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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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in das Gebäude führt. Von dort …«
    »Wir warten«, wiederholte ich. Damit kauerte ich mich hinter die niedrige Ziegelmauer, die das Dach säumte, und deutete mit dem Kopf in Richtung des Kuppelgebäudes, das wir gerade hinter uns gelassen hatten. »Geh und hol deinen Käfer.«
    Wilsons Blick wanderte kurz zwischen uns hin und her, dann nickte er und schwang sich über den Abstand zwischen den Häusern. Seine menschlichen Gliedmaßen berührten die Schindeln nicht einmal, als er zum Giebel hinauftrippelte und durch das Dachflächenfenster verschwand.
    Ich schaute zu Emily. Sie hielt den Kopf gesenkt. Ihre Schrotflinte lugte über den Rand des Dachs auf die Straße hinab. Sie weigerte sich, mich anzusehen.
    »Wo hast du diesen Kerl noch mal aufgegabelt?«
    »Er ist ein alter Freund, hat Dinge für mich in Ordnung gebracht hat, als ich noch ein Kind war.«
    »Er ist ein bisschen unheimlich«, meinte ich.
    »M-hm«, brummte Emily. Sie drehte mir die Schulter zu. Ich richtete den Blick auf den Platz unten. Die Ordnungshüter schienen sich zu organisieren. Offenbar verbreitete sich die Neuigkeit. Sie hatten das Gebäude gefunden, und Verstärkung war zweifellos unterwegs. Ich sah wieder Emily an. Ihr Rücken wirkte steif.
    »Hör mal, es tut mir leid. Du weißt, dass ich solche Dinge nicht so meine.«
    »Was?«, fragte sie.
    »Die Sache mit der Hure. Das hab ich nicht so gemeint.«
    »Wie hast du es denn gemeint?«, hakte sie nach. »Die Sache mit der Hure.«
    »Bloß … keine Ahnung. Jedenfalls nicht böse.«
    »Klar.«
    Ich steckte meinen Revolver in die Tasche, drehte die Trommel und zog ihn wieder, drehte die Trommel erneut und verlagerte das Gewicht auf die Fersen. Emily sah mich immer noch nicht an.
    »Wie auch immer. Es tut mir leid.«
    »Klar«, wiederholte sie. Danach herrschte eine Weile Stille.
    »Dein unheimlicher Freund lässt sich Zeit«, stellte ich fest. »Bist du sicher, dass du die Flasche auf dem Tisch gelassen hast?«
    »Hab ich doch gesagt, oder? Ich habe sie zurückgestellt, als …«
    Aus dem Gebäude uns gegenüber ertönten Schüsse. Durch die geschwärzten Dachflächenscheiben zeichnete sich ein rotes Flackern ab. Wilson schnellte mit dem Rücken zu uns aus dem offenen Fenster hervor. Der lange Lauf seines Gewehrs ragte in das Gebäude hinab. Er entfesselte eine lange Salve. Die Ordnungshüter auf den Straßen schauten herauf. Ich feuerte einen Schuss auf sie ab, was genügte, um sie in Deckung zu scheuchen.
    Wilson erreichte uns im Nu. Sein Gesicht war schwarz, und dünne Blutlinien folgten dem Weg von Glasscherben über seine Wangen.
    »Ich konnte ihn nicht finden. Sie kamen mit einer Stürmungsmaschine durch die Tür. Hätte nicht gedacht, dass ich es herausschaffe.« Er warf einen flüchtigen Blick hinab auf die Straßen. Die Ordnungshüter schwärmten gerade aus. »Wir nehmen nicht die Treppe. Folgt mir.«
    Hinter uns erzitterte die Glaskuppel, und vom Dach erhob sich ein entsetzliches Gebrüll. Glas zerbarst in einem langen Schauer, und ein dünner Windstrahl wand sich aus dem Gebäude empor. Blitze zuckten daran entlang, dann zerfiel das gesamte Gebilde zu Staub. Auf den Straßen ertönte eine Menge Geschrei.
    »Die albern aber nicht rum«, meinte Emily neben mir. Ich schüttelte den Kopf und drehte mich zu Wilson um. Er war bereits weg, huschte auf das nächste Gebäude zu und sprang mit geübter Mühelosigkeit auf dessen Dach.
    »Ich schätze, das kann sich niemand von uns mehr leisten. Was immer vor sich geht, Em, es ist etwas Großes. Und es reißt uns mit.«
    Sie verzog das Gesicht, dann eilten auch wir zum nächsten Dach. Wilson wartete. Wir verbrachten eine Stunde damit, uns zu verstecken, zu rennen und nach einem Ort in der Stadt Ausschau zu halten, an dem wir sicher vor den Kräften sein würden, die uns verfolgten. Dabei redeten wir nicht viel. Es war ein hartes Unterfangen.
    Schließlich fanden wir ein Loch und verkrochen uns darin. Veridon ist voll von Löchern, Erdhöhlen in den steilen Hängen oder Schlupfwinkel in den aufgeschütteten Terrassen der modernen Stadt. Unsere Zuflucht war ein Lagerhaus, das seinen Boden an eine Zisterne verloren hatte, die eingestürzt war. Einer der uralten Flüsse, die unter der Stadt verliefen, hatte sich aus seinem angestammten Verlauf gelöst und sich in das Bauwerk gefressen.
    Wir ließen uns an den Vorsprüngen rings um den See nieder. Stufen führten in das Wasser hinunter, und unter dem ehemaligen Erdgeschoss befand sich eine Höhle

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