, irgend etwas zu verderben.«
»Ich möchte gern mit dir reden über... früher.«
Er schwieg, während sie zwei Colaflaschen öffnete. Anmutig in ihren sparsamen Bewegungen, dachte er. Und waren ihm die winzigen goldenen Flecken in ihren Augen schon einmal aufgefallen?
»Warum?«
»Vielleicht, um endlich einmal den Dingen ins Auge zu sehen. Es ist mir erst seit kurzem klar, daß ich es immer verdrängt habe.« Er streckte seine Finger und spürte den Schmerz. »Ich bin zur Zeit nicht gerade in der besten Verfassung, aber irgendwo muß ich ja schließlich anfangen. Und irgendwann.«
Annie stellte die Flaschen auf den Tresen und zwang sich, sich umzudrehen und ihm in die Augen zu blicken. Emotionen, die sie seit Jahren zurückgehalten hatte, wühlten sie auf. »Es ist schmerzlich für mich, Andrew.«
»Du wolltest das Kind.« Das Atmen tat ihm weh. Er hatte noch nie zuvor von dem Baby gesprochen. »Ich habe es dir angesehen, als du mir sagtest, du seist schwanger. Ich war zu Tode erschrocken.«
»Ich war zu jung, um wirklich zu wissen, was ich wollte.« Sie schloß die Augen, weil es eine Lüge war. »Ja. Ja, ich wollte das Kind. Ich hatte diese idiotische Hoffnung, daß ich es dir sage und du wärst glücklich und würdest mich mitreißen. Und dann würden wir... Na ja, das habe ich mir eben vorgestellt. Aber du wolltest mich ja nicht.«
Sein Mund war staubtrocken, und seine Kehle war rauh. Er wußte, daß es nach einem Whiskey besser werden würde. Innerlich fluchend, weil er gerade jetzt daran dachte, nahm er eine der Colaflaschen und stürzte den Inhalt hinunter. »Ich habe dich gern gehabt.«
»Du hast mich nicht geliebt, Andrew. Ich war nur irgendein Mädchen, mit dem du es einen Abend lang am Strand nett hattest.«
Heftig stellte er die Flasche ab. »Das stimmt nicht. Verdammt, du weißt genau, daß es nicht so war.«
»Es war ganz genau so«, erwiderte sie gleichmütig. »Ich war in dich verliebt, Andrew, und als ich mich mit dir auf die Decke legte, wußte ich, daß du nicht in mich verliebt warst. Doch es war mir egal. Ich erwartete nichts. Andrew Jones von Jones Point und Annie McLean vom Hafen? Ich war zwar jung, aber dumm war ich nicht.«
»Ich hätte dich geheiratet.«
»Wirklich?« Ihre Stimme wurde eisig. »Dein Antrag war nicht einmal lauwarm.«
»Das weiß ich.« Und das hatte seit fünfzehn Jahren an ihm genagt. »Ich habe dir an jenem Tag nicht das gegeben, was du brauchtest. Warum, weiß ich nicht. Wenn ich es getan hätte, hättest du vielleicht eine andere Entscheidung getroffen.«
»Wenn ich dir mich und mein Leben aufgebürdet hätte, hättest du mich gehaßt. Ein Teil von dir haßte mich bereits, als du mir den Antrag gemacht hast.« Annie zuckte mit den Schultern und griff ebenfalls nach ihrer Colaflasche. »Und rückblickend kann ich dir keinen
Weitere Kostenlose Bücher