Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
zu. »Du mußt wirklich Kurse belegt haben, Des.« Er berechnete innerlich die Entfernung zwischen sich und dem verschlossenen Schrank, zu dem Desmond ständig hinübersah.
»Na ja, es ist hilfreich, wenn man einen siebzehnjährigen Sohn hat, der schon mit einem Computer im Arm zur Welt gekommen ist. Robbie war mir äußerst nützlich. Außerdem ist ihm dabei zum ersten Mal im Leben klargeworden, daß er einen Vater hat.«
»Du glaubst doch nicht wirklich, daß du mit der Geschichte durchkommen wirst?« Jonathans Hand lag auf Charlottes Arm und zog sie langsam einen Schritt zurück. »Fremdes geistiges Eigentum, also auch eine gestohlene Formel, im Internet zu verbreiten, verstößt gegen das Gesetz.«
Desmond musterte ihn mit einem vernichtenden Blick. »Hör auf, mich zu belehren. Ich weiß, was legal ist und was nicht. Ich könnte zunächst einwenden, daß ich Teilhaber des Unternehmens bin und darum nur das nehme, was mir ohnehin zusteht. Weiterhin fragt sich, ob eine geänderte Formel, die nicht mehr mit der Formel von Harmony identisch ist, überhaupt noch geistiges Eigentum der Firma ist. Übrigens eine hochinteressante Frage. Aber wir haben jetzt keine Zeit, darüber zu debattieren.« Von einem Tisch nahm er einen Stapel einzeln zusammengehefteter, blau eingebundener Urkunden. »Ich habe mir erlaubt, die Verträge bereits ausfertigen zu lassen. Du brauchst nur noch an der angekreuzten Stelle zu unterschreiben, Charlotte.«
Sie starrte die Papiere an, als ob sie eine Schlange wären. »Das kann nicht dein Ernst sein!«
»Und ob es mein Ernst ist, liebe Schwester – mein tödlicher Ernst. Unterzeichne, und du kannst mit dem Prinzen nach Hause gehen und dich darüber freuen, daß du Tausenden das Leben gerettet hast … und natürlich dein eigenes.«
»Ich wundere mich nur, daß du auf einmal so machtversessen bist. Ich hatte nie den Eindruck, daß du die Firma gerne leiten wolltest.«
»Ich glaube nicht, daß Desmond sie leiten will«, bemerkte Jonathan gelassen und schob sich ein Stückchen weiter nach vorn.
»Wie meinst du das?« fragte Charlotte.
»Nicht schlecht geraten, Prinz.« Desmond zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich sinnlos, es geheimhalten zu wollen. Wenn du es unbedingt wissen willst, liebe Schwester – ich habe vor, den Laden zu verkaufen.«
»Zu verkaufen?«
»Denkst du, ich wüßte nicht, daß dir Synatech vor acht Monaten ein Übernahmeangebot gemacht hat? Ein Angebot, möchte ich hinzufügen, das uns ein wirklich nettes, kleines, zusätzliches Taschengeld eingebracht hätte. Tja, wie schon erwähnt, habe ich mit den Leuten gesprochen …«
Plötzlich erklang im ganzen Haus das Echo des Türgongs. Der Hausboy verschwand. Sofort durchquerte Jonathan das Zimmer und stellte sich neben den verschlossenen Schrank. Gleich darauf kam der Hausboy zurück. »Mr. Barclay«, begann er, aber schon erschien hinter ihm Valerius Knight.
»O Gott«, murmelte Desmond und stellte sein Glas hin.
Knight, der einen Laptop in der Hand trug, trat auf ihn zu. »Gehört dieser Computer Ihnen, Mr. Barclay?«
»Was wollen Sie damit?«
»Würden Sie ihn bitte für uns identifizieren?«
Desmond zögerte. »Sie haben das doch offensichtlich schon überprüft.«
»Ja oder nein, bitte.«
»Natürlich gehört er mir.«
»Mr. Barclay, wir verhaften Sie wegen Verdacht auf Produktionssabotage und Verschwörung zum Fernmeldebetrug …«
»Was?«
Schon standen zwei Agenten in nassen Regenmänteln neben ihm, ergriffen seine Arme und zwangen sie in Handschellen.
»Außerdem«, fuhr Knight fort, »wegen Verdacht auf Industriespionage, Betrug und Diebstahl von geistigem Eigentum.«
»Moment mal! Zeigen Sie mir erst Ihre Beweise.«
»Die Beweise sind hier, Mr. Barclay.« Knight hielt den Laptop hoch.
Desmond lächelte. »Rufen Sie mir eine einzige Datei auf.«
»Ich kann Ihnen achtunddreißig Dateien aufrufen.« Knight zog eine Diskette heraus. »Natürlich waren sie aus dem Verzeichnis gelöscht, aber wir haben sie trotzdem gefunden. Sie waren noch auf der Festplatte.«
»Anscheinend hat dir Robbie doch nicht genug beigebracht«, spottete Johnny und betastete die Schranktüren.
»Nehmen Sie ruhig den Laptop«, meinte Desmond kopfschüttelnd. »Es ist mir egal. Sie haben keinerlei Beweise. Mit den Morden können Sie mich nicht in Verbindung bringen.«
»Mr. Barclay«, sagte Knight mit so tönender Stimme, als spreche er vor einer Kamera, »waren Sie am Neunten dieses Monats in der Stadt
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