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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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passenden Worten. «Eine zukünftige Hausherrin muss viele Dinge lernen. Nicht nur in der Handarbeit muss sie einiges Können aufweisen, sondern auch in der Haushaltsführung, also dem Einkaufen, dem Berechnen von Mengen an Lebensmitteln, der Führung von Personal … Und hier ganz besonders in der Anleitung der Dienstmädchen.»
    Julius nickte. «Ich dachte, genau dazu habe ich Sie eingestellt, Fräulein Schmitz. Bringen Sie ihr nur alles Nötige bei.»
    «Das werde ich gerne tun.»
    Julius hob den Kopf. Ihm schien aufzugehen, dass das nicht alles war, dass sie im Begriff war, in sein Dasein als Hausherr einzugreifen. Seine Augenbrauen wanderten nach oben; seine Lippen kräuselten sich misstrauisch. «Höre ich da ein Aber, Fräulein Schmitz?»
    Sie wappnete sich innerlich und antwortete: «Nein, Herr Reuther, kein Aber. Es ist nur so – ich bin der Meinung, dass man am besten durch Anschauung lernt. Stimmen Sie mir da nicht zu?»
    «Durch Anschauung? Gewiss, dadurch lernt es sich ausgezeichnet. Aber ich ging auch nicht davon aus, dass Sie Ricarda aus einem Buch über Haushaltsführung hatten vorlesen wollen.»
    «Nein, natürlich nicht. Sehen Sie, bald ist Weihnachten, und zu diesem Anlass erwarten Sie gewiss Besuch, nicht wahr? Falls nicht, sollte das Haus dennoch sauber sein und hübsch hergerichtet werden.»
    «Hübsch hergerichtet?»
    «Kerzen, Girlanden aus Tannengrün …» Pauline machte eine kurze Pause und versuchte zu ergründen, was in Julius vorging. Doch seine Miene blieb neutral. Also sprach sie weiter: «Wie gesagt, bevor das Haus geschmückt werden kann, sollte es von Grund auf gereinigt werden. Wenn Ricarda lernen soll, was in einem solchen Falle alles zu tun ist und wie man die Dienstboten richtig anleitet, wäre es vorteilhaft, wenn sie mir bei der Durchführung und Beaufsichtigung hier im Hause zur Hand gehen würde.»
    «Und weiter?» Nun klang Julius ausgesprochen argwöhnisch.
    «Natürlich muss sie lernen, dass ein Haus nur dann perfekt hergerichtet ist, wenn wirklich alle Räume sorgfältig gereinigt wurden.» Sie ließ die Worte wirken.
    Julius runzelte die Stirn, dann schien ihm der Sinn ihrer Worte aufzugehen. Energisch schüttelte er den Kopf. «Auf gar keinen Fall. Sie bleiben mit Ihren Staubwedeln meiner Bibliothek und meinem Arbeitszimmer fern.»
    Ohne darauf einzugehen, stand Pauline auf und trat an eines der Bücherregale. Sie überflog die Titel auf den Buchrücken und zog schließlich einen Gedichtband aus einem Regalfach, das sie gerade so erreichte, wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte. «Sie haben eine phantastische Bibliothek», sagte sie und betrachtete das Buch. Sie blies den Staub, der sich darauf abgesetzt hatte, fort. «Es wäre mir eine Freude, aus diesem Fundus schöpfen zu dürfen, um den Kindern weitere Bildung zu vermitteln.»
    Julius runzelte die Stirn.
    Sie stellte das Buch zurück ins Regal, ging ein paar Schritte weiter, zog ein zweites Buch hervor. Auch dieses befreite sie zunächst vom Staub, bevor sie es aufschlug. Ein feines Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. «Shakespeares Sonette», murmelte sie entzückt und wandte sich Julius zu. «Dürfte ich dieses Buch wohl ausleihen?»
    «Sicher, warum nicht?»
    «Vielen Dank, gnädiger Herr.» Pauline ging zu dem Schreibpult und legte das Buch dort ab. Wie zufällig strich sie mit dem Finger über die Tischplatte und hinterließ eine deutlich sichtbare Spur. Kurz betrachtete sie den Staub auf ihrer Fingerspitze, bevor sie ihn an ihrem Kleid abwischte und mit gleichmütiger Miene zu ihrem Sessel zurückkehrte. «Sie besitzen nicht zufällig einen guten Atlas? Ich möchte für Peter und Ricarda ein paar Lektionen in Geographie abhalten.»
    Julius Reuthers Miene war immer düsterer geworden. «Also gut, Sie haben gewonnen.»
    «Wie meinen?»
    «Machen Sie hier in der Bibliothek sauber. Aber halten Sie sich von meinem Arbeitszimmer fern.»
    «Nur ein wenig den Boden wischen und die Lampenschirme abstauben.» Abwartend sah sie ihn an. «Es wäre sehr lehrreich für das Kind.»
    Reuther stand abrupt auf und ging mehrmals vor dem Kanapee auf und ab. Dann trat er an eines der Regale und zog einen großen, schweren Atlas hervor. Verärgert blies er den Staub fort und setzte sich mit dem Folianten auf das Kanapee. «Was für Lektionen hatten Sie denn im Sinn?»
    Pauline wusste natürlich, dass er nicht vom Hausputz sprach. Zögernd stand sie auf und ging zu ihm. Als er ein wenig zur Seite rückte, setzte

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