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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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konnte. Jorge hatte die Lollipops und die russische Halva hergebracht. Isaac kam mit leeren Taschen. Die Guzmanns waren zu primitiv, die harten, aufreibenden Stunden orthodoxer Polizeiarbeit zu unterlaufen. Aber sie konnten sich an Spionen und Funkgeräten vorbeischleichen und sich für Geheimagenten mit ausgestopften Büstenhaltern unsichtbar machen.
    Immer noch schwer an den Guzmanns kauend geriet Isaac zwischen Mordecai und Philip, und die drei jüdischen Musketiere der Seward Park High School waren nach Verlauf von siebenundzwanzig Jahren wieder vereint. Sie gingen linkisch miteinander um. Mordecai knetete seinen Hut zwischen den Knöcheln. Philip zog an dem Band unter seiner handgemalten Krawatte. Isaac kratzte mit einem Fingernagel das Funkgerät in seinem Gürtel. Mordecai, immer in der Mitte, einen Tick weniger ernst als die beiden Genies, sprach als Erster.
    »Isaac, ein Kriminalbeamter sollte sich ein wenig mit dem menschlichen Körper auskennen. Die Ärzte erzählten uns Geschichten von einem abgetrennten Nerv. Glaubst du, dass Rupert jemals wieder reden kann?«
    »Mordecai«, sagte Philip, »ist Isaac ein Zauberer? Wie soll er das vorhersagen können?«
    »Würdige Isaacs Talente nicht herab, Philip. Isaac beherrscht Voraussagen meisterlich. Hat er nicht prophezeit, wo meine Tochter war? Er hat Honey aus der Gosse geholt – allerdings ist das schon einen Monat her. Und dir hat er deinen Sohn zurückgegeben. Was macht es denn aus, ob Rupert mit drei Stöcken laufen muss? Er ist am Leben.«
    »Mordecai«, sagte Philip, »es reicht.«
    Konnte Isaac bei alten Freunden den Chef rauskehren? »Es tut mir leid, Philip. Es war ein verrückter Zufall. Ich schwöre dir, dass mein Detective ihn nicht von der Feuerleiter geworfen hat.«
    Mordecai lachte Isaac ins Gesicht. »Coen? Der könnte nicht mal einen Säugling in eine Pfütze stoßen. Isaac, du hast bei der ganzen Sache deine Hand im Spiel gehabt. Du hast den Stoß von deinem miesen Präsidium aus gegeben.«
    Philip sagte: »Halt den Mund.«
    »Wieso? Hat er Ruperts Gesicht etwa nicht ans Anschlagbrett gehängt? Sie hätten ihn wie einen Hund auf der Straße abgeknallt. Isaac, ich verzeihe Rupert nicht, was er Sophie und anderen Leuten getan hat. Aber zwischen einem wahnsinnigen Jungen und einem Bullen mit Dreck in den Ohren besteht ein Unterschied.«
    Philip zerrte Mordecai am Ärmel. »Isaac, wir müssen gehen.«
    Sie schlurften den Korridor entlang; Mordecai taumelte gegen Philip. Isaac musste laut rufen. »Philip, ich rufe dich an – morgen.«
    Isaacs Schuhe gruben sich in das Linoleum des Bellevue. Er konnte jetzt nach unten zu seiner Mutter oder einen Stock höher zu Coen gehen. Seine Hosenaufschläge peitschten gegen die Wand, als sich Isaac für Blue Eyes und die Häftlingsabteilung entschied. Zu Sophie würde er sich am Nachmittag setzen. Jetzt brauchte er Coens Lächeln.
    Der Wächter salutierte vor Isaac. Freddy brachte dem Chef Ehrfurcht entgegen. »Isaac, hast du eine Tochter mit hellbraunen Haaren? Sie hat sich furchtbar aufgeführt, aber ich konnte sie nicht reinlassen. Das ist gegen die Vorschrift.«
    Selbst an einem Tag voller Guzmanns und Mordecais konnte sich Isaac noch den Ruck geben, einen Wächter zu beschwichtigen. »Das hast du gut gemacht, Fred.«
    Freddy ließ das Schloss für ihn aufklicken, und Isaac trat ein. Der Häftlingssaal war wie ausgebombt. Isaac hatte Kriegsgebiet betreten. Die Betten standen nach einer elend sinnlosen Anordnung herum. Unter einem lag ein Junkie; die Wände hatten gewaltige Risse und frische Schrammen; Isaac hätte seinen Ellbogen in den Putz stecken können. Coen war bei Stanley Chin.
    Isaac wurde nicht begrüßt. Sie starrten ihn aus der Ferne ihres seichten Schlafes an. Isaac verspürte den Drang, ihnen Staub aus den Augen zu pusten. »Was geht hier vor, Manfred?«
    Endlich lächelte Coen. Isaac erwartete mehr. Manfreds Wangen waren zu angespannt. Isaac wurde die Ursache klar: Der Junge war in Gedanken bei Marilyn.
    »Isaac, soll ich Tee und Gebäck holen lassen?«
    »Kein Gebäck«, sagte Isaac. »Wo ist das Damebrett?«
    »Wir haben hier nur Schachspieler«, zischte Stanley den Chef an.
    Isaac runzelte die Stirn. Wenn er mit Coen Bauern gezogen hätte, hätte es ihn an Feuerleitern und einen gewissen schwarzen Läufer erinnert. Er bemerkte die holprige Tischtennisplatte und die gelben Bälle. Er wollte Blue Eyes vor Stanley Chin herausfordern, Coen in Coens Spiel schlagen. Doch die beiden schläfrigen

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