Das Isaac-Quartett
Chinesen, sowie er auf die Straße trat. Isaacs Gegenwart schüchterte sie zunehmend ein; jetzt wussten sie die Brillanz von Isaacs Technik zu würdigen. »Isaac«, sagte DeFalco, »wie bist du hinter seinen Zeitplan gekommen? Du hast ihn auf die Sekunde erwischt.«
Brown klimperte mit den Fingern auf dem Lauf seiner Schrotflinte. »Isaac, soll ich ihm eine aufs Ohr donnern? Die Ladung wird ihm seinen krummen Arsch strecken.«
Isaac stimmte nicht in ihren Jubel ein. »Wir warten auf ihn. Lange wird er uns nicht hinhalten.«
Der Chinese salutierte Bummys italienischem Barkeeper mit zwei Fingern, wie es in SoHo beliebt war. Da ihm der Bodenfrost im Norden Manhattans zu kalte Füße machte, betrachtete sich der Chinese als anständiger Sizilianer aus der Mulberry Street. Er hätte noch vielsprachiger sein können, wenn er sein Leben weniger aktiv verbracht hätte (Killer wurden nicht dafür bezahlt, ausländische Verben auszuspucken). Abgesehen von Spanisch, Italienisch, Manhattan-Englisch und Kuba-Chinesisch konnte er mit jiddischen und kreolisch-französischen Sätzen (eine der Muttersprachen seines Vaters) um sich werfen. Seine religiöse Anhänglichkeit war durchaus sparsam; als einzigen Feiertag respektierte er das Fest des San Gennaro, das sich bis in den nördlichen Zipfel Chinatowns erstreckte und bei dem er sich mit Würsten und sahnigem Hüttenkäse vollfraß. Ein Revierwachtmeister, der den Chinesen kannte, war an Bummys Tisch eingenickt. Der Chinese brauchte seine Schritte nicht zu dämpfen; ob wach oder schlafend, dieser Wachtmeister akzeptierte das rote Haar des Chinesen. Solange der Taxibandit nicht in seinem Revier sein Unwesen trieb, würde er nicht mit einem Trupp von diesen Innenstadt-Detectives zusammenarbeiten und Chino bei Bummy schnappen. Die hübschen Jungen von der Mordkommission und dem Überfallkommando sollten doch selbst sehen, wohin sie kamen. Der Wachtmeister schlief besser, wenn er die Waffe auf den Tisch legte; andernfalls behinderte ihn sein Wanst, und immer, wenn er zu laut schnarchte, stach ihm die Dienstwaffe in die Nieren oder die Leisten.
Seit seiner Rückkehr aus Mexiko City war Chino keiner Knarre mehr so nah gekommen. Er stellte sich vor, wie Coen schauen würde, wenn er in das Rohr einer Polizeiwaffe sah. Das Gesicht des Juden würde sich in pissfarbene Sprenkel zerknittern. Entweder bat Coen Chino um Verzeihung, oder sein Finger würde losgehen. Diese Gnade musste ihm der Chinese gewähren, da der Jude früher ein Freund von Zorro gewesen war. Dennoch blieb der Chinese am Tisch stehen und wog seine Möglichkeiten ab. Wenn er die Waffe klaute, würde Bummy ihn dauerhaft aussperren. Doch wenn er Coen bis zum Wochenende noch nicht bestraft hatte, bedeutete das ein Eingeständnis, dass ein Pole, ein blonder Jude, ihm ins Gesicht fassen konnte. Der Chinese beugte sich vor; ein einfacher Druck auf das Leder, ein zartes Wimmern, und die Waffe glitt aus dem Halfter. Der Wachtmeister kaute auf seinem Zahnfleisch.
DeFalco stoppte den Aufenthalt des Chinesen; sechs Minuten und elf Sekunden. Brown trat die Kupplung. Isaac legte ein Bein über Browns Fuß. »Nicht. Gib ihm ein paar hundert Meter Vorsprung. Sonst riecht er Lunte; grüne Fords erkennt jeder.«
»Isaac«, sagte DeFalco, »wie konntest du wissen, dass er so schnell wieder rauskommen würde?«
Brown wackelte mit dem Kopf. »Den sticht es im Hintern, diesen Chinesen. Er kann nirgends lange sitzen bleiben. Isaac weiß das.«
Rosenheim machte es sich auf dem Rücksitz bequem und fand sich mit seiner Aufgabe ab; dem Chinesen würde er auf den Fersen bleiben, ganz gleich, wohin es ging, aber in die Lobeshymnen für Isaac fiel er nicht ein.
15
Coen erwartete Isaac. Er versuchte, zu erraten, welchen Weg sein Chef nehmen würde. Isaac mochte Feuertreppen. Wenn er Coen unangemeldet besuchen wollte, kam er mit Handschuhen und einem Schal, um sich gegen den Luftzug in Coens Gasse zu schützen, durchs Fenster. Bei formellen Anlässen hinterließ er eine Nachricht bei Schiller oder ließ seinen Chauffeur (Brodsky natürlich) um den Block fahren, bis Coen den Wagen bemerkte. Isaac rief nie an. Niemand garantierte ihm, dass Coens Leitung nicht angezapft war. Coen war sicher, dass Isaac keinen großen Auftritt machen würde. Isaac hatte nicht Pimloes aufdringlichen Geschmack. Er hätte sich nicht in einem Supermarkt mit Coen getroffen, zwischen Grapefruitnetzen. Es hätte Arnolds Zimmer oder der Tischtennisclub sein können. Isaac
Weitere Kostenlose Bücher