Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)
bisschen in South Beach rumdrücken«, sagte Sam zu Martinez. »Noch eine inoffizielle Erkundungstour.«
»Wieder die Clubs?« Sein Partner blickte zweifelnd.
»Und die Gehsteige und die Promenade«, nickte Sam. »Wenn an meiner Bianchi-Theorie irgendetwas dran ist, dann wird der Freudenjunge jetzt, wo sein kleiner Helfer nicht mehr da ist, bald selbst wieder zum Spielen rauskommen müssen, wenn er noch ein Herz haben will.«
»Besorg uns zuerst ein paar Tamales«, sagte Martinez, »und dann bin ich dabei.«
Sam grinste. »Abgemacht!«
Die Tamales waren wunderbar.
Genau wie die Gesellschaft seines Partners und guten Freundes.
Letztes Jahr hätten sie ihn fast verloren.
Was für ein Jahr.
Kein Glück mit der Erkundungstour heute.
Falls der Freudenjunge heute Abend unterwegs war, konnten sie ihn jedenfalls nicht sehen.
Was nicht hieß, dass er nicht da war.
Sie hingen bis nach zwei herum.
»Fahr nach Hause, Mann«, sagte Martinez.
»Ich wünschte, das könnte ich«, sagte Sam.
»Du hast Grace und Joshua, die auf dich warten«, sagte Martinez. »Klingt für mich genug nach Zuhause.«
Der Vorwurf war sanft, aber verdient.
»Bin schon unterwegs«, sagte Sam.
93
13. Mai
Sams Handy begann um Viertel vor sieben zu klingeln, als er mit Daniel in der Küche saß. Sein Schwager bereitete gerade French Toast zu.
»Beth Riley hat mich eben angerufen«, sagte Martinez. »Offenbar haben ein paar Touristen in der Nähe der Dinner Key Marina etwas Schlimmes im Wasser entdeckt.«
»Was denn Schlimmes?«
Drüben am Herd wandte sich Dan mit interessiertem Blick um.
»Blut«, antwortete Martinez. »Sie sagten, es sähe aus, als ob es aus einem Boot sickert, das dort draußen festgemacht ist.«
»Was denn für ein Boot?«
Sam lief es schon jetzt eiskalt über den Rücken.
»Ein Hausboot namens Aggie .«
Coopers letztes bekanntes Boot, die Baby , war ein verbeulter alter Cruiser gewesen.
»Haben wir einen registrierten Eigentümer?«
»Noch nicht.«
»Irgendjemand unterwegs?«
»Die Miami Police schickt ein Boot, um es sich anzusehen, meint Riley.«
»Wir müssen sie aufhalten!«
»Du meinst, er ist es?«
»Es könnte jeder sein«, sagte Sam. »Aber zum Teufel, ja, ich denke, es könnte Cooper sein, und genau deshalb müssen wir es unter Beobachtung stellen und nicht einfach drauflosstürmen.«
»Ich rufe ein paar Leute an«, entschied Martinez, »und treffe dich wo?«
»City Hall.«
Sam beendete das Gespräch, sah zu Daniel hoch. Sein Schwager hatte genug gehört.
»Wahrscheinlich«, sagte er leise, »hat es gar nichts mit Cooper zu tun.«
»Was hat gar nichts mit Cooper zu tun?«
Grace stand im Türrahmen, in einem langen weißen T-Shirt, barfuß. Sie sah müde und zerbrechlich aus. Sam zögerte kurz; er wusste, dass er es ihr sagen musste.
»Jemand hat gemeldet, dass etwas, was nach Blut aussieht, aus einem Boot sickert«, berichtete er. »Mehr wissen wir noch nicht.«
»Aber du glaubst, es könnte Cooper sein?«
»Wir werden es uns ansehen.«
Ihre Augen blickten misstrauisch drein.
»Bitte«, flüsterte sie, »pass auf dich auf.«
Sam strich ihr über die Wange. »Darauf kannst du Gift nehmen.«
94
Die Aggie war ein weißes 34-Fuß-Wavelength-Hausboot, dessen registrierter Eigentümer ein Tom O’Hagen war.
Nicht Thomas, nur Tom.
Kein Vorstrafenregister für jemanden mit diesem Namen.
Nur ein Typ mit einem Hausboot.
Vielleicht.
Sie hatten die Seepatrouille von Miami nicht davon abhalten können, einen ersten Blick auf das Wasser rings um das Boot zu werfen. Aber immerhin hatte man, soweit Sam verstanden hatte, Lieutenant Alvarez eine behutsame und diskrete Vorgehensweise zugesichert.
Es wurde bestätigt, dass das Zeug im Wasser tatsächlich wie Blut aussah, und dass an dem Boot ein Dingi befestigt war.
Alles andere wurde im Augenblick zurückgehalten.
Die Typen, die es zuerst gemeldet hatten, waren zwei englische Touristen, Philip Hamblin und Terence Reed. Inzwischen wieder an Land, hatten die beiden Männer alle Fragen der Miami Police beantwortet. Sie warteten nun auf der Rückbank eines Streifenwagens auf Sam und Martinez, auf dem Parkplatz des weiß-blauen Gebäudes, das in den Dreißigerjahren der Wasserflugzeug-Terminal der Pan Am gewesen, jetzt aber wohl oder übel die City Hall war.
»Können Sie uns sonst noch irgendetwas sagen?«, fragte Sam die beiden.
Sie waren Mitte bis Ende zwanzig, beide mit einer tiefen Segler-Sonnenbräune und kaum verhohlener
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