Das Haus in der Löwengasse (German Edition)
auf ihre Bemerkung einzugehen.
Sie sah ihn von der Seite an. «Was wird das?»
«Es ist noch früh genug im Jahr, um Sträucher zu pflanzen. Ich werde einen Gärtner einstellen müssen, zumindest zeitweise.»
«Ich wusste nicht, dass Sie Wert auf Blumen und Sträucher legen», gab Pauline zu.
«Das tue ich auch nicht. Oder sagen wir, ich hatte lange keinen Grund, mich mit der Arbeit abzugeben, die ein blühender Garten nun einmal mit sich bringt. Aber ich kenne Sie inzwischen gut genug, um mir denken zu können, dass Sie mir spätestens im März damit auf die Nerven gehen würden, wenn ringsum die Vorgärten ergrünen und hier nicht einmal ein Gänseblümchen den Kopf aus der Erde streckt.»
Paulines Augen weiteten sich. «Sie meinen, Sie wollen das für mich tun?»
Er grinste. «Nun, für mich schon auch. Denn wahrscheinlich werden Sie die Kinder in kürzester Zeit mit Ihrer Begeisterung anstecken, und dann habe ich keine ruhige Minute mehr. Dem will ich einfach vorbeugen.»
«Ach ja?» Pauline verschränkte die Arme vor der Brust. «Woher wollen Sie so genau wissen, dass mich ein blühender Garten begeistern würde?»
Julius sah sie einen Moment lang an, und sie spürte, dass sich die verräterische Röte wieder einmal auf ihre Wangen legte. «Sie wären keine Frau, wenn derartige Dinge Sie nicht entzücken würden. Außerdem habe ich Ihre Blicke gesehen, wenn Sie durch das Tor auf das Haus zugehen. Ich gebe zu, in dieser Jahreszeit kann es ein wenig düster wirken.»
«Das muss aber nicht sein», sagte sie. «Wenn Sie nur hier und da ein paar hübsche …»
«Sehen Sie?» Amüsiert zwinkerte er ihr zu. «Also sagen Sie mir endlich, ob es Grünpflanzen oder etwas Blühendes sein soll?»
Pauline biss sich verlegen auf die Unterlippe. Julius schien sie wirklich schon sehr gut zu kennen. Sie trat einen Schritt vor und betrachtete das Bild eingehend. «Immergrüne Pflanzen wären am günstigsten. Man muss sie nur einmal einpflanzen, dann erfreuen sie uns über eine lange Zeit.»
«Aber?»
«Bunte Blüten, passend zur jeweiligen Jahreszeit, wirken fröhlich und sehr einladend. Sie vermitteln demjenigen, der die Stufen betritt, bereits das Gefühl, willkommen zu sein.»
Julius tauchte seinen Pinsel in das Farbengemisch auf der Palette und begann erneut zu malen. «So etwa?», fragte er nur wenig später. Links und rechts neben der Eingangstür zierten jetzt graue Kübel mit roten und weißen Blüten zwischen zartem Grün die Stufen.
Pauline schluckte. «An Ihnen ist ein Künstler verlorengegangen, Herr Reuther.»
«Höre ich da tatsächlich ein Lob?» Schmunzelnd legte er die Palette beiseite und reinigte mit geübten Handgriffen den Pinsel, bevor er nach einem Tuch griff, um seine Finger zu säubern, die ein paar Farbspritzer abbekommen hatten.
«Ehre, wem Ehre gebührt», antwortete Pauline lächelnd. «Sie malen so gut wie kaum jemand, den ich kenne.»
«Außer Ihnen, meinen Sie?» Spöttisch hob er eine Augenbraue.
Sie schüttelte entschieden den Kopf. «Nein. Ich male recht annehmbar, wenn ich vorher alles bis ins Detail plane und vorzeichne. Sie hingegen haben das Talent und den Blick eines echten Künstlers. Ich könnte niemals mit so wenigen Pinselstrichen ein so anschauliches, lebendiges Bild zaubern.»
«Mit Zauberei hat das nichts zu tun, Fräulein Schmitz.»
«Haben Sie als Kind viel geübt?»
«Nachdem man es aufgegeben hatte, mir ein Instrument beibringen zu wollen», bestätigte er. «Meine Mutter ist der Meinung, dass Unterricht in den Künsten zum guten Ton gehört. Es hat eine Weile gedauert, bis sich etwas Geeignetes für mich fand.» Er legte das Tuch sorgsam zusammen. «Malerei ist gemeinhin nicht die erste Wahl eines zwölfjährigen Jungen. Weder seine eigene noch die seiner Eltern.»
«Aber viele berühmte Maler waren – und sind – Männer», protestierte Pauline. «Eigentlich alle, wenn ich es recht bedenke.»
«Das mag sein und wäre sicherlich auch ein Argument gewesen, wenn ich eine Karriere in diesem Metier angestrebt hätte. Die Malerei ist jedoch nichts, womit ich jemals vorhatte, meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.»
Pauline nickte. «Hat man sie deswegen aufgezogen?»
«Das hätte niemand so leicht gewagt.» Julius zwinkerte ihr lächelnd zu. «Wie Sie wissen, übe ich mich ein- bis zweimal in der Woche im Fechten. Und damit fing ich bereits an, lange bevor ich wusste, wie man einen Pinsel richtig hält.»
«Oh.» Pauline versuchte sich vorzustellen, wie
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