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Das Hundehotel

Das Hundehotel

Titel: Das Hundehotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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mußt daran denken, deine Eroberungsversuche möglichst für die wirklich erschütternden Augenblicke im Leben aufzusparen.
    Nach kurzem Schweigen fragte er: «Es ist etwas passiert...?» Seine Augen waren besorgt, seine Stimme zärtlich. Freundlichkeit war ein längst verloren geglaubtes Gut. Als mir das aufging, stürzte ich in einen Abgrund von Selbstmitleid und brach in Tränen aus.
    «Erzählen Sie», sagte er. Es klang, als würde er alle Mühsal und Pein der Welt auf seine breiten Schultern nehmen. Noch in diesem Moment hoffend, daß meine Augen eher tränenumflort als geschwollen aussahen, schüttelte ich den Kopf und stammelte schluchzend: «Es hat keinen Sinn. Er ist tot. »
    Wieder Schweigen. Dann ließ er meine Hand los und legte einen Arm um mich, was nicht leicht war, weil wir immer noch ein gutes Stück voneinander entfernt saßen und uns beide zur Seite lehnten, so daß unsere rechte bzw. linke Schulter keinen näheren Kontakt hatten. Es war, als dirigiere eine prüde Tante den ersten Annäherungsversuch zweier Teenager. Menschliche Körper scheinen von der Taille aufwärts schlecht für diese Sache konstruiert zu sein. So viele Winkel, Vorsprünge, Ecken. Nasen behindern die einfachsten Küsse.
    Unsere Stellung war furchtbar unbequem. Ich rutschte ein wenig zur Seite und lächelte, um zu zeigen, daß es nur Selbsterhaltungstrieb war, und schluckte, um eine gewisse Atemnot zu überwinden. Leidenschaft hat ihre eigenen Strafen. Ich strich meine Haare zur Seite und fand in meiner Jeanstasche ein Papiertaschentuch.
    «Ich weiß nicht genau, wann es passiert ist», gestand ich. «Irgendwann in der letzten Stunde, schätze ich. Aber das spielt kaum eine Rolle. Es war wohl wirklich sein Alter und weil ihm der Colonel und die alte Dame so gefehlt haben. Er hatte nicht genug Zeit, mit mir warm zu werden, ehe seine Kräfte nachließen...» Ich hielt inne. Ross runzelte die Stirn.
    «Seine alte Dame?»
    «Ja. Sie ist seit einiger Zeit in einem Pflegeheim, und als der Colonel sie in Witterding besuchen fuhr, muß es wie der letzte Strohhalm gewesen sein, an den er sich klammerte. »
    Er sah noch verwirrter aus, murmelte aber: «Wie schrecklich für Sie...»
    «Das Schlimmste kommt erst noch. Wie, um Himmels willen, bringe ich es ihm nur bei?» Tränen begannen mir die Nase herunterzulaufen und fielen zwischen meine Füße, eine nach der anderen. Ich hoffte, er würde nicht denken, daß meine Nase tropfte.
    «Wem beibringen?»
    «Dem Colonel, wenn er kommt, ihn abzuholen. Vielleicht sollte ich besser herausfinden, wo er ist, und ihn anrufen. Ach nein, das ist nicht nötig, es würde nur alles noch schlimmer machen, wenn er noch dortbleiben muß, und...»
    Ross unterbrach mich. Seine Stirn hatte sich endlich geglättet: «Sie meinen, ein Hund ist gestorben?»
    «Natürlich, Rover... der, von dem ich Ihnen erzählt habe. Der in der Kiste, über die Sie in der Küche gestiegen sind. Ich habe ihn gefunden, als ich den Hörer aufgelegt hatte. Ich habe versucht, sein Herz zu massieren, habe ihn geschüttelt und Mund-zu-Mund-Beatmung gemacht und...»
    «Jesus!» rief er. «Ich dachte, Sie meinten Ihren Mann!»
    "Wir gingen ins Haus. Ich war wieder einigermaßen gefaßt. Ross war herrlich beruhigend gewesen, herrlich verständnisvoll, er hatte genau den freundlichen, gesunden Menschenverstand, den ich brauchte. Ich dachte, ich sollte Hetty anrufen und es ihr sagen: Rover war schließlich seit langer Zeit ihr Patient gewesen. Ross meinte, er würde mit mir jetzt hineingehen. Ich wußte, daß ihm klar war, wie sehr ich mich davor fürchtete, den zugedeckten Körper zu sehen. Hand in Hand betraten wir die Küche.
    Rover saß in seiner Kiste, und die Decke hing ihm wie ein Brautschleier vom Kopf.
    Ich rannte hin und nahm ihn in die Arme. «Vor einer halben Stunde war er tot», beteuerte ich. «Es muß die Beatmung gewesen sein. Es muß eine Spätzündung sein. Das heißt, es muß...» Ross lehnte an der Wand und lachte, bis ihm die Tränen in die Augen traten.
    Ich wurde knallrot. Ross kam näher und half mir hoch.
    Ich holte Wasser für Rover, der ein paar Schluck schlappte und sich, kaum merklich mit dem Schwanz wedelnd, wieder niedersetzte. Ich dachte an die Mundspülungen, das Gurgeln am Ausguß. Sie gehörten nicht zu den Dingen, von denen man spricht, wenn man gerade mit seinen eindrucksvollen Wiederbelebungskünsten angegeben hat. Man hechtet nicht ins Wasser und rettet einen Freund vorm Ertrinken und erzählt dann,

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