Das Hexenkreuz
haltet… Ich habe mein Leben bisher auf einer Burg inmitten der
Abruzzen verbracht. Santo Stefano de Sessanio mag nicht der Mittelpunkt der
Welt sein und wir sind weitab von Klatsch und Gerüchten, die Euresgleichen
bewegen mögen. Doch für mich ist es der schönste Ort von allen, meine Heimat.“
„So hast du
deiner schönen Heimat den Rücken gekehrt, um einer ungeliebten Ehe zu
entfliehen. Ich fürchte bloß, es könnte umsonst gewesen sein.“
„Was soll
das heißen? Wenn Ihr etwas wisst, dann sprecht! Und hört endlich auf mich zu
duzen.“
„Wie Ihr
meint. Leider gehört der Herzog von Pescara nicht zu der Sorte Mann, der sich
leicht von seinen Vorhaben abbringen lässt. Es ging bereits das Gerücht, dass
er beabsichtigt, sich ein drittes Mal zu vermählen. Wenn Ihr die Braut seid,
die er sich erwählt hat, dann wird er alles in seiner Macht stehende einsetzen,
um Eurer habhaft zu werden.“
Emilia hatte
nur eines herausgehört. „Zum dritten Mal schon?“, stotterte sie verstört. „Aber
wie alt ist er denn?“
„Keine Angst.
Nicht so alt. Er ist jünger als ich selbst.“ Ferrante schenkte ihr ein
männliches Lächeln und reckte sich unbewusst, als wollte er ihr seine eigene,
unverbrauchte Kraft vor Augen führen. Aber Emilia interessierte nur die Antwort
auf ihre nächste Frage: „Was ist mit den beiden anderen Frauen geschehen? Was wisst
Ihr darüber?“
„Soweit
bekannt wurde, sind beide im Kindbett gestorben. Das letzte Mal ist kein Jahr
her. Der Herzog hat bisher keine legitimen Kinder. Er trachtet nach einem
Erben.“
„Ich
verstehe. Das soll heißen, er hat zwar keine legitimen Kinder, dafür aber hat
er seine Umgebung mit Bastarden versorgt. Die nächste Ehefrau soll es ihm
richten und einen herzoglichen Erben produzieren. Wahrlich, ich verspüre nicht
die geringste Lust, mit seinen bäuerlichen Huren zu konkurrieren“, erboste sich
Emilia.
„Ganz davon
abgesehen, dabei im Kindbett zu sterben“, ergänzte Ferrante.
Emilia sah
ihn scharf an. Diese Möglichkeit hatte sie in ihrem Bewusstsein vollkommen
ausgeklammert. Den Gedanken, dass eine Geburt sie bis in den Tod schwächen
könnte, empfand sie beinahe als absurd. Wie eine Bauerstochter auf dem Land
aufgewachsen, hatte sie im Laufe der Jahre eine Vielzahl von Tiergeburten
erlebt. Von Serafina wusste sie, dass der Geburtsvorgang bei einem Menschen
ähnlich vor sich ging. Es ängstigte sie nicht. Sie fürchtete sich nur vor
einem: zu heiraten und ihre Freiheit zu verlieren.
Die Stute
hatte sich ihnen inzwischen angenähert und stupste den Zigeuner an. Mechanisch
wehrte er sie ab. Die nervöse Bewegung, mit der er sich durch seine dichten
Locken fuhr, zeugte von seiner Anspannung. Die Geste verriet Emilia, dass
Ferrante noch etwas vor ihr zurückhielt. Er schien mit sich zu hadern, wie weit
er in die Angelegenheiten des Herzogs hineingezogen werden wollte.
Emilia fand,
dass sie ein Anrecht darauf hatte, die volle Wahrheit zu erfahren: „Was gibt es
noch, dass ich über den Herzog wissen sollte - außer dass er sich nimmt, was er
will und er einen hohen Verschleiß an Ehefrauen hat?“
Das, was
Ferrante ihr daraufhin enthüllte, schockierte die junge Frau weniger, als er
angenommen hatte. Mit gesenkter Stimme, als fürchtete er, jemand anderes als
Emilia könnte seinen Worten lauschen, verkündete er: „Es heißt, dass die Mutter
des Herzogs äußerst bewandert in den schwarzen Künsten ist. Sie soll sich
magischer Rituale bedienen, mit denen sie ihre Gegner verflucht und sie
qualvoll sterben lässt. Alle wissen Bescheid, aber alle haben Angst. Sie ist zu
mächtig. Ihr Sohn, der Herzog soll ihr hörig sein und alles tun, was sie ihm
befiehlt.“
Emilia
beeindruckten seine Worte tatsächlich nicht besonders.
Durch ihre
Nähe zu Serafina konnte sie der Hexerei keinerlei satanische Bedeutung
abgewinnen. Für sie war es die Lehre, die weise Frauen anwandten, um andere
Menschen zu heilen. All das Böse, das man den weisen Frauen nachsagte, waren
nichts weiter als die Verleumdungen eines Klerus, der sich vor Frauen
fürchtete, deren Wissen älter und größer war als das Ihrige. Sie zuckte daher
mit den Schultern und merkte an: „Nun ja, sehr weit her scheint es mit den
Künsten dieser angeblichen Hexe nicht zu sein. Immerhin konnte sie nicht
verhindern, dass die beiden ersten Frauen ihres Sohnes mitsamt dem Kinde bei
der Geburt gestorben sind.“
Ferrante,
der damit gerechnet hatte, sie mit seinen Informationen zu
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