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Das Hundehotel

Das Hundehotel

Titel: Das Hundehotel
Autoren: Diane Cooper
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Geranien auf der breiten Fensterbank in den Raum warf. Ich sah immer zuerst nach Rover, wenn ich morgens hinunterging, halb ängstlich, halb erwartungsvoll, doch aufs Unvermeidliche gefaßt. Sein Atem war immer flach, seine Reaktionen waren immer sehr langsam. Jetzt kniete ich neben der Kiste hin und fuhr mit der Hand automatisch den Innenrand entlang, um mich zu vergewissern, daß das alte Kissen unter der Decke nicht verrutscht war und seinen müden alten Körper vor den harten Brettern schützte. Und während ich das tat, wußte ich, daß er im Sterben lag. Sein Fell fühlte sich schrecklich strohig an, kein Muskelzucken zeigte, daß die Nervenreflexe noch funktionierten. Vor vielen Jahren hatte ich einmal die Hand meiner Mutter gehalten und zu meinem Schrecken gemerkt, daß ihr Leben zu Ende ging, obgleich sie bis zu jenem Augenblick für mich nur schwerkrank gewesen war.
    Rover lag friedlich da und schien gern hinüberzugehen. Tränen liefen mir die Nase hinunter und tropften wie Weihwasser auf das schüttere Fell, den traurigen, dünn behaarten Kopf. Er bewegte sich ganz kurz. Sein Blick traf den meinen und flehte um Verständnis, daß er sich aufgemacht hatte, seinen Herrn wiederzusehen.
    Es hatte keinen Sinn, Hetty anzurufen. Selbst wenn sie etwas tun könnte, um ihn noch ein bißchen am Leben zu halten, wäre es nicht das, was er sich wünschte. Zu lange hatte er auf das Wiedersehen gewartet, zu lange hatte er die Tür beobachtet und gehofft, der Colonel werde sie öffnen und ihn abholen. Jetzt wußte er, daß die Situation umgekehrt war und daß der Colonel vielleicht irgendwo am goldenen Tor stand und darauf wartete, daß sein alter Kamerad zu ihm kam. Rover wußte, daß der Colonel tot war, da war ich ganz sicher. Er konnte die Wache endlich beenden.
    Es war warm und still. Ich saß zwei Stunden da und streichelte ihn zärtlich, fühlte den Puls flackern wie die letzten Flammen auf dem Rost, wenn alle ins Bett gegangen sind, um zu schlafen, und dann erlosch er. Ein leises Seufzen, und Rover war nicht mehr.
    Ich breitete eine Decke über die Kiste, aber ich blieb noch in einem eigenartigen Zustand der Selbsthypnose am warmen Heizkessel sitzen, irgendwo zwischen der Wirklichkeit und dem anderen dahinter. Alles war still, und nur einmal, vor ein paar Minuten, hatte sich etwas bewegt. Kurz bevor Rover starb, hatte die Hintertür leicht gezittert, als habe eine frühe morgendliche Brise daran gedrückt - oder als sei jemand dagewesen und habe hereinkommen wollen.
    Erst später, als ich mich zwang aufzustehen und auf die Veranda trat, wo ich in meinem dünnen Morgenmantel fröstelte, während das Licht des Morgengrauens die feinen Dunstschleier ringsum zerstach, wurde mir bewußt, daß kein Wind wehte, keine Brise, nicht das kleinste Lüftchen. Und wenn es vorhin geweht haben sollte, hätten sich die losen Fensterladen ebenfalls bewegt, und die Bäume draußen auch - nicht nur die Hintertür, die so lange der Angelpunkt im Leben des alten Hundes gewesen war.
    Es hatte keinen Zweck, wieder ins Bett zu gehen. Ich konnte es irgendwie nicht ertragen, Rover allein zu lassen, obgleich der irdische Teil von ihm gegangen war. Das Band zwischen uns war unglaublich stark gewesen. Ich war plötzlich so ruhig wie schon lange nicht mehr, viel weniger nervös und hektisch.
    Hetty kam vor dem Frühstück und holte ihn. Ich hatte lange darüber nachgedacht, ob ich ihn beerdigen solle, aber es wäre eine überflüssige, sogar affektierte Geste gewesen - jedenfalls von meiner Seite. Hetty fand das auch: «Ich habe nichts gegen irgend etwas, das an ihn erinnert, aber zuviel Brimborium ist morbide und lächerlich. Pflanz doch einfach etwas...» Also nahm ich eine Geranie aus einem der Töpfe, die bei seiner Kiste auf der Fensterbank standen, zog den abgestorbenen Busch aus dem Kübel an der Hintertür, tat frische Erde hinein und pflanzte die Geranie dort ein, mit Brunnenkresse zur Gesellschaft. Es war die falsche Jahreszeit zum Umpflanzen, und ich war sicher, daß sie es höchstens ein oder zwei Wochen machen würde, aber seltsamerweise hielt sie sich länger als die in dem Beet, aus dem sie gekommen war. Sie trug Samen und kam das nächste Jahr wieder.
    Als ich gerade Geschirr spülte, kamen vier Foxterrier. «Entschuldigung», sagte die vielgeprüfte Besitzerin, als einer unter ihr Auto sauste, ein zweiter zum Ententeich lief und die beiden anderen anfingen, sich um einen Ball in ihrem Gepäck zu raufen. «Mr. Grimble in Moth
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