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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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eintreten.
    Marjories Finger glitten über die verschiedenen Spalten in der Zeitung, die vor ihr lag. »Ich habe einmal nachgeschaut, was sie noch anbieten für den Einunddreißigsten. Es gibt hier ein Hotel in der Nähe, das Whitestone House. Dort veranstalten sie ein Buffet und eine Bühnenshow. Es gibt noch Karten zu kaufen.«
    Laura kannte das Whitestone House vom Vorbeifahren. Ein häßlicher, brauner Kasten, dem der Name »Whitestone« aus unerfindlichen Gründen verliehen worden war. Im Inneren mochte es allerdings ganz passabel ausschauen.
    »Soll ich dort anrufen?« fragte Marjorie.
    Das Gefühl der Kraftlosigkeit hatte sich noch immer nicht aufgelöst. Im Augenblick gelang es ihr nicht, über Marjories Vorschlag nachzudenken.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie hilflos.

    Ralph kam aus dem Keller herauf, mit schmutzigen Händen und ungekämmten Haaren. Er trug seinen dunkelblauen Rollkragenpullover, der zu Beginn der Reise sehr elegant ausgesehen hatte, nun aber, nach tagelangem Schneeschaufeln und Holzhacken, ziemlich dreckig und verfilzt wirkte. Immerhin aber hatte sich Ralph an diesem Morgen wieder rasiert und sah gepflegter aus als mit den grauen Stoppeln.
    »Die Heizung läuft wieder«, sagte er, »ich habe schon überall die Thermostate an den Heizkörpern aufgedreht. Natürlich wird es eine ganze Weile dauern, bis es sich erwärmt, so ausgekühlt wie das Haus ist, aber im Laufe des Tages wird es sicher ganz behaglich werden. Und wenn ich wiederkomme...«
    »Du willst wirklich losziehen?« fragte Barbara.
    Sie standen im Flur, und Barbara verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen, weil sie das Gefühl hatte, ihre Zehen würden langsam zu Eis.
    »Wir haben gar keine andere Wahl«, antwortete Ralph. »Im ganzen Haus gibt es nichts mehr zu essen. Es wird langsam ein bißchen kritisch. Wie lange sollen wir noch hungern?«
    »Ich habe nur Angst, daß du dich verirrst.«
    » Mach dir keine Sorgen. Ich werde schon auf menschliche Behausungen stoßen, wo ich notfalls nach dem Weg fragen kann.«
    »Einen Weg gibt es überhaupt nicht mehr.«
    »Aber eine Richtung.« Er machte eine Kopfbewegung zum Telefon hin. »Wer war das gerade?«
    »Laura Selley. Stell dir vor, ich habe über sie...«
    Barbara verschluckte den Rest des Satzes. Ausgerechnet Ralph mit all seinen Vorbehalten brauchte nicht zu wissen, daß sie Laura in Frances’ Schilderungen wiedergefunden hatte.
    »Stell dir vor, sie macht sich jetzt schon Gedanken über ihre Rückreise am vierten Januar«, wandelte sie den angefangenen Satz rasch um. »Die Frau ist das reinste Nervenbündel. Sie scheint wirklich zu glauben, wir wirtschaften das Haus hier völlig herunter in den paar Tagen.«
    »Das Haus ist alles, was sie hat«, sagte Ralph. Er schaute auf seine Armbanduhr. » Komm, zieh dir etwas an, und wir trinken noch einen Kaffee zusammen. Dann mache ich mich auf den Weg.«
    Nach dem Frühstück — das aus Kaffee und einer letzten Käseecke für jeden bestand — begleitete Barbara Ralph zum Schuppen hinüber, wo er die Ski deponiert hatte. Es war acht Uhr, fahles Tageslicht kroch über den schneebedeckten östlichen Horizont herauf. Ein scharfer, kalter Wind fegte von den Hügeln. Tief hingen die Wolken am Himmel, der nicht mehr klar und blau war wie während der letzten beiden Tage, sondern düster und unheilschwanger schien.
    Barbara spähte besorgt hinauf. »Weißt du, ich will ja nicht unken — aber irgendwie sieht es wieder nach Schnee aus, findest du nicht? «
    Ralph nickte. »Könnte sein. Aber vielleicht vertreibt der Wind die Wolken auch wieder. Auf jeden Fall sollte ich schnell aufbrechen, um so rascher bin ich wieder zurück.«
    Sie hielt seinen Arm fest. »Vielleicht solltest du hierbleiben. Mir scheint es zu riskant. Stell dir vor, es geht wieder so los wie am Anfang. Dann kann es ziemlich unangenehm werden für dich.«
    »Wir brauchen etwas zu essen, Barbara. Und zwar bevor wir hier möglicherweise erneut einschneien.« Er lächelte beruhigend. »Mach dir keine Sorgen. Du weißt ja, ich bin ein ganz guter Skiläufer.«
    Sie brachten die Skier zur Haustür, vor der sich der Schnee fast einen Meter hoch auftürmte. Mühsam befestigte Ralph seine Winterstiefel an der Skibindung; er hoffte, daß sie hielten. Die im Haus befindlichen Skistiefel waren ihm zu klein, er konnte sie nicht benutzen.
    »Ich mache drei Kreuze, wenn du wieder zurück bist!« sagte Barbara.
    Ihr wurde jetzt immer ängstlicher zumute. Sein Plan hatte sie von

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