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Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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ignorieren, ihr zu trotzen, sie zu beschämen und fast den Tod an den Hals zu wünschen.
    Und dann traf Brianne unvermittelt der Gedanke, dass sie ihre Mutter vielleicht niemals wiedersehen würde.
    Was, wenn ein Bär sie erwischte oder sie verhungerte? Was, wenn niemand sie fand und sie hier in der Wildnis sterben musste, ohne dass ihre Mutter erfahren würde, wie sehr ihre Tochter sie geliebt hatte? Was, wenn sie nie mehr Gelegenheit bekäme, es ihr zu sagen? Was, wenn …?
    Was, wenn … was, wenn … was, wenn …
    »Hilfe!«, schrie Brianne und brach tränenüberströmt zusammen. »Irgendjemand, bitte helft mir!«
    Welchen Sinn hatte es weiterzulaufen ohne die leiseste Ahnung, wo sie war? Hatte sie nicht mal irgendwo gelesen – vielleicht sogar in einem Reiseartikel ihrer Mutter –, man sollte, wenn man sich verirrt hatte, am besten an Ort und Stelle bleiben und darauf warten, dass man gefunden wurde? Denn irgendwann musste jemand sie finden, sagte sie sich. James würde aufwachen und feststellen, dass sie nicht in dem Schlafsack neben ihm lag. Hayden würde zum Zeltplatz zurückkehren und berichten, was geschehen war. »Es tut mir so leid, Hayden«, flüsterte sie noch einmal. Man würde den Wagen von diesem Idioten Tyler in dem blöden Straßengraben finden. Man würde eine Suchmannschaft losschicken und den Wald durchforsten.
    Aber der Wald war auch tagelang ergebnislos nach David Gowan abgesucht worden.
    Obwohl der wahrscheinlich einfach nach New York zurückgefahren war, entschied Brianne und fragte sich, was man in ihrem Fall vermuten würde. Dass sie mit Tyler abgehauen war, dass sie zurück nach New York getrampt waren, nachdem sein Wagen im Graben stecken geblieben war. Und was dann? Würden die anderen die Polizei alarmieren oder einfach sagen: »Was weg ist, ist weg«? Würden sie mit einem angewiderten Kopfschütteln ohne sie zurück nach Brooklyn fahren? »Scheiße«, sagte sie und gelobte stumm, nie wieder zu fluchen, wenn nur irgendjemand sie finden würde, ehe die Moskitos sie bei lebendigem Leib gefressen hatten. »Mist«, schwächte sie deshalb ab.
    Sie saß ein paar weitere Minuten auf dem feuchten Boden, ehe sie entschied, dass es wahrscheinlich doch besser war, in Bewegung zu bleiben. Mit ein bisschen Glück würde sie irgendwelchen Wanderern oder einem Park Ranger in die Arme laufen. Gestern waren die Park Ranger ja scheinbar auch ständig zur Stelle gewesen, sobald sie nur den Kopf gewendet hatte, um in ihren blöden Uniformen mit missbilligend gerunzelter Stirn ihre blöden Vorträge zu halten. Und wo waren sie jetzt? Wo waren sie, wenn man sie wirklich mal brauchte?
    Immerhin würde sie ein paar lustige Geschichten haben, die sie Sasha erzählen konnte, wenn sie wieder zu Hause war. Falls sie je wieder nach Hause kam.
    Aber als sie jetzt an Sasha dachte, merkte Brianne, dass die hübsche Blondine wahrscheinlich der letzte Mensch war, den sie sehen wollte. Anfangs hatte sie sich von Sashas Aufmerksamkeit geschmeichelt gefühlt, weil Sasha älter, erfahrener und freizügiger war als sie. Es war Sasha gewesen, die ihre Freundschaft gesucht hatte, Sasha, die sie mit Tyler bekannt gemacht und sie zu der Beziehung ermutigt hatte, um dann bohrend nach allen intimen Einzelheiten ihrer Treffen zu fragen und sich über jedes saftige, obschon größtenteils fiktive Detail zu freuen, das Brianne ihr hinwarf. Sashas Männergeschmack war also bestenfalls dubios. Und die traurige Wahrheit war, erkannte Brianne, als sie sich mit beiden Händen vom Boden abstieß, dass sie und Sasha bis auf eine Vorliebe für teure Klamotten praktisch nichts gemeinsam und noch weniger zu besprechen hatten.
    »Ich könnte echt einen Schluck zu trinken brauchen«, sagte sie laut und versuchte, Speichel im Mund zu sammeln, als sie mit der Hand ein zugleich fremdes und vertrautes Objekt streifte. Ihre Finger griffen etwas, das sich zunächst anfühlte wie ein Haufen Würmer, nur dass diese Würmer kalt und dick waren und an der Basis miteinander verbunden zu sein schienen. Schlangen? Bei dem Gedanken drehte sich ihr der Magen um. Nein, das konnte nicht sein. Schlangen würden nicht einfach still und reglos in ihrer Hand verharren, sondern sich wimmelnd und windend an ihrem Arm hochschlängeln. Und selbst die kleinste Schlange wäre länger als das, was sie berührte. »Nicht hingucken«, ermahnte sie sich. »Lass es einfach fallen, geh weiter und guck dich nicht um.«
    Aber da war es natürlich schon zu spät. Denn auch

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