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Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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Daumen.
    »Das wird ihr erst mal helfen«, sagte er. Er gähnte und hielt den Unterarm vor den Mund. »Ich bin sehr müde. Sie bestimmt auch.«
    Emma dachte zurück an den langen Tag, die vielen Stunden, die sie gefahren waren, an all die Dinge, die passiert sind. »Ja.«
    Er führte sie zur Hintertür. Aus seiner Hemdtasche zog er einen Schlüssel an einer Lederkordel und schloss die Tür auf. Emma folgte ihm in den Flur. Es roch nach Kerosin und Holzrauch, vermischt mit dem Insektenspray, das immer noch in ihren Haaren hing. Daniel schaltete das Licht ein – eine nackte Glühbirne, die im Flur von der Decke hing. Dann trat er zu den beiden gegenüberliegenden Türen. Er öffnete die Tür, die ins Schlafzimmer führte, schaltete auch dort das Licht ein und ging hinein.
    Emma zögerte kurz, dann folgte sie ihm. Sie betrat ein Zimmer, das in etwa genauso groß war wie das Labor. An der Wand stand ein schmales Bett, das halb verdeckt war von einem Moskitonetz, das von einem Holzgestell herunterhing. Aber neben dem Kopfkissen war deutlich ein dunkler Fleck zu erkennen, und als Emma näher trat, sah sie die Ecken eines Bilderrahmens. Sie kniete sich auf das Bett und zog das Moskitonetz beiseite.
    Sie hielt den Atem an. Das Bild war vergilbt, aber sie erkannte es sofort. Im Fotoalbum ihres Vaters war das gleiche Foto. Die Aufnahme war nur wenige Tage vor ihrem siebten Geburtstag gemacht worden – kurz bevor Susan nach Tansania gereist war. Emma blickte in ihre Kinderaugen. Sie war damals so fröhlich, so offen und vertrauensvoll gewesen.
    »Sind Sie das?«, fragte Daniel leise.
    Sie nickte. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie dachte an Susan, wie sie hier gelegen und in das kleine Gesicht geblickt hatte. Es mochte ein Trost für sie gewesen sein – aber der schreckliche Schmerz des Verlusts war bestimmt stärker gewesen. Emma spürte, wie eine dunkle Welle sie überspülte.
    »Hier ist Wasser.« Daniels sanfte Stimme holte sie in die Gegenwart zurück. Er zeigte auf einen Nachttisch, auf dem eine Flasche Wasser und ein Glas, das mit einem mit Perlen beschwerten Gazetuch abgedeckt war, standen. »Das können Sie ohne weiteres trinken; es ist abgekocht und gefiltert.« Seine Stimme klang leise und beruhigend. »Ihren Koffer können Sie leider erst morgen früh bekommen, wenn Mosi den Land Cruiser aufschließt.« Er zeigte auf einen alten Labortisch, der neben der Tür stand. »Stellen Sie ihn darauf. Die weißen Ameisen fressen alles, was sich auf dem Boden befindet.« An einer Wand befand sich eine Reihe von Holzhaken. Er nahm ein paar Kleidungsstücke ab und hängte sie übereinander an einen anderen Haken, so dass zwei Haken für sie frei waren. »Hier können Sie Ihre Kleider aufhängen.« Dann zeigte er auf ein emailliertes Becken, das auf einem Holzfass stand. Auf dem Boden daneben stand eine alte Benzintonne, deren Deckel abgeschnitten worden war. Sie war mit Wasser gefüllt. »Hier können Sie sich waschen. Benutzen Sie im Dunkeln die Toilette draußen bitte nicht – unter dem Bett steht ein Nachttopf.« Emma nickte. Sie spürte, dass er ihr all diese Informationen gab, um sie zu beruhigen. »Gleich werde ich den Generator abschalten, und das Licht geht aus.« Er reichte Emma die Taschenlampe und blickte sie fragend an. »Sind Sie sicher, dass Sie heute Nacht zurechtkommen?«
    Emma rang sich ein Lächeln ab. »Ja, es wird schon gehen.«
    »Dann wünsche ich Ihnen eine gute Nacht.«
    Als Daniel den Raum verließ und die Tür hinter sich zuzog, blieb Emma einen Moment lang still stehen, die Hand um die Taschenlampe geklammert. Dann setzte sie sich jedoch entschlossen in Bewegung. Sie hängte ihren Rucksack auf und wusch sich Hände und Gesicht in dem Wasser. Sie zog Bluse und Hose aus, zögerte aber, als sie in ihrer Unterwäsche dastand. Sie musterte ein blaues T-Shirt, das an einem der Haken hing. Normalerweise wäre es ihr nicht im Traum eingefallen, etwas anzuziehen, das einem Fremden gehörte; sie wusste ja noch nicht einmal, ob es sauber war. Aber sie wollte auf keinen Fall nackt schlafen – nicht hier. Sie fühlte sich auch so schon verletzlich genug. Sie zog das T-Shirt über den Kopf. Es roch nach Waschpulver und leicht nach Holzrauch. In dem weichen Stoff, der lose an ihrem Körper herunterhing, kam sie sich vor wie ein kleines Kind.
    Sie blickte zum Bett. Sie sollte jetzt einfach unter die Bettdecke schlüpfen, bevor der Generator ausgeschaltet wurde. Aber ihre Füße weigerten sich, einen

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