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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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als er durch eine Stimme aus seinen Gedanken gerissen wurde.
    »Wer sind Sie?«
    Er drehte sich um.
    Vor ihm stand, in Morgenrock und Pantoffeln, eine junge, hübsche, aber vom Leben bereits gezeichnete Latina mit einem Säugling auf dem Arm.
    »Polizei.« Er zeigte ihr seine Marke.
    »Wenn Sie Chris suchen, der ist weg.«
    »Was meinen Sie, wann er wiederkommt?«
    »Er ist ausgezogen. Vor ein paar Tagen. Hätte mir gleich denken können, daß da was faul ist, als er seine Maschine verkauft hat. Mann, was war der vernarrt in das Ding, hat die ganze Zeit dran rumgebastelt. Aber dann brauchte er unbedingt schnell Geld. Er hat mir die Miete für den letzten Monat bezahlt, deshalb kann’s mir egal sein, ob er weg ist. Ich bin hier die Verwalterin.«
    »Hat er eine Adresse hinterlassen?«
    »Bei mir nicht. Momentchen. Halten Sie mal.«
    Sie drückte ihm das Baby, einen etwa sechs Monate alten schwarzäugigen, zahnlosen Jungen, in den Arm. Decker lächelte den Kleinen an, woraufhin dieser ihm auf die Jacke sabberte.
    Normalerweise hätte ihm das Gewicht nichts ausgemacht, aber mit dem schlimmen Arm konnte er es kaum aushalten. Zum Glück war die Frau nach ein paar Minuten wieder zurück und nahm ihm das Kind ab. Sie holte einen Schlüsselbund heraus und schloß die Tür auf.
    »Kommen Sie mit.«
    Decker ging hinein. In der ganzen Wohnung war kein einziger persönlicher Gegenstand mehr zu finden.
    »Sehen Sie, hier«, sagte die Frau, während sie den Vorhang zur Kleiderkammer aufzog. »Seine ganzen Sachen sind weg.«
    »Haben Sie den Scheck für die Miete noch?«
    »Ist schon eingezahlt.«
    »Irgendeine Ahnung, wo Truscott jetzt stecken könnte?«
    »Keinen blassen Schimmer.« Sie fuhr mit dem Finger über die staubige Arbeitsplatte in der Küche. »Ich muß den Saustall endlich mal aufräumen. Für die Wohnung kann ich vierhundertfünfzig im Monat kriegen, weil sie so nah am Strand ist.«
    Decker nickte.
    »Hätten Sie was dagegen, wenn ich mich ein bißchen umsehe?«
    »Von mir aus. Aber ich bleibe solange da.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Soll mir recht sein.«
    Er öffnete leere Schubladen, durchsuchte leere Schränke und Fächer und blätterte in Werbeprospekten.
    »Zu welchem Postamt gehören Sie?«
    »Zur Hauptpost am Venice Boulevard.«
    Er nahm den Telefonhörer ab und war überrascht, als er ein Freizeichen hörte.
    »Der Anschluß geht ja noch.«
    »Morgen kommt einer den Apparat abholen.«
    »Könnte ich vielleicht mal telefonieren? Ich möchte bei der Post nachfragen, ob er einen Nachsendeantrag gestellt hat.«
    »Bedienen Sie sich.«
    Der Anruf ergab, daß Truscott, was die Post anging, überhaupt nicht umgezogen war. Als nächstes rief Decker bei der Kfz-Zulassungsstelle an und ließ die Ummeldungen überprüfen. Auch dort war von einer Adressenänderung nichts bekannt.
    »Kein Glück, was?« sagte die junge Frau, nachdem er aufgelegt hatte.
    »Nein. Haben Sie eine Ahnung, warum er weg ist?«
    »Wollen Sie meine persönliche Meinung wissen?« Sie beugte sich dicht zu ihm. »Ich glaube, es war wegen seiner Freundin. Sie ist tot.«
    Decker zog die Augenbrauen in die Höhe.
    »Was haben Sie sonst noch läuten hören?«
    Sie runzelte die Stirn. »Reicht das denn nicht?«
    »Haben Sie seine Freundin je gesehen, Mrs …?«
    Die Frau kniff die Augen zusammen. »Lassen Sie mich doch noch mal einen Blick auf Ihre Marke werfen.«
    Er zeigte sie ihr und gab ihr außerdem seine Karte.
    »Sergeant, hm?« Sie gab ihm die Marke zurück. »Ich heiße Alma Sanchez. Ja, ich kannte sie. Schien ein wirklich nettes Mädchen zu sein. Sehr hübsch – für eine Anglo.«
    »Hat er sie oft mit hergebracht?«
    »Ich schnüffle nicht in anderer Leute Angelegenheiten rum, aber ich habe sie vielleicht ein halbes Dutzend Mal hier gesehen.«
    »Hat er viele Freunde?«
    »Chris? Das soll wohl ein Witz sein. Er war ein richtiger Einzelgänger. Hat sich immer hinter seinem Fotoapparat versteckt, wenn Sie wissen, was ich meine. Aber er hat wirklich ein paar gute Bilder von dem Mädchen gemacht. Nicht mal die Nacktaufnahmen waren schweinisch.«
    Nacktaufnahmen.
    »Er wollte sie im Playboy als Bunny des Monats unterbringen, hat er mir mal verraten. Genau wie in dem Film mit Dorothy Hemingway, wo der Freund das Mädchen zum Schluß umbringt …« Plötzlich sprühten ihre Augen. »Sie ist doch auch umgebracht worden, was?«
    Decker schob die letzte leere Schublade wieder zu.
    »An welchem Tag kommt bei Ihnen die Müllabfuhr?«
    »Morgen.

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