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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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der Schatten ?«, fragte Connie. »Meine jüngsten Nachforschungen lassen darauf schließen, dass es sich bei dem Buch um eine Art Almanach handelt.« Sie zitterte, als sie das sagte, weil es ihr nicht leichtfiel, ihn zu korrigieren.
    »Ich habe selber einige Nachforschungen angestellt, mein Mädchen«, sagte er und beugte sich vor. »Und das Buch der Schatten ist ein zeitgenössischer Ausdruck für eine Sammlung von Rezepturen und Zaubersprüchen, die eine bestimmte Hexe als besonders wirksam erachtete. Oft wurde ein solches Buch vom Meister zum Lehrling weitergereicht. Sie können es auch Almanach nennen, wenn Sie möchten, doch ich bin davon überzeugt, dass wir es mit einem Buch der Schatten, einem Grimoire zu tun haben und sonst nichts. Doch wenn Sie das nicht wissen, dann gehe ich davon aus, dass Sie es noch nicht aufgespürt haben. Also sagen Sie mir doch bitte, wo wir stehen.« Er verknotete die Hände auf dem Tisch und schaute sie erwartungsvoll an.
    Ein Buch der Schatten? Connie schreckte vor dem anmaßenden Namen zurück. Sie fragte sich, wo genau er denn diese Nachforschungen angestellt hatte, und warum er überhaupt ihre Studien so interessiert verfolgte, wenn seine eigenen
in so prekärer Lage waren. Auf einmal machte sich ein seltsames Revierdenken in ihr breit, und sie empfand irrationalen Ärger darüber, dass er auf ihrem Gebiet tätig war, statt bei seinem zu bleiben. Rasch ging sie im Geiste die Einzelheiten durch, die sie bereits zusammengetragen hatte, und wählte diejenigen aus, die sie entbehren konnte, während sie beschloss, alles andere für sich zu behalten. Sie war nicht gewillt, ihm Zugang zur ganzen Bandbreite ihrer Überlegungen zu geben. Spielte sie damit nun ein doppeltes Spiel? Jedenfalls war sie fest entschlossen, vor ihrem Doktorvater zu verbergen, was genau sie vorhatte. Sie würde ihm von ihren Fortschritten bei der Suche nach dem Buch berichten, ihn jedoch über ihre Mutmaßungen, was seine Inhalte anbelangte, im Dunkeln lassen.
    »Ich habe herausgefunden, dass das Buch in den Siebzigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts aus dem Bestand des Salemer Athenäums veräußert wurde. Mein nächster Schritt wird es sein, die Archive des Auktionshauses aufzusuchen, die, wie man mir versichert, ziemlich vollständig sind.«
    »Sackett«, warf Chilton ein und klang eher gelangweilt.
    »Ja«, erwiderte Connie und hob überrascht die Augenbrauen. »Woher wissen Sie das?«
    »Mein liebes Mädchen, alle Bostoner Auktionen von gewisser Tragweite wurden im neunzehnten Jahrhundert von Sackett durchgeführt«, sagte er mit einem herablassenden Winken. Dabei fixierte er sie mit einem etwas entrückten Blick, in dem auch ein winziger Funke Überraschung darüber enthalten schien, dass ihr diese Tatsache nicht bereits bekannt gewesen war.
    Connie fuhr unbeirrt fort. »Die Bibliothekarin im Salemer Athenäum gab sich zuversichtlich, dass das Buch von einem Sammler erworben wurde und als solches damit eine nachvollziehbare Spur hinterlassen hätte, da es wahrscheinlich
von privater Hand weitergegeben wurde. Ich brauche einfach nur noch etwas mehr Zeit.«
    Chilton schniefte und griff dann nach der angenagten Pfeife im Aschenbecher. »Ein bisschen mehr Zeit«, wiederholte er mit kalter Stimme. Er nahm die Pfeife und tauchte ihren Kopf in einen Tabaksbeutel, den er aus der obersten Schreibtischschublade genommen hatte. Seine Hände vollführten diese Vorbereitungen ganz automatisch, ohne dass er Connie dabei auch nur einen Moment lang aus den Augen gelassen hätte. Der süße, leicht verbrannte Geruch der Tabaksmischung von dem Händler am Harvard Square stieg Connie in die Nase. Beiläufig fragte sie sich, ob das Pfeiferauchen etwa ein Überbleibsel aus Chiltons Doktorandentagen war, etwas, das er sich schon als junger Mann angeeignet hatte, um sich auf billige Art von anderen abzuheben. Sie versuchte, sich diesen jugendlichen Manning Chilton vorzustellen: das glatt zurückgestrichene Haar, die lässig geknotete Schleife, wie er den Glasdeckel einer breiten Dose mit Pfeifentabak öffnete. Doch etwas an der Vorstellung stimmte nicht, denn es wollte einfach nicht zu dem grimmigen Patrizier passen, der da vor ihr saß und sie mit solcher Missbilligung betrachtete.
    »Connie«, begann er, nachdem er einen langen Zug von seiner Pfeife genommen hatte. »Ich wollte es Ihnen eigentlich erst sagen, wenn Sie das Buch gefunden haben, aber jetzt merke ich, dass Sie offenbar einen etwas deutlicheren

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