Das Isaac-Quartett
riesengroße Packungen Mehl, verschiedene Sorten Zahnpasta, Grapefruitsäcke, die so hoch aufgetürmt waren, dass er nicht mehr zu sehen war. Die Arbeit mit Isaac hatte seine Harvard-Erziehung verkrüppelt und er konnte nicht mehr ohne Isaacs Manierismen und Unflätigkeiten reden. »Coen, jetzt ist Schluss mit den Miezen. Zeig dich kooperativ, sonst kannst du in der Bushwick Avenue Niggeraugen anschauen.«
»Damit tätest du mir einen Gefallen. Die Second Division kann meine Fresse nicht ausstehen. Die halten mich für deinen Privatspitzel.«
»Kümmer dich um meinen Laden, Coen. Dann brauchst du keine Morde mehr mit diesen Saftsäcken zu lösen.«
»Wen soll ich für dich drankriegen, Herbert?«
»Niemanden. Ich will nur, dass du César und sämtlichen anderen Guzmanns auf der Pelle bleibst.«
»Brodsky«, sagte Coen, »sag ihm, dass er komisch ist.«
»Er weiß, dass du mit der Sippe aufgewachsen bist, Manfred. Er erwartet nicht von dir, dass du sie ans Messer lieferst, sondern nur, dass du dich eine Weile bei ihnen rumtreibst.«
»Ich nehme an, César wird mich küssen und mir eine Liste der Bordellkette, die er zu eröffnen beabsichtigt, in die Hand drücken. Vielleicht kann ich dir Nutten und Spieler aufs Revier schleppen.«
»Um Bordelle geht es nicht«, sagte Pimloe. »Da muss etwas ganz anderes laufen. Außerdem stehst du nicht in ihrer Schuld.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein, Herbert?«
»Sie haben deine Mutter und deinen Vater umgebracht.«
Die Löcher zwischen den Grapefruitsäcken blitzten grün vor Coen Augen auf. Davon abgesehen war er ruhig. Die Aufschrift der Mehlpackungen blieb deutlich lesbar. Pimloe blieb hinter dem Einkaufswagen stehen.
Vor seinem Aufstieg in einen führenden Posten hatte er Coens Nutzen für die Polizei hinterfragt, die Brauchbarkeit dieses schönen Jungen mit den zarten Wangen, der als Frau ebenso leicht durchging wie als Mann und doch kalt und dickschädlig war und jede Art von Vorschriften missachtete. Er wandte sich ab und überließ Coen dem Chauffeur.
»Der Inspektor hat recht, Manfred. Die Supermärkte haben den kleinen Läden den Todesstoß versetzt. Dein Vater hat von den Guzmanns Kredit angenommen, um zu überleben, und als du zum Militär gegangen bist und die Uniform angezogen hast, um Papas Bronx vor den Roten zu verteidigen, hat Guzmann deinen Vater in die Zange genommen; er hat unsinnige Forderungen gestellt, sein Geld auf einen Schlag zurückhaben wollen, und ehe er seinen Laden verloren hätte, hat dein Papi den Gasherd angestellt.«
Coen stieß die Mehlpakete vor Pimloes Kopf um. »Wer hat dir das erzählt?«
Pimloe versuchte, den Wagen in einen anderen Gang zu schieben, doch Coen verstellte ihm mit einem Fuß den Weg. »Wer hat dir das erzählt?«
Der Chauffeur antwortete: »Isaac.«
Pimloe biss die Zähne zusammen. »Ich schwöre es dir, es war Isaac.« Er fürchtete um sein Leben. Nackte Knie und ein blaues Unterhemd mochten in einem Supermarkt albern wirken, doch Coen war der Bewaffnete.
»Manfred«, sagte der Chauffeur. »Wir wissen es seit Jahren. Das mit deinem Vater und den Guzmanns.«
Über Coens Beine lief eine Gänsehaut. Die Kaltluft fraß sich durch seine Wollsocken. Er musste leise reden. »Brodsky, bring mich zu Schiller.«
Brodsky sah Pimloe fragend an.
»Bring ihn hin«, sagte Pimloe. »Hol mich anschließend ab.« Coen war so betäubt, dass Pimloe sich eine gewisse Gutmütigkeit leisten konnte. Er stellte die Mehlpakete hochkant und polierte seine Pläne mit Coen auf. »Denk daran, Coen, denk daran, bleib César auf den Fersen.« Hinter dem Wagen in Sicherheit konnte er wieder schreien. »Bestätige es ihm, Brodsky. Mach ihm klar, dass ich nicht sein Feind bin. Sag ihm, dass es uns um das gleiche geht. Guzmann in Dosen.«
Brodsky brachte ihn zum Wagen. Coen rieb sich die fröstelnden Knöchel: Er zog die Handgelenkschützer und das Stirnband aus und stopfte sie in die Tasche. Brodsky war nicht sicher, auf wen die Revanche niedergehen würde. Er spannte Schultern und Nacken an.
»Manfred, ich weiß, dass es beschissen ist, dir das jetzt zu erzählen, aber der Inspektor braucht solche Hebelwirkung. Er ist nicht so charmant wie Isaac. Manfred, es war meine Idee, dir die Geschichte auf die Nase zu binden. Vergiss die Huren. César leitet ein Heiratsbüro, einen Club der Einsamen Herzen für den mexikanischen Mittelstand. Er liefert alles, was man will. Verpackt und mit Rücknahmegarantie. Wenn sie dir nicht gefällt,
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