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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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vorbeigegangen?« fragte Charles erstaunt.
    » John hat Frances einen Heiratsantrag gemacht, und sie hat nein gesagt«, wiederholte Maureen.
    » Ich habe gesagt, ich könne ihn jetzt nicht heiraten. Nicht sofort.«
    »Sofort könntest du ihn schon wegen der Trauerzeit für Arthur Leigh nicht heiraten. Du hättest durchaus Gelegenheit, dich an den Gedanken zu gewöhnen.«
    »Ich will nach London«, beharrte Frances, »und ich will mich im Augenblick auf nichts anderes festlegen.«
    Maureen blickte sehr sorgenvoll drein. »Ein Mann wie John Leigh wartet nicht ewig auf dich. Wenn du zu lange zögerst, schnappt ihn dir eine andere weg.«
    » Nun gibt es natürlich auch noch andere Männer auf der Welt als John Leigh«, mischte sich Charles ein, »Frances wird noch viele Heiratsanträge bekommen.«
    »Aber sie liebt John. Sie ziert sich jetzt, aber wenn es dann zu spät ist, werden wir ein Drama erleben«, behauptete Maureen.
    »Mutter, ich weiß nicht, ob ich John liebe. Ich weiß nicht, ob ich ihn heiraten will. Ich fühle mich verwirrt und durcheinander und habe keine Ahnung, was ich aus meinem Leben machen möchte. Ich brauche Abstand. Ich muß einfach einmal etwas anderes sehen. Ich will nach London«, wiederholte sie.
    »Du bist wirklich schwer zu verstehen«, klagte Maureen, »die ganze Zeit hast du gejammert, weil du in Richmond sein mußtest und es vor Heimweh nach Westhill nicht aushalten konntest. Nun bist du hier, da willst du wieder weg!«
    »Das ist etwas anderes.«
    »Ich weiß auch nicht, ob Tante Margaret geeignet ist. Sie hatte nie Kinder und ist ziemlich weltfremd. Wer weiß, ob sie auf ein junges Mädchen aufpassen kann!«
    »Margaret wird sicher nicht leichtfertig sein«, meinte Charles.
    Maureen trat ans Fenster und blickte hinaus. Der Tag hatte sonnig begonnen; nun, am Abend, zogen dunkle Wolken von Westen her auf, und aus der Ferne klang leises Donnergrollen. Die Vögel schrien aufgeregt. Die Luft roch bereits nach Regen und war erfüllt von einem schweren, süßen Blütenduft.
    »Endlich«, sagte Charles, »die Trockenheit hat schon zu lange angedauert.«
    Maureen wandte sich zu ihnen um. In ihren Augen las Frances, daß sie keinen Widerstand mehr leisten würde. So war es immer gewesen. Letzten Endes hatte Maureen ihren Kindern nie etwas verbieten können.
    »Vater?« fragte Frances.
    Charles hatte die stumme Einwilligung seiner Frau ebenfalls zur Kenntnis genommen. Seinen Kindern gegenüber konnte er standhaft sein, aber es fiel ihm schwer, eine andere Position einzunehmen als Maureen. Resigniert hob er die Schultern.
    »Wenn du gehen mußt, dann geh«, sagte er.

    Im Zimmer der Großmutter roch es stets nach Lavendelöl. Kate benutzte es, solange sie denken konnte. Sogar in den schlimmsten und hungrigsten Dubliner Zeiten hatte sie es geschafft, sich einmal im Jahr ein Fläschchen zu kaufen und täglich einen kleinen Tropfen des Öls hinter ihre Ohren zu tupfen. Niemand konnte sich eine Kate vorstellen, die nicht von einem zarten Lavendelgeruch umgeben war.
    Als Frances an diesem Abend in das Zimmer mit den geblümten Tapeten und den im selben Muster gewählten Vorhängen trat, empfand sie den vertrauten Geruch als ungemein tröstlich. Sie hatte einen Entschluß gefaßt, und sie würde ihn umsetzen; aber seitdem ihre Eltern nachgegeben hatten, spürte sie einen Kloß im Hals. Solange die Einwilligung der Eltern ausstand, war alles so weit weg gewesen. Nun rückte der Abschied in greifbare Nähe. Während des Abendessens war sie schweigsam gewesen und hatte nur mit halbem Ohr auf das muntere Geplauder Victorias gehört, die von irgendeiner lustigen Begebenheit in der Schule berichtete.
    Maureen hatte in ihrem Essen herumgestochert und plötzlich gesagt: »Nun haben wir seit über zwei Wochen nichts von George gehört. Und jetzt geht auch Frances fort. Bald werde ich überhaupt nicht mehr wissen, wo meine Kinder sind und was sie machen.«
    Charles’ Gesicht verdüsterte sich bei der Erwähnung von Georges Namen.
    »George wird Vernunft annehmen und sich bei uns melden«, brummte er, »und wo Frances hingeht, weißt du ja. Bei Margaret ist sie gut aufgehoben.«
    »Wenn wir nur ein Telefon hätten! Dann ...«
    »Ich werde dir ein Telefon kaufen«, sagte Charles genervt, »denn sonst wirst du mich verrückt machen während der nächsten Wochen. Ich kaufe eines, und du kannst zehnmal am Tag bei Margaret anrufen und fragen, ob Frances noch am Leben ist.«
    Kate saß in ihrem Schaukelstuhl am Fenster,

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