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Das Internat

Das Internat

Titel: Das Internat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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mittlerweile beantwortet, Mattie hatte allen Nachrichten hinterlassen. Allen außer Jameson.
    Bei dem bloßen Gedanken wurden ihre Wangen heiß. Warum war sie so neugierig auf ein paar Sätze von einem Mann, der ihr Leben so leicht zerstören könnte – ein Mann, der sie des Mordes beschuldigte? Wie einfach war das Leben noch gewesen, als jeder angenommen hatte, dass Mattie an keiner Beziehung zu einem Mann interessiert sei, und sie alle in dem Glauben gelassen hatte. Jameson Cross konnte genauso gut ihr Erzfeind wie ihr Liebhaber sein. Eine emotionale Verwicklung würde die Dinge nur komplizieren. Und trotzdem …
    Sie drückte die Wähltaste und gab den Code ein.
    "Mattie, hier spricht Jameson."
    Der Klang ihres Namens aus seinem Mund wirkte auf Mattie so warm und gehaltvoll wie hochprozentiger Alkohol. Ihr brannte die Kehle, als hätte sie Whiskey statt Wasser getrunken. Dann unterbrach eine Störung in der Leitung einige Sekunden lang die Verbindung – als Mattie Jamesons Nachricht wieder hörte, war etwas mit seiner wunderbaren Stimme passiert. Sie war kalt und hart geworden.
    "Ich weiß nicht, was du vorhast, Mattie, aber du hast achtundvierzig Stunden, um mir zu beweisen, dass du und deine Freundinnen keine kaltblütigen Mörderinnen seid. Eine überregionale Tageszeitung hat mich gebeten, eine Serie über den Fall meines Bruders zu schreiben. Sie warten auf den ersten Entwurf, und ich beabsichtige, alle Namen zu nennen. Jetzt liegt es an dir."
    Die Limousine verlangsamte das Tempo und Mattie sah verwirrt auf. In dem engen Raum fiel es ihr plötzlich schwer, zu atmen. Sie hatte keine Ahnung, was mit Jameson los war. Sie hatte ihm keine ausführliche Nachricht hinterlassen können. Ihr Ziel hatte Mattie nicht nennen können, ohne gleichzeitig Janes Privatsphäre zu verletzen. Das hier hatte ein Tagestrip werden sollen, Dulles und zurück.
    "Wir sind da, Ma'am", rief der Fahrer. "Welche Fluggesellschaft?"
    Mattie war hin- und hergerissen. Sie zweifelte nicht daran, dass Jameson seine Drohung wahr machen würde. Nur verstand sie nicht, warum er ihr überhaupt drohte. Vielleicht wäre es das Beste, direkt zurückzufliegen und ihn zur Rede zu stellen.
    Entschlossen wählte Mattie seine Nummer und war überrascht, als er ans Telefon ging. "Jameson, bist du es? Ich habe nicht viel Zeit, aber ich verstehe deine Nachricht nicht. Warum stellst du mir ein Ultimatum? Hallo? Bist du noch da?"
    "Wo bist du, Mattie?"
    "Ich bin am Flughafen. Jameson?"
    Mattie hörte den Fahrer rufen. "Ma'am? Die Fluggesellschaft?" Jamesons Stimme klang metallisch und schwach. Ein Summen in der Leitung zeigte an, dass das Telefon keine Verbindung mehr hatte. Mattie hatte Jameson verloren, und sie hatte keine Zeit mehr, um ihn zurückzurufen. Was sollte sie jetzt machen? Das war doch Wahnsinn. Sie musste dem Fahrer antworten. Mattie hatte das Gefühl, ein Risiko einzugehen, egal, was sie tat. Und die falsche Entscheidung wäre verhängnisvoll.
    Der Lärm in ihren Ohren nahm eine schmerzhafte Frequenz an. Das Rauschen übertönte alles, sogar die Stimme des Fahrers. Gegen die innere Lähmung ankämpfend, sammelte Mattie ihre Sachen zusammen. Ihre Glieder fühlten sich fremd an, als hingen sie nur an ihr, wie bei einer Marionette. Mit reiner Willenskraft bezwang Mattie den Lärm. Nachdem sie das Handy in der Tasche verstaut hatte und ihre Jacke in der Hand hielt, ließ der Geräuschpegel nach. Zwar konnte Mattie es noch hören. Doch der Lärm tobte nicht länger in ihr, sondern irgendwo anders, ganz weit weg, wo er sie nicht verletzen konnte. Nichts konnte sie verletzen.
    "Zum internationalen Terminal bitte", teilte sie dem Fahrer mit.
    Mit diesen Worten traf sie die Entscheidung, die ihr Leben veränderte. Nicht nach Westen, zurück nach San Francisco, zu Jameson und Tiburon, flog Mattie. Sie hatte ein Ticket nach Heathrow mit Anschluss nach Rom. Sie war auf dem Weg zur Amalfiküste, um sich mit David Grace zu treffen.
    Mattie hatte Angst, in den Abgrund zu sehen. Der silberne Bentley fuhr fast vertikal die Klippen hinauf. Ein Blick aus dem Fenster gab ihr das Gefühl, immer noch im Flugzeug zu sitzen. Einige hundert Meter unter ihr donnerte das Tyrrhenische Meer gegen die Klippen, die Straße war so schmal, dass Mattie sie neben dem Wagen nicht ausmachen konnte.
    Es war genauso beängstigend wie atemberaubend. Leider sprach der italienische Fahrer nur wenig Englisch. Deshalb musste Mattie sich auf Handzeichen beschränken, was ihn offenbar

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