Das Herz Der Woelfin
beschwichtigend eine Hand auf den Arm, als diese gerade etwas erwidern wollte. „Du hast ihn mit dem Dolch verwundet. Die Wunde sieht ziemlich übel aus und er hat viel Blut verloren.“
Ylfa schwieg betroffen, denn sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie hatte nicht gewusst, dass sie ihn doch so arg verletzt hatte. Er hatte sich nichts anmerken lassen. Als er sie zum Schmied geschleift hatte, war ihr keinerlei Schwäche an ihm aufgefallen.
„Ich weiß, dass Fulk einem manchmal hart erscheint, aber im Grunde ist er ein sehr empfindsamer Mann. Hör auf, gegen ihn zu kämpfen, dann wird er sicher Milde walten lassen. Ihm liegt nicht daran, dir wehzutun.“
Ylfa hatte da so ihre Zweifel, zu gut erinnerte sie sich an sein teuflisches Grinsen, als er sie an dieses verdammte Bett gekettet hatte. Trotzdem widersprach sie nicht. Sie konnte kaum erwarten, dass Gisela sich gegen ihren Bruder stellte. Außerdem wollte sie es sich mit Fulks Schwester nicht verscherzen. Immerhin war sie hier der einzige Mensch, der ihr freundlich gesinnt war und mit dem sie reden konnte.
„Brauchst du noch etwas? Ich habe zwei Gewänder für dich in Auftrag gegeben. Später schaue ich noch einmal nach dir. Fulk hat mir eigentlich verboten, hier herzukommen, deshalb kann ich nicht so lange bleiben.“
„Ich danke dir. – Wirklich! – Wie geht es meinen Männern?“
„Ich habe vorhin noch mal nach ihnen gesehen. Sie sind wohlauf, wenngleich sie sich große Sorgen um dich machen. Ich konnte sie jedoch etwas beruhigen, denke ich.“
Ylfa nahm Giselas Hände und schaute die Fränkin ernst an.
„Ich bereue, was ich getan habe. Ich ... ich kann es aber nicht mehr ändern. Ich wollte doch nur ...“
„Ich weiß!“, antwortete Gisela verständnisvoll. „Um so wichtiger ist es, dass du aufhörst, gegen meinen Bruder zu kämpfen. Geb dir einen Ruck und sage ihm, wie leid es dir tut. – Bitte ihn um Vergebung.“
„Das kann ich nicht“, flüsterte Ylfa kaum hörbar.
Seufzend erhob sich Gisela.
„Dann kann ich leider nicht viel für dich tun. Mein Bruder ist ebenso stur wie du. Wenn du ihm nicht entgegen kommst, wird auch er keinerlei Zugeständnisse machen. – Ich wünschte, ihr wärt euch unter anderen Umständen begegnet. Ihr passt nämlich ausgezeichnet zusammen.“ Mit diesen Worten verließ Fulks Schwester das Gemach.
Kapitel 6
D er Tag zog sich elendig langsam dahin. Fulk hatte ihr wie versprochen jemanden geschickt, der sie zwei Mal auf den Abort führte und am frühen Nachmittag hatte sie eine schmackhafte Suppe mit Wildfleisch und verdünnten Wein bekommen. So konnte sie sich eigentlich nicht beklagen, wenn man bedachte, dass sie eigentlich eine Kriegsgefangene war. Wenn doch nur diese entsetzliche Langeweile nicht wäre. Gisela war nur noch einmal kurz bei ihr gewesen und hatte erklärt, dass ihr Bruder ihr ausdrücklich verboten hatte, sie zu besuchen. Die alte Frau, die sie in Begleitung einer Wache zum Abort geführt hatte, war abweisend und wortkarg gewesen. Frustriert saß Ylfa auf dem Bett und trommelte mit den Fingern auf ihren Oberschenkeln. Wenn sie wenigstens etwas mehr Bewegungsfreiheit hätte, dann könnte sie im Zimmer auf und ab gehen. Je mehr Stunden vorbei zogen, umso mehr Wut staute sich in Ylfa auf. Sie fühlte sich wie ein gefangenes Tier. Als es zu dunkeln begann und sie kein Licht außer dem Feuer im Kamin hatte, war ihre innere Anspannung so groß geworden, dass sie ihren Frust laut hinausschrie.
*
Fulk blieb verwundert stehen, als er den klagenden Schrei vernahm, der dem Heulen eines Wolfes nicht unähnlich war. Er war auf dem Weg zu seinem Gemach und der Laut schien von dort zu kommen. Mit eiligen Schritten ging er auf die verschlossene Tür zu, öffnete sie und betrat die Kammer. Das Heulen verstummte.
Ylfa und Fulk schauten sich an. Kein Laut war zu hören, außer dem Knistern des Feuers. Im Licht der Flammen kam sie ihm wahrhaft übernatürlich vor. Ihr Haar schimmerte wie Weizen in der Abendsonne und ihre Augen leuchteten wie die eines Wildtieres in der Dämmerung. Sein erster Impuls war, vor ihr auf die Knie zu fallen und ihrer Schönheit zu huldigen. Er verspürte ein schmerzliches Ziehen in der Lendengegend und der Wunsch, diese wilde Kriegerin zu besitzen, wurde immer drängender. Wie sollte er eine Nacht mit ihr im selben Bett verbringen, ohne sie anzurühren?
*
Ylfas Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie in seinen lauernden Blick eintauchte. All
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