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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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treu gewesen. Monat für Monat hat sie aus dem Fenster geschaut.«
    »Myron«, sagte Isaac mit einem Finger im Hemd des Kellners. »Ohne das Mädchen wärt ihr bankrott. Die Blintzen wären spröde, wenn sie das Weite gesucht hätte. Jetzt sag mir schon, wo Ida ist.«
    »Zu Hause«, sagte der Kellner. »Sie richtet ihre Brautausstattung her.«
    »Was für eine Brautausstattung?«, fragte Isaac mit verzogenen Lippen.
    »Sie hat gerade einen Freier. Er ist hier … im Restaurant.«
    Myron deutete auf einen Mann mit Plastik auf den Ärmeln, der mit spitzen Fingern Champignons aß.
    »Das ist Luxenberg … unser Buchhalter.«
    Isaac ging über die Straße und klopfte an Idas Tür. Sie schluckte schwer, als sie den Chef erkannte. Ida war nicht böswillig. Sie bot dem Bullen, der sie im Stich gelassen hatte, Tee und Biskuits an. Sie wollte das Ereignis nicht durch schrilles Kreischen verderben. Wie oft kehrt ein Mann von den Toten zurück?
    »Isaac, glaub mir, was sind schon neun Monate unter Freunden? Aber hättest du mir nicht eine Postkarte aus der Bronx schicken können?«
    »Dienstliche Angelegenheiten«, sagte Isaac mit Biskuitteig im Mund. »Meine eigene Tochter hat nichts davon gewusst, Ida. Mich hat es ganz schön erwischt. Die Guzmanns haben mich in kalte Schokolade getunkt. Sie haben mir Spinnen ins Haar gesetzt. Sie haben mir einen Wurm gemacht.«
    »Isaac, wer sind diese Guzmanns, dass sie so eklige Dinge tun?«
    Ida sah zu, wie er Honig vom Löffelrand schleckte. Die Guzmanns, wer sie auch sein mochten, hatten ihn seiner Gewohnheiten nicht
    beraubt. Der Chef liebte es, nach Honig zu schnüffeln. »Ich bin verlobt, Isaac.«
    »Das hat man mir im Restaurant erzählt. Luxenberg. Ein Buchhalter mit Plastikmanschetten. Ida, trägt er auch Plastik, wenn er pinkelt?«
    Ida ging in die Küche. Der Chef folgte ihr. Er zog sie langsam aus. Er zerriss Idas Bluse nicht. Er mühte sich mit allen Knöpfen einzeln ab. Er legte Idas Röcke und Schlüpfer auf den Küchentisch, ohne ihre Beine zu zerkratzen. Er brauchte keine Decke unter sich. Er konnte auf Idas Linoleum krabbeln. Sie hustete, als Isaac die Senke zwischen ihren Brüsten leckte. Sie spürte die heiße Nase des Bären an ihrem Bauch. Ida verstand. Er schnüffelte nach seinem Honigglas. Er rührte sich, schaffte seinen Kopf frei. Der Chef hatte vergessen, sich auszuziehen. Seine Hose fiel runter. Er kroch in Ida.
    Der Bär war elend dran. Er kopulierte mit dem Schädel an der Wand. Nur ein geistig Zurückgebliebener konnte vor Idas Motiven die Augen verschließen. Sie hatte Angst vor dem Chef. Das Mädchen hatte tiefe Furchen im Mund. Unter Isaac wurde sie glasäugig: Die Pupillen schrumpften in ihren Kopf zurück.
    Isaac biss sich auf die Zunge. Die Ärzte hatten ihn über das unspezifische Unbehagen unterrichtet, das ein Wurm einem Mann bereiten konnte. Isaac verfluchte die Ärzte und ihre Röntgenbilder. Der Wurm aß ihn lebendigen Leibes auf. Sein gepanzerter Kopf zerstach und zerkratzte Isaacs Därme. Er schwor bei Jesus, dass er spüren konnte, wie der Scheißkerl sich wand. Der Wurm konspirierte mit Ida gegen ihn, um ihm Qualen zu bereiten. Er glitt aus ihr heraus und zog seine Hose hoch. Er kannte die Kassiererinnentricks. Das Mädchen duldete Isaac auf sich, um ihn von den Plastikärmeln ihres Freiers abzulenken. Ida gab dem Bären den eigenen Honig, damit er nicht wieder in die Ludlow Street ging und gegen Luxenberg und das vegetarische Restaurant wütete.
    Isaac stahl sich aus der Küche. Idas Linoleum hatte sich auf seinen Knien abgedrückt. Mit Matsch im Herzen floh Isaac über die Bowery. Der Chef konnte sich nicht mehr mit den altbewährten Mitteln trösten. Das Bistum war verloren.
     
    Herbert Pimloe war ein Bulle mit einem Phi Beta Kappa-Schlüssel. Vor Jahren hatte er auf dem Campus von Harvard von Oliver Cromwell und Thomas Hobbes geträumt, mit einem nassen Mantel und einer erbärmlichen Wollmütze. Pimloe wies die gesellschaftlichen Ansprüche eines Harvard-Abschlusses weit von sich. Er empfand Verachtung für Rechtsanwälte und die Knaben von der Regierung, die vor Sehnsucht vergingen, den Atem eines Gesandten zu riechen, und die für das diplomatische Corps gestorben wären. Pimloe wurde Bulle in New York City.
    Er heiratete ein Mädchen aus Chappaqua. Er zog nach Brighton Beach. Er hatte drei Söhne, die von Pimloe die Schroffheit und den Verstand geerbt hatten und von der Form und der goldenen Farbe eines Phi Beta Kappa-Schlüssels

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