Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
›Mezze-Teller‹. Das ist eine bulgarische Spezialität.«
»Das ist griechisch.«
»Und bulgarisch.«
»Als ob du was davon verstehst.« Düster starrt er in die Karte, dann klappt er sie zu. »Ich glaub, ich hau mich lieber hin.«
»Willst du denn nichts essen?«
»Ich bestell mir was aufs Zimmer. Wir sehen uns morgen früh.«
»Schlaf gut!«, rufe ich ihm hinterher, aber er nickt nur finster über seine Schulter hinweg.
»Armer Kerl«, sagt Lorcan, als Richard weg ist. »Er liebt sie wirklich.«
»Ich glaub schon.«
»So ein Gedicht schreibt man nur, wenn man so verliebt ist, dass der normale Intellekt vorübergehend aussetzt.«
»›Mehr als einen Złoty‹«, zitiere ich und muss lachen. »Złoty?«
»›Auf deinem Potti‹ war besser.« Lorcan zieht die Augenbrauen hoch. »Noah, aus dir wird eines Tages bestimmt mal ein berühmter Dichter.«
Noah hüpft los, um noch mal in den Pool zu springen, und wir beide beobachten ihn eine Weile, wie er da so herumspritzt.
»Netter Junge«, sagt Lorcan. »Aufgeweckt. Ausgeglichen.«
»Danke.« Unwillkürlich bringt mich dieses Kompliment zum Lächeln. Noah ist wirklich ein aufgewecktes Kind. Nur mit dem »ausgeglichen« bin ich mir nicht so sicher. Prahlen ausgeglichene Kinder mit erfundenen Herztransplantationen?
»Er scheint glücklich zu sein.« Lorcan nimmt eine Handvoll Erdnüsse. »Habt ihr euch gütlich über das Sorgerecht geeinigt?«
Bei dem Wort Sorgerecht springt mein inneres Radar an. Ich kriege sofort Herzklopfen und bin kampfbereit. Adrenalin flutet meine Adern. Nervös fummle ich an meinem Memorystick herum. Ich habe einen ganzen Schwung von Hasstiraden parat. Lange, fundierte, scharfe Hasstiraden. Außerdem möchte ich jemandem eine reinhauen.
»Denn bei einigen meiner Freunde gab es entsetzlich Streit um das Sorgerecht«, fügt Lorcan hinzu.
»Ja.« Ich versuche, Haltung zu wahren. »Okay. Kann ich mir vorstellen.«
Entsetzlich? möchte ich schreien. Soll ich dir mal was Entsetzliches erzählen?
Doch gleichzeitig klingen mir Barnabys Worte in den Ohren wie das Läuten einer Alarmglocke. Du hast gesagt, du wolltest auf keinen Fall bitter werden.
»Aber für dich war es nicht so schlimm?«, fragt Lorcan.
»Ganz und gar nicht.« Irgendwie bringe ich ein gelassenes Lächeln zustande. »Eigentlich ging es ganz einfach und unproblematisch. Und schnell«, füge ich noch hinzu. »Sehr schnell.«
»Du hast Glück.«
»Großes Glück.« Ich nicke. »Großes, großes Glück!«
»Und du verstehst dich mit deinem Ex gut?«
»Wir sind so …« Ich kreuze die Finger.
»Du bist unglaublich!«, sagt Lorcan bewundernd. »Bist du sicher, dass du nicht mehr mit ihm verheiratet sein möchtest?«
»Ich bin superfroh, dass er sein Glück bei einer anderen Frau gefunden hat.« Ich lächle immer süßlicher. Mein Talent zur Lüge beunruhigt mich selbst. Im Grunde sage ich genau das Gegenteil von der Wahrheit. Fast wie ein Spiel.
»Und verstehst du dich mit seiner neuen Partnerin?«
»Super!«
»Und Noah?«
»Wir sind wie eine große, glückliche Familie!«
»Möchtest du noch was trinken?«
»Nein, auf keinen Fall!« Da fällt mir ein, dass Lorcan gar nichts davon weiß, dass wir ein Spiel spielen. »Liebend gern, wollte ich sagen …«
Als Lorcan einen Kellner ruft, knabbere ich Nüsse und versuche, mir noch ein paar Lügen im Zusammenhang mit meiner Scheidung einfallen zu lassen. Doch schon während ich so überlege – Wir spielen alle zusammen Tennis! Daniel nennt sein neues Baby nach mir! –, fängt es in meinem Kopf an zu summen. Immer hektischer spielen meine Finger am Memorystick herum. Ich mag dieses Spiel nicht mehr. Die gute Fee in mir verliert ihr Leuchten. Die böse Fee drängt sich dazwischen und will das Sagen haben.
»Dann muss dein Exmann ja ein toller Typ sein«, sagt Lorcan, nachdem er unsere Bestellung aufgegeben hat. »Wenn ihr zwei eine so besondere Beziehung zueinander habt.«
»Er ist ein Schatz!« Ich nicke mit zusammengebissenen Zähnen.
»Muss wohl.«
»Er ist so warmherzig und aufmerksam!« Ich balle die Fäuste unterm Tisch. »Er ist so ein charismatischer, charmanter, selbstloser, hilfsbereiter …« Ich komme ins Stocken. Ich keuche. Da tanzen allen Ernstes Sterne vor meinen Augen. Daniel zu loben tut mir nicht gut. Ich kann das nicht mehr. »Er ist ein … ein … ein …« Es kommt wie ein Niesen. Es muss raus. »Scheißkerl.«
Danach entsteht eine kurze Pause. Ich sehe, dass ein paar Männer an
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