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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Frau Reuther. Also können Sie ruhig mit anhören, was ich Julius zu sagen habe.» Sie wandte sich ihm zu, und ihre Miene wechselte unversehens von freundlich zu wütend. «Was denken Sie sich eigentlich?», fuhr sie ihn so heftig an, dass er überrascht einen Schritt rückwärts machte. «Wie können Sie es wagen, mir einen Antrag zu machen – falls man das überhaupt so nennen kann –, wenn Sie ganz genau wissen, dass Sie eine andere Frau lieben? Noch dazu meine Freundin Pauline! Wenn sie mir nicht etliche Male gesagt hätte, dass Sie ein Mann von Ehre sind, würde ich Sie für einen charakterlosen Schurken halten, Julius! Und wie in aller Welt kommen Sie darauf, dass ich auch nur eine Minute in Erwägung ziehen könnte, diesen Antrag anzunehmen, wenn ich damit das Glück meiner Freundin – und das meines Ehemannes in spe – zerstören müsste? Wofür halten Sie mich eigentlich?»
    Sie stemmte die Hände in die Hüften. «Pauline ist ein ganz wunderbarer Mensch mit hohen Ansprüchen an sich selbst. Wenn sie Sie genug liebt, um sogar ihre Tugend über Bord zu werfen und …» Sie errötete bis an die Haarwurzeln. «Um Himmels willen, warum haben Sie sie nicht längst geheiratet?»
    Julius atmete innerlich auf. Er bedeutete Frieda, sich zu setzen. «Weil ich befürchtete, dass sie das nicht tun wird», erklärte er.
    «Warum in aller Welt sollte Pauline Sie ablehnen, wenn doch alles darauf hinweist, dass sie Sie liebt?» Frieda ließ sich verblüfft auf der Kante eines Sessels nieder. «Das ergibt doch keinen Sinn!»
    Julius warf seiner Mutter einen kurzen Blick zu, dann setzte er sich Frieda gegenüber. «Das tut es sehr wohl, sobald Sie alle Details dieser Angelegenheit kennen. Aber ich bitte Sie erneut eindringlich, absolutes Stillschweigen darüber zu bewahren. Ich will nicht, dass Paulines Ruf in irgendeiner Form beschädigt wird.»
    «Nun reden Sie schon, Julius!», rief Frieda aufgebracht. «Ich will endlich wissen, was hier vorgeht.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 27
    Mit großer Betroffenheit hatte Frieda Julius gelauscht, der ihr – ohne zu sehr ins Detail zu gehen – von Paulines Vergangenheit und seinem Plan erzählt hatte, sie zunächst als Gouvernante bei sich aufzunehmen, um ihr Zeit zu geben, das Erlebte zu verarbeiten.
    «Ich bin erschüttert», sagte sie, als Julius geendet hatte, und tupfte sich mit einem Tüchlein über die Augen. «Erschüttert, wie wenig ich von meiner lieben Freundin weiß. Ich kenne sie zwar noch nicht lange, aber ich dachte, wir wären immer ganz offen miteinander gewesen. Selbstverständlich hat sie diese furchtbaren Dinge vor mir verschwiegen. Wie muss sie sich geschämt haben! Ich wünschte, ich könnte irgendetwas …»
    Sie blieb stehen und sah Julius an. «Was haben Sie jetzt vor? Ich meine, ohne das Geld meines Vaters dürfte es für Ihre Firma schlecht aussehen, oder nicht? Ich verstehe nicht viel davon … oh, ich weiß so erschreckend wenig von der Welt! Aber eines ist sicher: Auf gar keinen Fall werde ich Sie heiraten. Und Sie werden natürlich das einzig Richtige tun und Pauline beistehen, ob sie nun will oder nicht. Ich frage mich nur, wie es weitergehen soll! Wenn Sie die Fabrik verlieren würden …»
    «Ich danke Ihnen für Ihre Besorgnis», unterbrach Julius sie. «Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Ich habe die Firma mit meinem Vater gemeinsam aufgebaut. Sollte ich sie verlieren, muss ich es einfach noch einmal versuchen. In einem anderen Punkt sehe ich ein viel größeres Problem.»
    «Und was wäre das?»
    «Ich habe Pauline versprochen, ihre Wünsche zu respektieren. Und sie hat von mir verlangt, keinerlei Kontakt mehr zu ihr aufzunehmen.»
    «Damit will sie sich schützen.» Noch einmal tupfte Frieda sich über die Augenwinkel. «Sie muss Sie wirklich sehr lieben, Julius.»
    Er hob resignierend die Schultern. «Eine Lösung für dieses Problem ist mir noch nicht eingefallen, und ich werde vorerst auch keine suchen können, denn zunächst muss ich herausfinden, wer für meine Misere verantwortlich ist.»
    «Verantwortlich?», fragte Frieda erstaunt. «Was meinen Sie damit? Glauben Sie, jemand hat Ihnen absichtlich diese ganzen Schwierigkeiten bereitet? Wie sollte das wohl möglich sein?»
    «Das versuche ich herauszufinden», erklärte Julius. «Fest steht, dass alles mit den Grenzschwierigkeiten in Nippes angefangen hat. Und dann hat jemand Gerüchte über meine angebliche Zahlungsunfähigkeit gestreut und begonnen, mich aus

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