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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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ist es denn?»
    Die Pensionswirtin lächelte erleichtert. «Sein Name ist Elmar Schnitzler. Er sagte, Sie wären alte Bekannte aus Köln.»
    «Herr Schnitzler?» Pauline fragte sich, warum sie nicht überraschter war. «Aber ja, ich kenne ihn. Sagen Sie ihm bitte, dass ich gleich unten bin.»
    «Natürlich.» Mit einem Nicken zog sich die Wirtin zurück.
    Pauline schloss die Tür und blickte prüfend an sich herab. Sie trug ein schmales, blaues Kleid mit bestickten Ärmeln und einem nicht zu tiefen Ausschnitt. Obgleich daran nichts auszusetzen war, schlang sie rasch noch den blauen Wollschal um die Schultern. Damit fühlte sie sich sicherer. Ein Blick in den kleinen Spiegel an der Wand sagte ihr, dass sie ordentlich frisiert war. Sie hatte ihre Haare zu einem einfachen Knoten geschlungen und auf Schläfenlöckchen völlig verzichtet. Das wirkte zwar etwas strenger, war aber für den Besucher, der sie unten erwartete, angebracht. Was Elmar Schnitzler wohl von ihr wollte?
    Der Bankierssohn erwartete Pauline in dem kleinen Empfangssalon der Pension. Als sie eintrat, erhob er sich rasch von seinem Stuhl und trat ihr lächelnd entgegen. «Fräulein Schmitz, wie schön, dass Sie sich Zeit für mich nehmen!» Er verbeugte sich artig.
    Pauline nickte ihm freundlich zu. «Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs, Herr Schnitzler?»
    Elmar trat noch einen Schritt näher. «Ich komme im Auftrag meiner lieben Gattin. Christine erzählte mir, dass sie Sie gebeten hat, heute Abend auf der Soiree im Hotel anwesend zu sein. Leider kann sie selbst nicht daran teilnehmen. Sie hat sich heute Morgen bei einem Spaziergang den Knöchel verletzt und muss ruhen.»
    «Oh, das tut mir aber leid!», rief Pauline mit ehrlicher Anteilnahme. «Ich hoffe, sie hat sich nicht schwer verletzt?»
    «Nein, keine Sorge, nur ein wenig den Fuß verstaucht», beruhigte er sie. «Sie ist auf einer vereisten Wasserlache ausgerutscht und umgeknickt.»
    «Richten Sie ihr bitte meine besten Wünsche für eine schnelle Genesung aus», bat Pauline.
    Elmar nickte. «Das werde ich gerne tun. Nun ist es so, dass Christine Sie dennoch gerne treffen würde, deshalb lässt sie fragen, ob Sie sie morgen im Laufe des Vormittags besuchen würden.»
    Pauline nickte spontan. «Natürlich, gerne.»
    «Ich hoffe doch, dass Sie heute Abend trotzdem zur Soiree kommen», fuhr Schnitzler leutselig fort. «Es wird ganz sicher ein netter Abend. Christine hat darauf bestanden, dass ich hingehe und mich amüsiere. Sie meinte, es wäre mir bestimmt zu langweilig, den ganzen Abend neben ihr auf dem Kanapee auszuharren.»
    «Nun …» Pauline hob zögernd die Schultern. «Sicher werde ich dort sein. Ich hoffe, ein paar alte Bekannte und Freunde meines verstorbenen Onkels zu treffen.»
    «Sehr schön!» Elmar strahlte sie an. «Dann sehen wir uns also heute Abend. Bis dahin wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Nachmittag.» Er verbeugte sich erneut und verließ dann rasch den Salon.
    Pauline blieb mit gemischten Gefühlen zurück.
    ***
    Die Freude über Paulines Anwesenheit bei der Soiree war groß. Überall wurde sie herzlich, hier und da sogar mit einer Umarmung, begrüßt. Wieder und wieder musste sie erzählen, wie es ihr im letzten Jahr ergangen war. Sie hatte sich am Nachmittag eine plausibel klingende Version der Ereignisse zurechtgelegt, die überall akzeptiert wurde. Demnach hatten sie familiäre Veränderungen in dem Haus, in dem sie angestellt war, gezwungen, sich eine neue Stellung zu suchen. Niemand hinterfragte dies – und gelogen war es letztlich auch nicht.
    Pauline war über zwei Stunden derart in Gespräche vertieft, dass sie Elmar Schnitzler vollkommen vergaß. Erst als sie sich mit einigen anderen Leuten zum Buffet begab, sah sie ihn am anderen Ende des Raumes mit einer Gruppe Männer stehen und plaudern. Rasch wandte sie ihm den Rücken zu und hoffte, er würde nicht auf sie aufmerksam werden. Sie legte keinen Wert auf seine Gesellschaft, schon gar nicht, wenn seine Frau nicht anwesend war.
    Nach dem Essen beschloss Pauline, nur noch eine kurze Runde durch den Saal zu machen, um sich bei ihren Freunden zu verabschieden. Danach ließ sie sich ihren Mantel bringen und fragte nach einem Bediensteten, der sie zur Pension begleiten konnte.
    «Aber nicht doch», mischte sich in diesem Moment Elmar Schnitzler ein. Er wandte sich an den Hoteldiener, der Pauline in den Mantel half. «Machen Sie sich keine Umstände. Ich werde das gnädige Fräulein nach Hause

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