Das Hotel
Oberschenkel. Florence drehte die Klinge, damit sie die größte Arterie des Körpers, die im Oberschenkel steckte, verletzte. Triage im Kampfeinsatz in Vietnam hatte sie gelehrt, wie rasch eine solche Verletzung mit dem Tod endete.
Doch Warren stieß sie beiseite, als ob sie nicht mehr als eine lästige Fliege wäre. Florence sprang in dieselbe Richtung, um dem Schlag die Wucht zu nehmen. Dann wandte sie sich ihm auf allen vieren zu, das Messer noch immer in der Hand, und wartete, dass er zu Boden sackte.
Aber das tat er nicht. Sein Bein blutete, allerdings längst nicht so schlimm, wie sie erhofft hatte. Sein Oberschenkel ist so dick, dass ich die Arterie nicht getroffen habe.
» Du hast Warren wehgetan«, sagte Warren.
» Und das werde ich wieder tun. Es sei denn, Warren lässt mich in Frieden.«
Florence blickte sich rasch um. Die Flucht war möglich, doch Warren würde ihr garantiert folgen und andere auf sie aufmerksam machen.
Ich handle in Selbstverteidigung , betete Florence sich vor. Ich töte ihn nicht mutwillig.
Dennoch wusste Florence, dass Warren sterben musste, wenn sie Letti und Kelly finden wollte.
Komischerweise hatte sie keinerlei Problem damit.
» Wie viele Brüder hast du, Warren?«
Warren stapfte zur Kommode, ergriff ein Päckchen, riss es auf und streute das weiße Pulver auf seine Stirn und die Wunde an seinem Bein. Das Bluten hörte sofort auf.
Das GerinnFix, von dem der Sheriff gesprochen hatte.
» Warren hat viele Brüder.«
» Wie viel ist viele?«
Er drehte sich zu ihr um. » Viele.«
» Deine Brüder haben meine Tochter und meine Enkelin. Ich muss wissen, wo sie sind.«
Warren kam ihr einen Schritt näher und streckte die Arme aus. » Im Sklavenkeller. Da werden sie stecken.«
» Warren, wenn du dich wieder hinlegst und mir versprichst, niemandem etwas zu erzählen, werde ich dich nicht umbringen.«
Warren stieß ein tiefes, kehliges Geräusch aus, das Florence als Lachen deutete.
» Warren ist groß und stark. Du schaffst es niemals, Warren umzubringen.«
Er schnappte mit den Händen nach ihr. Sie waren derart angeschwollen und entstellt, dass sie weniger an Hände als an mit Würstchen dekorierte Ballons erinnerten. Florence wich ihm elegant aus, ergriff einen seiner Finger und versenkte die Klinge des Messers tief in seinem Handgelenk.
Das Blut spritzte aus Warren wie aus einem voll aufgedrehten Sprinkler. Der Riese schrie auf und drehte sich, um sich den Blutstiller zu schnappen. Florence änderte den Griff, stach das Messer mit voller Wucht durch seinen deformierten Fuß in den Boden, sodass er feststeckte, und ging dann außer Reichweite.
Warren versuchte, das Messer zu greifen, aber sein Bauch war so aufgebläht, dass er sich nicht tief genug bücken konnte. Es dauerte keine Minute, bis er verblutet war, und Florence war von ihrer Teilnahmslosigkeit angesichts des Leidens des Riesen überrascht.
Dann stolperte sie ins Badezimmer und übergab sich so lange, bis ihr Magen leer war.
Gut. Eine Sekunde lang hatte ich gefürchtet, dass ich nicht mehr menschlich bin.
Sie zog, immer noch unter leichter Übelkeit, das Messer aus dem Boden, schlich aus dem Zimmer in den Flur und fand sich einen knappen Meter vor einem Mann ohne Arme wieder. Sie erinnerte sich an Eleanors Worte:
» Es wird behauptet, dass ein Sklave beim fünften Fall beide Arme verlor, indem sämtliche Sehnen und Muskeln rissen. Er soll nachts den Flur auf und ab gehen und nach ihnen suchen.«
Das hier war weder ein Geist noch ein Sklave, sondern einer von Eleanors verdammter Brut. Obwohl er keine Arme hatte, besaß er Hände. Unterentwickelte Händchen, die an den Schultern zu kleben schienen.
Breitbeinig stakste er auf sie zu, und sein Mund schien viel zu klein für die zahllosen Zähne, die in alle Richtungen aus seinen Lippen hervorquollen.
» Stehen bleiben!«, rief Florence.
Wie zuvor Warren hörte er nicht auf sie, sondern wurde schneller und stieß gegen ihre Brust, sodass Florence nach hinten geschleudert wurde. Er trat mit einem seiner dreckigen Füße auf ihr Handgelenk und benutzte die Zehen, um ihr das Messer aus der Hand zu reißen.
Florence formte die freie Hand zu einer Faust und schlug ihn mitten zwischen die Beine. Er grunzte, beugte sich vornüber und erlaubte Florence dadurch direkten Zugang zu seiner Kehle. Sie hob das Messer.
Sein Lebenssaft strömte wie warmer, klebriger Regen.
Sie befreite sich von ihm, als sie einen dumpfen Schlag vernahm. Florence kroch zum Geländer
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