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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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Lydia legte den Kopf schräg. „Aber ihr habt nur einen Teil des Geheimnisses entdeckt, wenn sie überhaupt die Schnitzerei mit ihrer Äußerung meinte.“
    „Und was gibt es da noch zu entdecken?“ fragte Alex.
    „Hier ist es zu heiß, um darüber zu reden.“
    Faith sah, dass selbst Remys Interesse geweckt zu sein schien. „Willst du noch etwas Tee, Mutter? Dann kannst du uns davon erzählen.“
    „Vielleicht.“
    Sie stiegen in eine angenehmere Klimazone hinab und tranken den Tee, der inzwischen ziemlich kalt geworden war, was bei dieserHitze aber niemanden störte. Lydia genoss es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, und zögerte die Spannung gekonnt hinaus – eine Fähigkeit, die ihr Faith nie zugetraut hätte. Lydia weigerte sich, auch nur ein Wort zu sagen, bis sie bequem saß, sich von der Hitze erholt und ihre Tasse zur Hälfte geleert hatte.
    „Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wann das Haus gebaut worden ist. Vieles habe ich vergessen. Was ich aber weiß, ist, dass mit dir, Faith, die fünfte Frauengeneration unserer Familie hier einzieht. Ich habe gerade mal durchgezählt.“
    Faith hatte sich ihren Verwandten nie wirklich nahe gefühlt. Was vom väterlichen Zweig noch lebte, wohnte im Südwesten Virginias, und die Familienzusammenkünfte waren im Laufe der Jahre immer seltener geworden, obwohl sich Joe dieser Verwandten in den Wahljahren immer noch gerne bediente. Die Familie ihrer Mutter war ihr sogar noch fremder. Faith’ Großeltern und Urgroßeltern waren vor ihrer Geburt gestorben. Sie hatte nie Verwandte von Lydia kennen gelernt, auch keine entfernten.
    „Mit Remy also die sechste Generation“, sagte Faith, um ihre Tochter einzubinden.
    Remy rümpfte die Nase. „Ich zähle nicht. Ich bin nicht freiwillig hier.“
    Lydia beschränkte sich darauf, ihrer Enkelin einen strengen Blick zuzuwerfen. „Nicht alle haben lange hier gelebt. Ich kam erst nach meiner Heirat hierher und bin nicht lange geblieben. Meine Mutter wohnte hier nur vor ihrer Hochzeit. Aber meine Großmutter Violet ist in diesem Haus geboren worden und auch hier gestorben. Sie hat achtzig Jahre unter diesem Dach verbracht.“
    „Sie ist hier gestorben? Wo?“ Alex, der nur halb bei der Sache gewesen war, hörte auf, mit dem Kaminbesteck zu spielen.
    „Im Zimmer deiner Mutter. Sie wollte nicht ins Krankenhaus.Mein Großvater war im Jahr zuvor gestorben, und sie schien bereit zu sein, ihm zu folgen. Sie hatte immer alles im Griff und war sehr willensstark.“ Lydia lächelte schwach; offenbar hing sie ihren Erinnerungen nach. „Sie war eine begabte Klavierspielerin. Wenn ich als Kind hier übernachtet habe, hat mich morgens ihr Spiel geweckt.“
    Auch wenn sie ein wenig vom Thema abgeschweift waren und das Geheimnis aus den Augen zu verlieren drohten, ergriff Faith die Gelegenheit zu einer weiteren Frage. „Dottie Lee hat mir erzählt, dass du eine begabte Musikerin sein sollst, Mutter. Aber ich kann mich nicht entsinnen, dich je Klavier spielen gehört zu haben.“
    „Ich habe aufgehört, bevor du geboren wurdest.“
    „Warum?“
    Einen Augenblick schien Lydia mit sich zu ringen. Dann schaute sie Faith in die Augen. „An dem Nachmittag, als ich mit Hope aus dem Krankenhaus kam, habe ich sie ins Bett gelegt, und sobald sie eingeschlafen war, bin ich heruntergekommen, um mich auszuruhen. Damals gab es eine Glastür zwischen diesem Raum und dem Esszimmer. Ich habe sie zugezogen, um meine kleine Tochter nicht aufzuwecken. Dann setzte ich mich ans Klavier und spielte. Klavier spielen hat mich immer entspannt. Bis heute weiß ich nicht recht, wie viel Zeit damals verstrichen ist – nicht viel, glaube ich –, bis dein Vater von einer Sitzung nach Hause kam. Als er hier war, wollte ich Hope holen ... Sie war verschwunden.“
    Lydia nickte, als sie erkannte, dass Faith begriffen hatte. „Wenn ich damals nicht von der Musik abgelenkt gewesen wäre, hätte ich den Eindringling gehört, und Hope könnte heute hier bei uns sitzen.“
    Pavel stand vor dem Haus an der Prospect Street und sah zum Giebel hinauf. Für hiesige Verhältnisse war das Haus recht gewöhnlich. Es war gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts für eine Arbeiterfamilie gebaut worden. Das wusste er, weil er sich viel mit der Geschichte von Georgetown beschäftigt hatte. Zwar gab es in der Prospect Street auch ein paar regelrechte Villen, die Werfteigentümern und Tabakplantagenbesitzern gehört hatten, aber die Reihenhäuser in diesem Block

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