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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Dublin Castle vor sich hin. Sie sind mindestens so blöd wie unsere amerikanischen Bullen. Ich sollte das wissen. Ich war selber einer, bis Sidel, dieser Mistkerl, mich auf die Straße gesetzt hat.«
    Sie schmuggelten sie an den Portiers und Angestellten des Shelbourne vorbei, nackt, wie Annie unter ihrer Weste war. Sie konnte nicht aufhören, über die Bettelkinder zu reden.
    »Ist doch nicht ihre Schuld, O’Toole. Ihre Eltern richten sie dazu ab, dir die Finger in die Tasche zu stecken.«
    »Das steckt ihnen im Blut, sag ich dir. Die sind mit dem Bettlerblick geboren. Einmal Zigeuner, immer Zigeuner. Geh ja nicht wieder in die Nähe des Mountjoy Square. Die rasieren dir die Haare von den Beinen und verkaufen sie als Federn. Es gibt nichts an dir, was sie nicht verhökern könnten.«
    »Du hast eine schlechte Meinung von den Menschen, Mr. O’Toole. Man kann Kindern beibringen, nicht zu stehlen.«
    »Schon möglich. Aber hier im Hotel ist die Welt freundlicher. Keinen Tee mehr auf der O’Connell Bridge.«
    Der Esel beschützte sie, bis Dermott wieder auftauchte. Er schwärzte Annie nicht beim König an. Verlor kein Wort von Zigeunern, Bettlern oder dem Mountjoy Square. Ihr Mann schien mit den Gedanken anderswo zu sein. Er murmelte vor sich hin. Seine Augen waren schwarz umwölkt. Er bemerkte Annie Powell kaum. Das ging tagelang so. Dann schlug er sich auf die Taschen und meinte: »Jamey, mein Junge, steig in deinen dunkelsten Anzug. Wir gehen in die Kirche.«
    Der Esel konnte es nicht glauben.
    »Und was ist mit mir?«, fragte Annie.
    »Mädchen, ein Kleid, ganz egal welches.«
    Der König bestellte Blumen. Rosafarbene, weiße und gelbe Rosen. Die Blumen verbreiteten einen Duft, dass der Esel niesen musste. Dermott war sauer. »Hörst du endlich auf damit? Ich brauche einen Mann mit sauberem Anzug.«
    Sie nahmen ein Taxi nach Donnybrook, Annie hielt die Rosen auf ihrem Schoß, und Dermott heiratete sie in der Kirche zum Heiligen Herz, mit Jamey als Trauzeugen, dem Organisten, zwei Brautführern und dem Pfarrer. Himmel, konnte man denn eine Frau nicht erst fragen, ob ihr überhaupt nach Hochzeit zumute war? Dermott gab ihr einen Trauring, den sie aber nicht tragen durfte. Einen silbernen Reif. Sie musste ihn in ihrem Taschenbuch verstecken. »Ich will nicht, dass der Fischer das weiß«, sagte Dermott. »Das ist unser Geheimnis, verstehst du?«
    Also musste Dermotts Braut weiterhin Annie Powell bleiben. Im Hotel machte das keinen Unterschied. Für die Portiers war sie Madam, ganz gleich unter welchem Namen. Sie gönnten sich ein Hochzeitsessen. Dermott mietete ein Restaurant um die Ecke am Molesworth Place. Von der Straße aus wäre einem dieses Restaurant nie aufgefallen. Es machte mit keiner großen Reklame auf sich aufmerksam. Man musste anklopfen, wenn man hinein wollte. Eine Frau gab ihnen im Vorraum die Hand. »Mr. Dermott Bride«, sagte Jamey. »Ein Tisch für drei Personen.« Es handelte sich nicht um ein Restaurant, wo man im Erdgeschoss speisen musste und einem die Feuchtigkeit an den Schuhen klebte. Annie stieg eine Treppe hinauf in einen Speiseraum mit sechs Tischen. Ihr Mann hatte sie alle reserviert.
    Jamey trödelte mit seiner Suppe herum. Der Schein der Kerze flackerte auf seinem Kinn. Zwischen den beiden Männern schwebte eine Düsternis. Der Kiefer des Esels begann sich zu rühren. »Hast du dich mit dem Fischer geeinigt?«
    »Ja.«
    »Und, bin ich jetzt verbannt oder nicht?«
    »Ja und nein«, sagte Dermott. »Unsere Konten sind eine Katastrophe, Jamey. Du musst nach New York und meinem Onkel Martin helfen. Er stümpert rum, so allein … Dann kommst du zurück und lebst bei uns.«
    Jameys Augen schienen sich hinten in seinem Kopf zu schließen. Die Kerze erreichte sie nicht mehr. Er hatte sich bereits vor Dermott verschlossen.
    »Ach, ein tolles Land, dieses New York. Genau richtig für den kleinen James. Schließlich ist ja Mord mein Geschäft.«
    »Hast du vergessen?«, fragte Dermott. »Das hier ist eine Hochzeitsfeier.«
    »Tut mir leid, Derm. Ich ess meine Suppe auf.«
    Der Esel reiste am Morgen ab. Die Angestellten, die seine Koffer trugen, wirkten neben ihm wie Zwerge. Er musste sich im Shelbourne hinabbeugen, um Annie einen Abschiedskuss auf die Stirn zu drücken. Eine Lippe reichte bis an ihr Ohr. »Wenn du noch mal auf der O’Connell Bridge herumstolzierst, zieh ich dir einen Scheitel.« Ihr Mann begleitete ihn zum Flughafen. Sie durfte nicht mit.
    Ohne O’Toole war es einsam. Zwei

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