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Das Herz Des Daemons

Das Herz Des Daemons

Titel: Das Herz Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Er wechselte von Klassik zu Rock, von Modernem zu lang Vergessenem, nahm mich gefangen und ließ mich die Zeit vergessen. Zu Anfang meinte ich, in den Bogenstrichen noch seine Anspannung zu spüren, doch je länger er spielte, umso mehr verlor er sich in der Musik - und entführte mich ebenso in sie.
    Nur das letzte Stück erkannte ich eindeutig: Who wants to live forever? von Queen. Oder das, was Julien daraus machte. Unendlich süß und sehnsuchtvoll - und zugleich so unendlich traurig, dass ich die Hand nach ihm ausstreckte. Mit jedem Strich seines Bogens war Julien mir am Ende näher gekommen, hatte sich weiter zu mir gebeugt. Jetzt senkte er die Geige. Seine Augen schimmerten im Licht der Kerzen. Noch immer in der einen Hand denBogen und in der anderen sein Instrument lehnte er sich so dicht zu mir, dass ich seinen Atem spüren konnte. Für eine Ewigkeit, die nicht mehr als Sekunden gewesen sein konnte, verharrte er so. Reglos. Dann glitt sein Mund über meinen. Sacht. Zärtlich. Beinah fragend. Sein Kuss wurde fester, tiefer, ohne dabei auch nur für denBruchteil eines Herzschlags seine Sanftheit zu verlieren. Als er ihn brach, lehnte er behutsam die Stirn gegen meine. Ich schloss die Augen.
    »Si notre amour est un rêve, ne me réveille jamais«, flüsterte er. Seine Lippen streiften meinen Mundwinkel, dann war seine Stirn wieder an meiner. »Versprich es mir. Versprich mir, dass du mich niemals aus diesem Traum wecken wirst.«
    »Versprochen«, wisperte ich zurück, ohne die Lider zu heben. »Wenn du mir sagst, was dieser Traum ist.«
    Es war verrückt, aber ich glaubte sein Läc heln zu spüren.
    »Du!«
    Von einer Sekunde zur anderen brachte ich keinen Laut mehr hervor. Also nickte ich nur.
    »Gut. Denn wenn ich aufwach-« Mit einem Zischen brach er ab.
    Seine Berührung verschwand abrupt. Erschrocken öffnete ich die Augen.
    »Schnell! Da ist jemand. Kerzen aus!« Er war schon dabei, Geige und Bogen eilig im Kasten zu verstauen. So rasch ich konnte, tat ich, was er gesagt hatte. Jetzt hörte ich auch etwas. Hastig tastete ich im Dunkeln nach der Taschenlampe. Sie musste irgendwo bei meinem Stuhl liegen.
    »Lass sie!« Julien zog mich in die Höhe und zum Rand der Bühne. Zwei Lichtfinger erschienen auf der anderen Seite des Zuschauerraumes.
    »Wer ist da? «, erklang eine Männerstimme. Für einen Moment war Juliens Hand nicht mehr an meinem Arm. Ich glaubte ihn vor mir als vagen Schatten zu erkennen, als er lautlos vonder Bühne sprang. Mein Abgang war weniger geräuschlos, obwohl er mich aufzufangen versuchte. Die Lichtfinger zuckten in unsere Richtung. Einer streifte mich. Julien riss mich hinter dem Bühnenrand in die Hocke.
    »He! Stehen bleiben!« Die Stimme eines weiteren Mannes. Schritte wurden laut. Das Licht kam auf uns zu. Ich hörte Julien neben mir unterdrückt fluchen, dann zerrte er mich rasch denfinsteren Gang entlang zu unserem Einstieg. Blind stolperte ich hinter ihm her.
    »Stehen bleiben!«
    An Juliens Hand schlängelte ich mich zwischen den Möbeln hindurch bis zu dem alten Sofa. Er stieg darauf, zog mich nach und drückte mir in derselben Bewegung den Geigenkasten in die Arme. Gleich darauf hatte er sich schon durch das Fenster nach draußen geschoben und zischte: »Komm schon!« Ich stieß die Geige vor mir her im Vertrauen darauf, dass er sie auffangen würde, dann zwängte ich mich selbst durch das Fenster.
    »Ihr sollt stehen bleiben!«
    Julien packte mich und zog. Im letzten Moment schaffte ich es, die Arme um seinen Hals zu schlingen, hing für einen Augenblick an ihm und hatte im nächsten wieder Boden unter den Füßen. Licht drang hinter mir aus dem Fenster. Er duckte sich hastig nach der Geige, dann rannten wir den Durchgang hinunter.
    »Stehen bleiben!«, brüllte einer der Männer hinter uns her und fluchte gleich darauf heftig.
    Auf der Merillstreet drängte Julien mich nach rechts, weg vom Bohemien und direkt in den Schatten der nächsten Treppe. Keine Sekunde zu früh, denn gleich darauf flog die Eingangstür des alten Theaters auf und einer der Männer stürmte heraus. Ich hörte ihn wütend Verwünschungen ausstoßen und hielt den Atem an, als seine Schritte unvermittelt auf dem Bürgersteig laut wurden. Doch kurz darauf stieg er die Treppe wieder hoch, als sein Kollege ebenfalls am Eingang auttauchte. Offenbar wurden sie nicht gut genug bezahlt, um Einbrecher auch außerhalb des Bohemien zu verfolgen, denn die Tür schloss sich

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