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Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Titel: Das Herz der Savanne - Afrika-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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leiden. Leute, die herkommen und die Menschen in Aufruhr versetzen. Ruhe will ich haben, Ruhe und Frieden. Haben Sie mich verstanden, mein Freund?«
    Horatio biss sich auf die Unterlippe. »Da geht es Ihnen wie mir. Auch ich hätte am liebsten Ruhe und Frieden. Aber Frieden muss manchmal erkämpft werden. Ohne Aufruhr geht das selten.«
    »Heißt das, mein Freund, ich muss mir Sorgen machen um Sie?«
    Horatio lächelte. »Nein, Sergeant. Ihnen möchte ich bestimmt keine schlaflosen Nächte bereiten.«
    Horatio musste langsam fahren, denn der Dodge war so schwer mit den in nasse Tücher verpackten Käsen und den Fässchen mit Butter, Sahne und Quark beladen, dass er hinten herunterhing. Horatio störte es wenig, immerhin hatte er dadurch Zeit, die Landschaft zu betrachten. Die Straße vor ihm verlief schnurgerade, sodass er kilometerweit in die Ferne schauen konnte. Am Horizont stand eine Staubwolke, die ein anderes Auto aufgewirbelt hatte. Ansonsten war kein Fahrzeug weit und breit zu sehen. Dafür liefen ein paar Springböcke neben der Pad her, und weiter draußen graste eine Gruppe Zebras. Die Telefonmasten links und rechts neben der Straße waren in den sandigen Boden gerammt und mit weißen, mindestens männerfaustgroßen Steinen umgeben – um die Elefanten abzuhalten, die Masten umzuwerfen.
    Horatios Blick schweifte zum Himmel. Er war so blau wie Babyaugen, vereinzelte Wolkenschleier trieben träge dahin. Horatio sah ihnen nach und wusste, dass der Tag heiß werden würde. Sehr heiß. Schon zeigte das Thermometer beinahe dreißig Grad an.
    Horatio dachte darüber nach, wie er und Ruth die Kleine behalten könnten. Und darüber, was er an Santos Stelle gemacht hätte. Die Antwort war ganz einfach: Er würde den Schuldigen suchen und ihn töten, auch wenn er für den Rest seines Lebens ins Gefängnis müsste. Denn obwohl Horatio keine eigenen Kinder hatte, konnte er sich den Schmerz seines Vorarbeiters gut vorstellen. Sally ... Wenn er sie ansah, wurde ihm ganz warm ums Herz. Sie war so klein, so winzig klein. Am liebsten hätte er sie für immer unter seinen Pullover gesteckt und sie vor der Welt beschützt. Er sorgte sich um die Kleine. War das schon Liebe? War dieses Gefühl dem ähnlich, welches Ama für die Kleine empfunden hätte?
    Woran immer Ama letztendlich auch gestorben war, sie würde noch leben, wenn der Weiße sie nicht missbraucht hätte. Jedenfalls, wenn es wirklich eine Vergewaltigung gewesen war. Aber das herauszufinden war Sergeant Langs Aufgabe – wenn ihm wirklich daran gelegen war.
    In Windhoek machte Horatio Rast, tankte den Dodge, aß ein Sandwich mit Biltong und rief eine Nummer an, bei der man Nachrichten für die Bewohner von Katutura hinterlassen konnte. Dann erst fuhr er die restlichen zweihundert Kilometer nach Swakopmund. Es war früher Nachmittag, als er endlich in der Hafenstadt eintraf.
    Er parkte den Dodge vor dem Hansa-Hotel, reckte und streckte sich und lauschte den Geräuschen der Stadt. Autos hupten, Frauen lachten, Männer fluchten, Kinder kreischten, Hunde bellten. Es roch nach Meer und Abgasen, nach Staub und, ganz fein, nach dem Parfüm der weißen Frauen.
    Horatio klopfte sich den Staub von Hose und Hemd, fuhr mit der Bürste über sein krauses Haar, putzte die Brille und kontrollierte sein Aussehen im Rückspiegel. Dann nahm er die Körbe mit den Käsen und betrat das Hotel.
    An der Rezeption saß eine weiße junge Frau mit rundem Gesicht und streng nach hinten gekämmten Haaren. Als sie Horatio sah, bogen sich ihre Lippen wie eine Mondsichel nach unten. »Der Eingang für die Dienstboten und Lieferanten ist hinten. Wie oft soll ich euch das denn noch sagen? Dies ist das beste Haus am Platze. Da wollen die Gäste ungestört sein.«
    »Entschuldigen Sie, aber ich bin mit dem Küchenchef verabredet. Mister Dupont erwartet mich.«
    »Aber doch nicht hier, in der Lobby für die Gäste, Herrgott! Nehmen Sie Ihren Kram und gehen Sie zum Hintereingang. Ich werde Mister Dupont Bescheid geben.«
    Horatio schenkte der Frau ein weißzahniges Lächeln, das eher an ein Fletschen erinnerte. Wie oft in seinem Leben war er schon auf solche oder ähnliche Art gedemütigt worden! Früher hatte ihn solches Verhalten wütend gemacht. Inzwischen aber war ihm klar, dass er nichts gegen die Vorurteile in den Köpfen der Weißen ausrichten konnte, und er übte sich in Gleichmut. »Ich bedanke mich für Ihre Freundlichkeit«, sagte er also kurz, nahm die Körbe und suchte nach dem

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