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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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Unterfangen, laut Janine, doch mit wortwörtlicher Anwendung. Die Alchemie versuchte, Werte und Schönheit aus dem Nichts zu erschaffen. Ein schlichtes Objekt aus der Natur barg eine unergründliche Vielfalt von Möglichkeiten, so dachte man zumindest, die man nur zu erschließen brauchte, indem man genügend Übung, Geduld und Mühen darauf verwendete. Für den Meister mit der richtigen Formel lag der Stein des Weisen in greifbarer Nähe, und mit ihm alles, was er verhieß: Reichtum, langes Leben, Erleuchtung.
    Reichtum . Connie runzelte die Stirn. Laut Janine hatte Chilton in jenem Referat behauptet, Kohlenstoff könne der Grundstoff für die Erschaffung des Steins der Weisen sein, wenn man ihn nur auf bis dato unvorstellbare Weise transformierte: etwas potenziell Kostbares, das nur momentan noch wertlos war. Unbekannt, und doch allen wohl bekannt – der Stoff, aus dem das Leben ist.
    Connie blieb stehen, in Gedanken verloren. Vielleicht war ja Chilton nicht nur dabei, seinen Ruf als Wissenschaftler
aufs Spiel zu setzen, wie Janine dachte. Chilton wurde älter, näherte sich dem Ende seiner Karriere. Er hatte den Vorsitz der Historischen Fakultät von Harvard und besaß bereits so viel Prestige, wie er nur brauchen konnte. Vielleicht strebte er ja nach etwas ganz anderem.
    Während sie so dastand, wanderte Connies Blick über die gitterartigen Schatten auf der Straße und fiel auf die Kirche, wo, wie sie wusste, Sam gerade dabei war, die untere Seite der Kuppel mit einer dünnen Schicht Gold zu überziehen. Sie war so versunken in ihre Nachforschungen gewesen, dass sie kaum noch wusste, was sie in den letzten Tagen genau gemacht hatte. Mit Sam hatte sie ein paar Mal telefoniert, einmal fünf Minuten lang, spät in der Nacht, doch seit dem Abend, als der magische Kreis in ihre Tür gebrannt worden war, hatten sie es nicht mehr geschafft, sich zu treffen. Sie stellte ihn sich vor, wie er da oben saß, ein Bein um das Metallgerüst geschlungen, durch Seile und seinen Klettergurt gesichert, die Handrücken mit flüssigem Gold gesprenkelt und auch die Stirn von den Streichbewegungen des nach oben gerichteten, borstigen Pinsels bespritzt. Plötzlich spürte sie, wie sehr er ihr in den vergangenen Tagen gefehlt hatte, und es war ihr ein dringendes Bedürfnis, einen Abstecher zur Kirche zu machen.
    Sie blieb eine ganze Minute an der Straßenecke stehen und trat von einem Fuß auf den anderen. Schließlich hatte sie mit sich selber einen Kompromiss ausgehandelt, der besagte, dass sie Sam in Ruhe arbeiten lassen, ihn aber am Abend anrufen würde, um etwas mit ihm auszumachen. Zufrieden setzte sie ihren Weg zum Park fort, erneut voller Gedanken an Chilton.
    Als Janine sagte, Chilton habe, immerhin auf einer akademischen Konferenz, behauptet, alchemistisches Wirken sei wortwörtlich zu nehmen, war er gewiss nicht so weit gegangen,
die These aufzustellen, es sei möglich, Blei in Gold zu verwandeln, so wie Rumpelstilzchen an seinem Spinnrad. Bei der Vorstellung musste Connie lächeln. Nein. Er musste etwas anderes meinen. Aber was? Eine Substanz oder eine Idee? Wenn Manning Chilton vom Stein der Weisen sprach, was meinte er damit?
    Vor ihr erstreckte sich jetzt der Stadtpark, stellenweise kahl, die Erde aufgeplatzt und schimmernd von der Hitze. Connie entdeckte einen Baum, der mit seinen Ästen ausreichend Schatten zu spenden schien, und bückte sich, um einen Löwenzahn zu pflücken. Sie hielt sich die flaumig weiße Kugel unter ihre Oberlippe, schloss die Augen und dachte: Ich wünsche mir, dass sie mir beim Auktionshaus Sackett genau sagen können, was aus Deliverances Buch geworden ist, während sie kräftig pustete. Als sie die Augen wieder öffnete, sah die Pusteblume etwas löchrig und müde aus, doch der Stamm der Blüte hielt an den Samen fest, wollte nichts davon abgeben. Connie warf den angeknacksten Stängel beiseite und ließ ihre Tasche und dann sich selbst auf den Boden fallen.
    Dabei spürte sie etwas Dickes, Kantiges in der Gesäßtasche ihrer Jeans und griff hinein, um nachzuschauen, was sich da so unangenehm durch den Stoff drückte. Es war das Päckchen Karteikarten mit Rezepten, das sie am selben Morgen in Grannas Küche gefunden hatte. Connie lächelte voller Vorfreude, als sie sich Graces Gesicht vorstellte, wenn sie in Santa Fe einen Umschlag öffnete und die Handschrift Sophias entdeckte. Sie schob die oberste Karte ans hintere Ende des Stapels und blickte auf ein weiteres Rezept. Hühnerfrikassee,

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