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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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nicht mehr sicher, was legitim und was Lug und Trug war. Es stimmte, dass die Hälfte aller Polizisten (er selbst eingeschlossen) hoffte, der Chinese werde Coen umlegen, aber Brown war gar nicht zum Feiern aufgelegt. Chino hätte er in den Schädel pinkeln und morgen den nächsten Chinesen erledigen können; aber einen toten Bullen konnte er nicht schänden. Vielleicht konnte er in Coens blutigem Gesicht auch einige seiner eigenen Züge erkennen. Vielleicht lag unter seinem gesamten Groll eine Zuneigung für Isaacs Baby verborgen. Brown wusste es selbst nicht. Er bedeckte Coen so gut wie möglich mit Schillers rosa Handtüchern und erwartete die Ankunft des Leichenwagens.
     
    Die vielen kleinen Schiebungen und Ausflüchte in der Abteilung des First Deputy waren über die Bühne gegangen, als Coen zu Grabe getragen wurde (auf Ersuchen eines gewissen Polizeichefs von Manhattan hatten die Hands of Esau die Leiche in Verwahrung genommen, obwohl Coen mit seinen Beiträgen im Rückstand war). Pimloe litt am meisten. Er verlor seinen Chauffeur und musste seine Räumlichkeiten mit Blick auf den Cleveland Place räumen, um eine Abstellkammer an der Rückseite des Gebäudes zu beziehen. Die niederen Kriminalbeamten, die die breite Masse des »Rattentrupps« bildeten (sie infiltrierten Polizeireviere und spionierten im Auftrag des First Dep Bullen nach), konnten ihre Freude über diese Maßnahme kaum verhehlen. Sie waren von Isaac ausgebildet worden und respektierten den ungeglätteten Fluss von Isaacs Theorien, seine Ablehnung des lehrbuchhaften Vorgehens, seine fanatische Hingabe an den Modus operandi von Verbrechern und schurkischen Bullen. Für sie war er nicht der DCI (Deputy Chief Inspector), jemand, den man nach Möglichkeit mied. Er war Isaac, der Meister, der einzige Chef. Sie brauchten keinem gewöhnlichen DI wie Pimloe zu schmeicheln. Isaac war nach Hause zurückgekehrt.
    Er saß in seinem Büro und brütete über den Glückwünschen, die er erhalten hatte, weil er Chino Reyes das Handwerk gelegt und eine oder zwei von César Guzmanns Spielhöllen geschlossen hatte. Draußen stand der Schablonenmaler und kratzte »Herbert Pimloe« von der Tür ab. Sein Schreibzeug, seine Teekanne, seine Ehrenurkunde von den Hands of Esau, seine Gläser mit farbiger Tinte, monatelang im Keller eingelagert, waren in seine Büroräume zurückgebracht worden. Seine Untergebenen waren übertrieben höflich. Niemand erwähnte ihm gegenüber Papa oder Coen. Isaac hatte vorgehabt, sechs Guzmanns in der Tasche zu haben (Jerónimo hatte er nicht vor Gericht stellen, sondern in eine Anstalt schicken wollen) und Coen in der Nähe seiner Tür zu wissen, wenn er aus seinem Loch (der Boston Road) zurückkehrte. Er hatte sich nicht die Knie wundgescheuert, um Geld für Papa einzusammeln, hatte sich nicht mit süßen Sodas vollgepumpt und sich auf Barhockern Pickel am Hintern geholt, um einen kubanisch-chinesischen Flüchtling zutage zu fördern, einen Banditen, an dessen Laufbahn er beteiligt war. Isaac war derjenige gewesen, der Chino bei seinen Spielsalons an der Doyers Street einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, indem er der Staatsanwaltschaft andeutete, dass unter der Obhut des Chinesen Glücksspiele betrieben wurden; Isaac war derjenige gewesen, der ihn in die härteren Stadtteile vertrieben und seine Möglichkeiten so weit eingeschränkt hatte, dass der Chinese nur noch die Wahl hatte, sich an César zu verdingen oder zu verhungern. Er hatte Chino Reyes für ausreichend dumm gehalten, ihn durch die Reihen der Guzmanns zu führen, Césars Heiratsvermittlung aufzudecken, damit er sich ein paar Guzmanns mit den Bräuten schnappen konnte. Allerdings hatte ihn der Chinese zu niemand anderem als Coen geführt.
    Isaac hatte sich eigentlich gar nicht mit den Guzmanns anlegen wollen. Papas Zahlenlotto störte ihn nicht. Als Logenbruder und Propagandaminister der Hands of Esau schämte er sich zwar, einzugestehen, dass eine jüdische Familie ein Monopol in einem Teil der Bronx errichten konnte, doch er tröstete sich mit dem Bewusstsein, dass die Guzmanns keine echten Juden waren, Marranen, die Moses als ihren Christus ansahen, den Begriff der Ehe ins Lächerliche zogen und Schweinefleisch aßen. Dann waren die Geschichten zu Isaac durchgesickert, eklige Geschichten; seine Spitzel in der Bronx hatten durchblicken lassen, dass sich eine Lotteriegemeinschaft in der Bronx auf weiße Sklaverei verlegt hatte, dass deren Agenten an den

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