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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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sie
zufrieden.
    Serafina
hatte noch mehr auf dem Herzen. „Emilia, noch etwas. Du solltest vermeiden in
Gegenwart anderer Menschen aus vollem Hals zu lachen“, ermahnte sie Serafina.
    „Was stimmt
denn nicht mit meinem Lachen?“, wunderte sich Emilia.
    „Du wirfst
dabei den Hals zurück und gibst deine ungeschützte Kehle preis“, antwortete
Serafina bestimmt.
    „Aha. Steht
da etwa mit großen Buchstaben: Seht her, ich bin eine Frau?“ Emilia
unterdrückte ein Kichern.
    „Beinahe.
Die Zartheit der Kehle der Frau verlockt seit jeher den Mann. Für ihn ist es
das geheime Eingeständnis der Frau, sich mit ihm paaren zu wollen“, erwiderte
Serafina ernst. „Da wir schon einmal bei weiblichen Signalen sind… Du solltest
unbedingt auch auf deinen Gang achten, Emilia.“
    „Ach, und
was passt dir bitte an meinem Gang nicht?“ Emilias Gesicht hatte sich leicht
gerötet und sie wirkte nun doch etwas pikiert.
    „Leider, er
wirkt allzu weiblich“, schoss Serafina zurück. „Du wiegst dich in den Hüften.
Kein Mann würde jemals so schreiten. Ich weiß, es ist nicht einfach, seinen
Schritt zu ändern; der Gang eines Menschen ist seine unverkennbare
Charakteristik. Sieh her, versuch es wie ich zu machen.“ Serafina hakte ihre
Finger in die Hose und stakste breitbeinig umher. Es sah sehr komisch aus.
Emilia stemmte die Hände in die Hüften, warf den Kopf zurück und brach in
lautes Gelächter aus. Nun war es an Serafina, pikiert zu reagieren. „Genau das
meine ich! Sieh dich an. Du lachst aus vollem Halse! Kein Mensch würde sich je
von dir täuschen lassen. Du bist dir dessen nicht bewusst, aber du bist eine
wahre Tochter Evas, mit allen natürlichen Verführungskünsten ausgestattet.“
    „Ist ja gut,
liebste Freundin“, lenkte Emilia glucksend ein. „Ich werde mich also bemühen
und das Weib in mir unterdrücken. Du kannst mich jederzeit kneifen, wenn ich
anfangen sollte, meine unbewussten Verführungskünste anzuwenden. Obwohl…“
Emilia ließ sich auf einem morschen Baumstumpf sinken. Sie wirkte mit einem Mal
so geknickt wie ihre Feder.
    „Was ist
denn, Emilia?“
    „Mich
erschreckt die darin enthaltene Ironie, weißt du? Mein ganzes Leben habe ich
danach getrachtet, ein Junge zu sein. Ich war stolz darauf, mich mit ihnen in
ihren ureigenen Domänen messen zu können. Nun eröffnet mir meine beste
Freundin, dass ich mich urweiblich verhalte. Das ist starker Tobak, den ich
verdauen muss.“ Emilia wirkte jetzt beinahe niedergeschmettert.
    Serafina gab
sich gar nicht erst die Mühe, ihren Anflug von Heiterkeit zu unterdrücken. „Ich
hatte eher den Eindruck gewonnen, dass du den sinnlichen Genüssen, die sich
Mann und Frau spenden können, durchaus nicht abgeneigt scheinst.
    „Natürlich,
Ferrante. War ja klar, dass du ihn mir um die Ohren schlägst.“ Emilia hob ihren
Kopf. „Seltsam. Ich habe gar nicht mehr an Ferrante gedacht. Das Abenteuer mit
ihm scheint mir schon weit entrückt zu sein. Und doch war ich ihm für einen
Augenblick sehr nahe. Warum ist das so?“
    „Gräm dich
nicht darüber. Wir haben viel erlebt. Alles verändert sich. Ferrante ist ein
geheimnisumwitterter Zigeunerfürst und der erste Mann, dem du außerhalb unseres
Dorfes begegnet bist. Kein Wunder, dass du für eine Weile seiner Faszination
erlegen bist. Darüber hinaus hat er uns gerettet. Das schafft eine Verbindung.
Doch Ferrante bleibt eine kleine Episode auf deinem Weg. Er wusste das und du
wusstest es auch. Komm jetzt“, Serafina reichte ihr die Hand, „Wir sollten hier
nicht länger verweilen. Lass uns in den Ort gehen und Filippos Bruder finden.“
    Am
Dorfeingang trafen sie auf ein schwarz gewandetes Mütterchen. Sie hockte vor
ihrem windschiefen Häuschen in der Sonne, balancierte einen Teller auf ihren
Knien und verlas mit zittrigen Händen Linsen. Sie wirkte kaum weniger
verwittert als die steinerne Bank, auf der sie saß. Sie grüßten sie und
erkundigten sich bei ihr nach dem Haus von Marcello Rocca. Mit einem
geschwärzten Daumennagel deutete sie auf ein schmuckes Natursteinhäuschen am
anderen Ende des Dorfes. „Das Haus da, das mit den vielen Blumen.“ Letzteres
erwähnte sie in missbilligendem Ton, so als hielte sie Pflanzen, die nicht der
unmittelbaren Nahrungsmittelgewinnung dienten, für reine Zeitverschwendung.
    Besagtes
Haus wurde von einer ausladenden Eiche beschirmt. Der kleine Garten trumpfte
tatsächlich mit einer Vielfalt an Frühlingsblumen auf. Sie lagen im leuchtenden
Wettstreit

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