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Das Haus der verschwundenen Jahre

Das Haus der verschwundenen Jahre

Titel: Das Haus der verschwundenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Sausewind zu ihren Füßen. Sie machte eine Pause, bückte sich und nahm das Tier in ihre Arme.
    »Wo haben Sie ihn gehört?«
    »Ganz oben im Haus, auf dem Speicher. Und er hat zu mir gesagt: Wenn du hier bleibst, für immer und ewig, wirst du nie sterben. Du wirst zwar altern, aber du wirst bis ans Ende der Zeit leben und nie mehr weinen. «
    »Und das hatten Sie sich gewünscht?«
    »Es war töricht, aber trotzdem, genauso war’s. Weißt du, ich hatte Angst. Angst davor, daß man mich wie meine Katze in die Erde legen würde.« Und wieder kam ein neuer Tränen-schwall und lief ihre blassen Wangen hinunter. »Ich bin vor dem Tod davongelaufen –«
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    »Geradewegs in sein Haus«, ergänzte Harvey.
    »Ach nein, mein Kind«, sagte Mrs. Griffin. »Hood ist nicht der Tod.« Sie wischte sich die Tränen ab, um Harvey besser sehen zu können. »Der Tod ist eine natürliche Sache, Hood nicht. Heute würde ich den Tod wie einen Freund begrüßen, den ich von meiner Tür verjagt habe. Ich habe schon viel zuviel gesehen, mein Schatz, zu viele Jahreszeiten, zu viele Kinder …«
    »Warum haben Sie nicht versucht, ihn aufzuhalten?«
    »Gegen ihn bin ich machtlos. Meine einzige Möglichkeit war, den Kindern, die hierher kamen, so viel Glück zu schenken, wie ich vermochte.«
    »Und wie alt sind Sie nun wirklich?«
    »Wer weiß?« antwortete sie und kuschelte ihre Wange an Sausewinds Fell. »Innerhalb weniger Tage war ich erwachsen und alt geworden, aber ab dann hatte der Lauf der Zeit keine Macht mehr über mich. Manchmal wollte ich eines der Kinder fragen: Welches Jahr schreibt man denn draußen in der Welt?«
    »Ich kann es Ihnen verraten.«
    »Tu’s nicht«, sagte sie und legte einen Finger auf ihre Lippen.
    »Ich möchte gar nicht wissen, wie die Jahre verflogen sind. Es würde viel zu weh tun.«
    »Was möchten Sie denn?«
    »Sterben«, sagte sie mit einem schmalen Lächeln, »aus dieser Haut schlüpfen und zu den Sternen reisen.«
    »Geschieht das tatsächlich?«
    »Wenigstens glaube ich es«, sagte sie. »Aber Hood wird mich nicht sterben lassen. Nie und nimmer. Das wird seine Rache an mir sein, weil ich dir zur Flucht verholfen habe. Blaufellchen hat er bereits umgebracht, weil er dir den Ausgang gezeigt hat.«
    »Hood wird Sie gehen lassen müssen«, sagte Harvey, »das verspreche ich. Ich werde ihn dazu zwingen.«
    Sie schüttelte den Kopf und meinte: »Du bist so tapfer, mein 160

    Schatz, aber er wird keinen von uns gehen lassen. In ihm herrscht totale Leere, die er mit Seelen zu füllen sucht, aber es ist wie ein Krater, ein endloser Krater.«
    »Und ihr beide seid auf dem besten Weg dorthin«, sagte eine ölige Stimme. Es war Marr. Sie quoll die Treppe herunter und rief Harvey zu: »Wir haben dich schon überall gesucht, Kind.
    Du solltest besser mit mir kommen.«
    Sie streckte ihre Arme in Harveys Richtung aus, der sich noch sehr gut daran erinnern konnte, wie es war, wenn sie jemanden verwandelte. »Komm! Komm!« sagte sie. »Vielleicht kann ich dir ja noch Schwierigkeiten ersparen, wenn du dich von mir in ein unscheinbares Wesen verwandeln läßt. Er mag unscheinbare Dinge, unser Mr. Hood. Flöhe, Würmer, räudige Hunde.
    Komm her, Kind! Schnell!«
    Harvey schaute sich im Keller um, aber es gab keinen anderen Ausgang. Wenn er Mrs. Griffin in die Sonne hinausbringen wollte, mußte er über die Treppe. Aber dort versperrte Marr ihnen den Weg.
    Er machte einen Schritt auf sie zu. Sie lächelte zahnlos und rief:
    »Gut, mein Kind, gut.«
    »Tu’s nicht«, warnte Mrs. Griffin, »sie wird dir weh tun.«
    »Schsch, Weib!« zischte Marr. »Das nächste Mal werden wir den Deckel zunageln müssen!« Dann flutschten ihre fetten Augen wieder in Harveys Richtung. »Er weiß, was gut für ihn ist. Stimmt’s, Junge?«
    Harvey gab keine Antwort, sondern ging einfach weiter auf Marr zu. Wie Schneckenhörner schienen ihre Finger tastend ihm entgegen zu wachsen, um sich an seinem Gesicht festzu-saugen.
    »Du warst doch immer so ein braver Junge«, fuhr Marr fort.
    »Vielleicht werde ich dich ja auch nicht in einen Wurm verwandeln. Was möchtest du denn sein? Sag’s mir. Sag mir, was in deinem Herzen …«
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    »Zerbrich dir nicht den Kopf über mein Herz«, sagte Harvey und streckte die Hände nach Marr aus. »Wie steht’s denn mit deinem ?«
    Marr schaute plötzlich verblüfft drein. »Meines?« fragte sie.
    »Ja«, sagte Harvey. »Was möchtest denn du in deinen Träumen sein?«
    »Ich träume nie«, sagte sie

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