Das Haus der Tänzerin
Feldbetten gestolpert war. Sie wollte jetzt einen starken Drink und sich mit Tom in Madrid erholen. Sie sehnte sich nach einem heißen Bad, nach ihrem Bett. Morgens beim Aufwachen fühlte sie sich wie eine Prinzessin, umgeben von Luxus in dem verlassenen Haus des Nationalisten, wo die kanadische Bluttransfusionseinheit ihr Hauptquartier eingerichtet hatte. Sie fand es erstaunlich, wie kontrastreich ihr Leben war, wie vielfältig ihre Tage verliefen und dass sie inmitten all der Gräuel noch Glück gefunden hatte. Sie hatte Tom gefunden. Sie stützte sich auf ihren Schrubber und hob die Dose Olivenöl hoch. Der Docht zischte, als sie den fensterlosen Raum mit der niedrigen Decke begutachtete. Einen besseren Krankensaal würden sie nicht zustande bringen.
»Gut gemacht, Mädchen«, sagte sie. »Jetzt seid ihr zumindest gewappnet für den Morgen.«
»Hier also!«, sagte eine Männerstimme. Der neugierige Blick von einer der anderen Schwestern entging ihr nicht. »Dieses Zimmer ist fertig, Dr. Henderson.«
»Gut. Sie hätten hier nicht mithelfen müssen, Schwester Temple. Sie arbeiten bei der Transfusionseinheit schwer genug.«
»Das wollte ich so«, sagte sie, die Hand in die Hüfte gestützt.
»Nun gut. Können wir dann zurück nach Madrid?«, fragte er und blickte von den Unterlagen auf, die er gelesen hatte. Er wartete, bis die spanischen Schwestern gegangen waren, und warf das Klemmbrett auf das Bett. Er nahm Freya in die Arme, zog sie mit sanftem Druck zu sich und küsste sie. »Hier hast du dich also versteckt. Du hast mir gefehlt.« Er küsste ihren Hals. Beide kippten gegen die Wand, Freyas Finger in seinem dicken, dunklen Haar verfangen. »Gott, ich habe noch nie in meinem Leben jemanden so begehrt wie dich.«
»Tom.« Sie flüsterte seinen Namen, die Lippen an seinem Ohr. Ihr drehte sich der Kopf vor Müdigkeit und Verlangen. Als Schritte im Gang erklangen, erstarrten beide und lösten sich voneinander. Freya wartete und beobachtete den zerstörten Eingang. Ihre Brust hob und senkte sich, sie atmete schnell.
»Komm.« Tom führte sie nach draußen, nachdem die Sanitäter mit einer schwankenden Bahre vorbeigegangen waren. »Wir haben noch ein bisschen Zeit, bis der Rettungswagen losfährt.«
Sie entfernten sich von dem Bauernhaus und gingen auf einem Maultierpfad quer über die Felder. Die Sonne stand tief am Himmel. Freya hatte das Gefühl, sie würde das Land durch Bernstein hindurch betrachten, sie waren umgeben von klarem, goldenem Licht. Kaum außer Sichtweite, nahm Tom ihre Hand.
Freya band sich ihren roten Schal auf und schüttelte ihre blonden Haare aus. Ihr ganzer Körper schmerzte vor Erschöpfung, doch während sie nebeneinander hergingen, spürte sie Verlangen in sich aufsteigen. Der warme Wind trug Toms Duft mit sich, eine Mischung aus Baumwolle, frischem Schweiß, Eau de Toilette. Hitze stieg ihr in die Wangen. In der Ferne hörten sie die Schüsse an der Frontlinie. Freya lehnte sich an ihn, ihre Schultern berührten sich.
»In Augenblicken wie diesen kann ich es gar nicht glauben, dass wir im Krieg sind«, sagte sie.
Tom legte ihr den Arm um die Schultern, und sie umschlang seine Taille, spürte, wie seine sehnigen, harten Rückenmuskeln arbeiteten, während sie sich vom Feldlazarett, vom Krieg entfernten. Er drückte ihr einen Kuss auf den Kopf. »Hier ist es schön. Im Sommer blühen hier bestimmt Mohnblumen.« Die Hügel um sie herum waren rosa gefärbt, die Erde war lachsrot, bernstein- oder pfirsichfarben, gesprenkelt mit salbeigrünen und silbernen Bäumen, mit weißem Puder bestäubt wie die Wange einer Kurtisane. »Wir könnten ein ganz normales junges Paar sein, das draußen den Sonnenuntergang und das Zusammensein genießt …« Er hörte abrupt auf zu sprechen, als die Kugel eines Heckenschützen an ihnen vorbeizischte und in einen Baum eindrang. »Herrgott! Runter!« Tom zog Freya zu Boden und schirmte sie in dem hohen Gras mit seinem Körper ab.
»Was war das?« Freya schreckte zurück, als sich eine zweite Kugel in den Baum vor ihnen bohrte und die Rinde absplitterte.
»Offenbar sind wir zu nahe an die Front geraten.« Tom rollte auf die Seite und sah sich um. Er zeigte auf ein kleines Gehölz, an dem sie vorbeigekommen waren, nicht weit den Hügel hinunter, und auf eine eingestürzte Steinmauer. »Du zuerst, bleib flach auf dem Bauch und beweg dich zu der Mauer dort. Der Kerl ist weit weg, aber wir sollten nichts riskieren.«
»Ich habe Angst, Tom.«
»Ich bin
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