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Das Hundehotel

Das Hundehotel

Titel: Das Hundehotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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Fosters unschätzbare Ratschläge in die Praxis umzusetzen.
    Jumbo war so weit, daß er Kekse von mir annahm - von meiner Hand. Er erkannte mich an. Akzeptierte mich sogar. Meine besänftigenden Worte wurden immer flehender. Ich mußte seine Sympathie erringen, ehe er von Keksen genug hatte! Ich verzog leidend das Gesicht und versuchte es zunächst mit einem herzzerreißenden Schluchzen, einem langen Stöhnen und einem tränenfeuchten Schniefen. Nicht sehr überzeugend; eher wie hinter den Kulissen bei der Aufnahmeprüfung für die Königliche Schauspielakademie. Oder vielleicht nach der Prüfung, wenn die Ergebnisse bekanntgegeben werden?
    Die Ohren richteten sich auf, die Nase zuckte. Der kleine Kopf ruckte zur Seite. Ermutigt fuhr ich fort, Verzweiflung zu mimen.
    «Jumbo! Jumbo!» rief ich in dem Ton, den ich immer anschlage, wenn jemand den Soßenlöffel auf das frische Tischtuch fallen gelassen hat. «Du brichst mir das Herz und tust mir in der Seele weh! Warum tust du mir das an, Jumbo?» Ich erstickte ein Kichern. Ich wußte, er würde die leiseste Unaufrichtigkeit heraushören. Ich versuchte, an etwas sehr Ernstes zu denken, etwas, bei dem ich wirklich weinen mußte. Wie die Meinen oft sagen, bin ich die einzige Fernsehzuschauerin, die bei Werbespots für Scheuerpulver jeden Lebensmut verliert und anfängt zu heulen. Es war zu blöde, daß meine Augen jetzt, wo es darauf ankam, nicht feucht werden wollten. Es gelang mir einfach nicht, an etwas Tragisches zu denken. Ausgerechnet in diesem Moment schien mir, daß es überhaupt nichts gebe, was Tränen lohne. Verzweifelt dachte ich darüber nach, daß es doch irgendeine große Enttäuschung in meinem Leben geben müsse.
    Da waren ein oder zwei Kunden, die noch nicht bezahlt hatten, aber ich wußte schon seit längerem, wie man mit solchen Leuten umgehen muß. Wenn sie nicht beim Abholen zahlten, schickte ich zwei Rechnungen und schließlich eine Mahnung über den doppelten Betrag. Daraufhin bekam ich dann immer prompt einen Brief mit einem Scheck, und in dem Begleitbrief stand, dies sei die vereinbarte Summe, und sie dächten gar nicht daran, einen Penny mehr zu zahlen usw. usw. Eigentlich tat mir die Briefmarke leid, mit der ich meinen Entschuldigungsbrief frankieren mußte, aber er erhielt sie mir gewöhnlich als Kunden, wenn sie mich brauchten.
    Ich versuchte, auf andere Gedanken zu kommen, und ließ mir wieder einen dramatischen Monolog einfallen. «Jumbo, was hast du mir angetan? Was hast du mir Schreckliches angetan?» (Ja, was denn?) «Du liebst mich nicht, und mir bricht das Herz. Ich könnte mir was Lustigeres vorstellen!» Ich verdarb die ganze Therapie, weil ich lachte. Ich hätte nicht so pathetisch sein wollen, aber in schwierigen Fällen stellt sich oft Hysterie ein — nicht nur beim Patienten.
    Ich riß mich zusammen. Jumbo sah entschieden entsetzt aus. Kaum die Reaktion, die ich auslösen wollte. Ich fing noch mal von vorn an. Diesmal richtig ernst.
    «O Jumbo, Jumbo!» Das folgende sagte ich mit einem abgrundtiefen Gähnen: «Oooh, Jumbo. Was soll bloß aus uns werden? Hilf mir! Rette mich! Verlaß mich nicht, Jumbo!» Ich hob meine bebende Stimme: «Hab Mitleid mit mir, Jumbo!» Das viele Gähnen trieb mir Tränen in die Augen, und ich fing an, heftig zu schluchzen. Ich lehnte mich ans Tischbein, rutschte dabei auf dem harten Fußboden ein Stückchen weiter und ruckte mit der Schulter am Tischtuch. Eine Tasse mit kaltem Kaffee, die gefährlich nah am Rand gestanden hatte, rutschte herunter, und die braune Flüssigkeit durchnäßte meine Bluse. Aber ich ließ Jumbo nicht aus den Augen und meinte eine deutliche Reaktion wahrzunehmen - Interesse, gefolgt von Besorgnis. Ich war begeistert. Noch ein paar Schluchzer, und ich hatte es geschafft. Und all das verdankte ich Dr. Foster. Ich schöpfte Atem für eine letzte Anstrengung und bemühte mich gleichzeitig, das kalte Naß zu ignorieren, das mir in den Ausschnitt rann. «Ich liebe dich, Fernando, ich liebe dich!» rief ich wild und schmerzvoll und mobilisierte alle schauspielerischen Fähigkeiten, die in mir schlummern mochten. Henrik Ibsen hätte wohl kaum applaudiert und Laurence Olivier höchstens die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, aber dem Patienten schien es zu gefallen. Ich hätte am liebsten den Kopf an die Tischkante geknallt, als ich herzzerreißend schluchzte: «Jetzt bleibt mir nur noch ein Tod in Schande. » Ich heulte verzweifelt auf.
    Ben, der plötzlich hinter mir stand,

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