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Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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ohne hinzusehen, wusste sie, um was es sich handelte.
    Im selben Moment fing sie an zu schreien, ein lautes schauerliches Geräusch, von dem sie kaum glauben konnte, dass es aus ihrer Kehle kam. Sie rannte blindlings von Baum zu Baum und schrie weiter. »Nein, nein, das ist nicht wahr. Das kann nicht wahr sein. Nein, bitte, mach, dass ich noch schlafe. Das ist alles nur ein böser Traum. Ich schlafe noch. Ich schlafe noch.«
    Ihre Schreie verfolgten, verhöhnten und umzingelten sie, knallten ihr auf die Ohren wie Baseballschläger. Aber wenn sie weiter schrie, würden ihre Schreie vielleicht das Gefängnis dieses schrecklichen Albtraums aufbrechen und sie zurück in den Wachzustand katapultieren. Sie würde sich im Hotel in ihrem Doppelbett wiederfinden, neben ihr würde Jennifer schlafen, im Bett nebenan ihre Mutter und Melissa, und auf der Couch im Nebenzimmer James. Oder noch besser, sie wären überhaupt nicht in den Adirondacks. Sie lag warm und sicher in ihrem Bett in Brooklyn und hatte diesen ganzen unglückseligen Ausflug nur geträumt. Es gab kein Hotel und keinen Zeltplatz, keinen blöden Wagen in einem blöden Graben, keinen Wald, in dem sie sich im strömenden Regen verirrt hatte.
    Und keine abgetrennte Hand, die an ihren Fingern baumelte.
    Sie schrie erneut, noch lauter diesmal und schriller. Sie stützte sich am Stamm eines Baumes ab, schüttelte die fremde Hand ab, und würgte mehrmals trocken und am ganzen Leib zitternd.
    Als sie aufblickte, stand er da, keine zehn Meter entfernt. Sein Gesicht war gerötet, als wäre er gerannt, und seine Uniform war schweißnass. Bei Tageslicht sah er nicht ganz so gut aus wie am Abend zuvor, doch in diesem Moment war er für Brianne der attraktivste Mann auf der Welt. »Gott sei Dank, dass Sie da sind!«, rief sie, rannte auf den Park Ranger zu und ließ sich in seine Arme fallen.
    »Was soll das heißen, Sie haben sie schreien gehört?« Val sprang sofort auf, sodass der Picknicktisch, an dem alle saßen, bedrohlich schwankte.
    »Ich glaube , es war ein Schrei«, schränkte Jennifer ein.
    »War es Brianne?«
    »Ich weiß es nicht. Das konnte ich nicht erkennen. Ich habe bloß so etwas wie einen Schrei gehört, und dann wurde die Verbindung unterbrochen.«
    »Das reicht jetzt. Ich sitze nicht länger hier rum und warte.«
    »Val, bitte«, beschwichtigte Jennifer sie. »Henry hat gesagt, wir sollten geduldig sein, womöglich würden die Ranger erst gegen Mittag hier auftauchen.«
    »Das war vor dem Schrei und bevor die Leitung unterbrochen wurde«, erinnerte Val Jennifer daran, was sie selbst gerade berichtet hatte. Sie versuchte, ihre aufkeimende Panik zu bändigen. »Brianne ist ernsthaft in Gefahr. Das spüre ich.«
    »Ich bin sicher, Henry hätte sich sofort gemeldet, wenn er Brianne gefunden hätte.«
    »Vielleicht kann er nicht anrufen. Vielleicht gibt es ein Problem mit dem Telefon. Oder vielleicht ist Brianne etwas Schreckliches zugestoßen, und er will nicht anrufen …«
    »Tu dir das nicht selber an, Val«, mahnte Gary irgendwo neben ihr.
    »Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht. Das weiß ich.«
    »Dein Gefühl ist für mich Grund genug.« Melissa stand von dem Tisch auf und zog James mit sich. »Komm. Wir gehen.«
    »Und wohin?«
    »Wo Val auch immer hinwill«, sagte Melissa.
    »Ich habe dich schreien hören«, sagte Henry, hielt Brianne eine Armlänge auf Abstand und musterte sie von oben bis unten, wie um zu sehen, ob sie verletzt war. »Alles in Ordnung? Du hast dich doch nicht verletzt, oder?«
    Brianne versuchte zu sprechen, brachte jedoch nur ein abgerissenes Schluchzen heraus.
    »Ganz ruhig. Jetzt wird alles gut. Schön langsam. Lass dir Zeit.«
    »Da … da …« Sie versuchte, in eine Richtung zu zeigen, wedelte jedoch nur schlaff mit der Hand.
    »Atmen«, ermahnte Henry sie. »So ist gut. Tief durchatmen. Noch mal. Aus dem Zwerchfell. So ist gut. Das ist schon viel besser.«
    »Da ist … eine … eine Hand .«
    »Eine … ? Was?«
    Wieder spürte Brianne die Galle bis in ihre Kehle steigen. »Da drüben.« Sie taumelte nach vorn und übergab sich würgend auf einen Haufen Kiefernnadeln.
    »Okay. Okay. Noch mal tief durchatmen. So ist’s brav.« Henry wartete, bis sie sich die Spucke vom Mund und die Tränen aus den Augen gewischt hatte. »Verzeihung, aber hast du gerade gesagt, da ist eine … Hand?«
    Wieder wies Brianne in die Richtung, diesmal etwas genauer, und schlug dann beide Hände vor den Mund, um nicht erneut

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