Das Herz Des Daemons
Schlüssel aus dem Spind. Warte so lange an der Bar.«
»Nein, ich ... nicht an der Bar. Ich warte lieber hier.«
Jemand rempelte mich von hinten an und ich machte einen Schritt auf sie zu, um mein Gleichgewicht zu halten.
»Dawn, was ist denn los? Allmählich fange ich an, mir Sorgen zu machen.«
Unglücklich schüttelte ich den Kopf. »Bitte, Beth. Hol einfach den Schlüssel - und sag niemandem, dass du ihn mir gibst. Bitte!«
Ihre Augen wurden schmal. »Hat das etwas damit zu tun, dass Julien Timothy kennt?« Sie trat ein Stück beiseite, um einen jungen Mann vorbeizulassen. »Du kannst ihm ausrichten wenn er dir irgendwie wehgetan hat, kann er sich auf einiges gefasst machen.« Noch ehe ich etwas sagen konnte, drehte sie sich schon um und machte sich erneut auf den Weg zur Bar, wo sie ihr Tablett gekonnt abstellte, zu einem schlanken, blassen jungen Mann etwas sagte und dann in Richtung der Toiletten verschwand, in der sich vermutlich auch der Aufenthaltsraum für das Personal befand.
In der kurzen Zeit, die sie verschwunden war, sah ich mindestens ein Dutzend Mal auf meine Uhr. Nur noch gut fünfzehn Minuten. Als sie mir den altmodischen Schlüssel ihres Käfers in die Hand drückte, hätte ich sie küssen können.
»Es reicht, wenn du ihn mir bis morgen Nachmittag nach Hause bringst. Richard nimmt mich heute Abend mit.« Ihre Miene verriet immer noch Sorge. »Ich hoffe, dass das mit Julien und dir wieder in Ordnung kommt.«
Sie strich mir über den Arm. An der Bar rief jemand ihren Namen und sie schenkte mir ein letztes aufmunterndes Lächeln, bevor sie hinüber und wieder an die Arbeit ging. Auch wenn es im Moment meine geringste Sorge war: Vor dem Augenblick, in dem ich ihr erklären musste, warum ich mir ihren Käfer wirklich geliehen hatte, grauste mir jetzt schon. Irgendetwas sträubte sich in mir, tatsächlich einen Streit mit Julien vorzugeben - aber ihr die Wahrheit zu sagen kam noch viel weniger infrage. Ich verscheuchte den Gedanken und drängelte mich eiligst in Richtung Ausgang. Der Türsteher nickte mir zu, als ich mich hinter ihm vorbeischob. Auf dem kleinen Parkplatz hinter dem Klub war Beths Käfer nicht zu übersehen. Seine Kuppel ragte gut sichtbar über die Dächer der anderen Wagen hinaus.
Als ich den Schlüssel ins Zündschloss steckte, betete ich, dass ihr nicht wieder jemand einen Streich gespielt hatte oder dass der alte VW aus irgendwelchen anderen Gründen vielleicht auf die Idee kam, nicht anzuspringen. Mit einem dröhnenden Donnern, gegen das das Röhren der Corvette wenn man sie im Stand hochjagte, ein verschämtes Räuspern war, erbarmte sich der Wagen. Im ersten Moment suchte ich den Lichtschalter auf der falschen Seite, doch dann hatte ich ihn entdeckt und setzte vorsichtig zurück. Noch zehn Minuten. Selbst wenn ich jedes Tempolimit brach, würde ich es auch nicht annähernd schaffen, rechtzeitig da zu sein. - Nicht dass es mit Beths Käfer überhaupt großartig möglich war, das Limit zu überschreiten. Aber ich hatte vor, mein Bestes zu versuchen.
Ich brauchte zwanzig Minuten quer durch die Stadt. Und fünf weitere, weil ich im Industriegebiet zweimal falsch abbog, bis ich denZufahrtsweg zu dem Tor fand, das Bastien mir genannt hatte. War das andere Ende des Industriedocks hell erleuchtet, lag hier jenseits des Maschendrahtzauns alles in tiefer Schwärze. Offenbar wurden die Lagerhallen auf dieser Seite schon seit einiger Zeit nicht mehr genutzt.
Ich parkte den Käfer direkt vor dem Tor. Sein Drohnen hatte mein Kommen vermutlich deutlich genug angekündigt. Meine Hand war eiskalt, als ich ihn abstellte. Einen Moment war nur das Klicken des Motors zu hören. Im Licht seiner abgeblendeten Scheinwerfer starrte ich das Tor an, eine vermutlich zwei Meter hohe Stahlrohr-Drahtzaun-Konstruktion. Dort, wo die beiden Flügel aneinanderstießen, baumelte eine Kette lose herab. Irgendwo auf der anderen Seite erwartete mich Bastien - mit Julien. Ich schaltete das Licht ab und stieg aus. Vom Penobscot River wellte der Geruch von Brackwasser zu mir herüber. Dass ich ihn in gar nicht allzu großer Entfernung gurgeln zu hören glaubte, musste Einbildung sein.
Wie Bastien gesagt hatte, führten ein paar Schienen unter dem Tor hindurch tiefer auf das Gelände. Sie waren
ins
Kopfsteinpflaster
eingelassen
und
verschwanden
zwischen
in
der
Dunkelheit
aufeinandergestapelten
Containern
und
mehrere
Stockwerke
hohen
Lagerhallen,
die
noch
aus
Backsteinen gebaut waren.
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