Das italienische Maedchen
Auftritt nicht retten können. Die Situation verschärfte sich durch die Tatsache, dass Anna Dupré sich auf Anweisung ihres Arztes in den folgenden Monaten Ruhe gönnen musste. Was bedeutete, dass eine der führenden Sopranistinnen ausfiel und Paolo kaum anders konnte, als Rosanna für sie einzusetzen. Paolo hatte dem Publikum zähneknirschend das gegeben, was es wollte: den neuen Star, Rosanna Menici.
Und sie hatte die Aufgabe mit Bravour gemeistert, das musste er zugeben. Sie war der ein wenig spröde Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses.
Als andere Opernhäuser ernsthaftes Interesse bekundeten, hatte Paolo Rosanna widerwillig geraten, sich einen Agenten zu suchen. Und Chris Hughes, Robertos amerikanischer Agent, hatte sie nur zu gern unter seine Fittiche genommen.
Paolo wusste, dass sein Schützling flügge war.
Rosanna und Chris Hughes saßen an einem der besten Tische im Il Savini. Chris hatte eine Flasche Champagner bestellt und bestand darauf, dass Rosanna ein Glas trank.
»Auf meine neueste Klientin. Ich glaube, wir werden ein gutes Team, Rosanna.«
Sie nickte dem attraktiven blonden Mann, einem richtigen Bilderbuchamerikaner, zu. »Das hoffe ich, Chris.«
»Bevor ich Ihnen die Engagements erläutere, die ich für Sie arrangiert habe, erkläre ich Ihnen meine Arbeitsweise, einverstanden?«
»Ja.«
»Ich organisiere Ihren Auftrittsplan und fürs Erste auch die PR . Möglicherweise werden Sie dafür bald einen eigenen Agenten brauchen wie Roberto.«
Rosanna nickte.
»Ich habe Büros in London und New York. Die jeweiligen Sekretärinnen kümmern sich um alle Ihre Reisen, buchen die Flüge und Hotels und das ganze Drum und Dran. Falls es ein Problem geben sollte, können Sie tagsüber das Londoner Büro erreichen und bis Mitternacht das in New York. Ich gebe Ihnen außerdem meine Privatnummern. Über meine Provision haben wir bereits gesprochen. Sind Sie damit einverstanden?«
»Ja, Chris.«
»Gut. Jetzt müssen Sie mir nur noch sagen, auf welches Konto ich Ihr Geld überweisen soll. Alle Ihre Gagen werden an mich gezahlt. Es ist das Einfachste, wenn Sie mir Ihre Kontonummer geben. Dann kann ich die eingehenden Schecks sofort darauf weiterleiten.«
»Ich habe kein Bankkonto«, bekannte Rosanna, der der Kopf von all den Informationen schwirrte.
»Tatsächlich? Dann eröffnen Sie mal rasch eins, meine Liebe«, riet Chris ihr schmunzelnd. »Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie in den nächsten Jahren eine wohlhabende junge Dame werden, ist nämlich ziemlich hoch. Die Opernhäuser zahlen immer in Dollar, weil das für alle das Einfachste ist. Ich kann gern in die Währung umrechnen, die Ihnen am liebsten ist. Soweit die finanzielle Seite. Jetzt sollten wir bestellen, damit wir uns über interessantere Fragen wie Ihre Engagements unterhalten können.« Chris warf einen Blick in die Speisekarte und winkte den Kellner herbei. »Was hätten Sie gern, Rosanna?«
»Das Vitello tonnato und einen Salat, bitte.«
»Gute Wahl. Ich nehme das Gleiche.«
»Danke, Sir.« Der Kellner notierte ihre Bestellung und entfernte sich.
Chris schenkte Rosanna Champagner nach. »Zurück zu den Engagements. In dieser Hinsicht gibt es nur gute Nachrichten. Im Moment steht Ihnen die Welt offen. Covent Garden bietet Ihnen die Violetta an, mit Roberto als Alfredo. Die dortige Starsopranistin ist gerade schwanger und braucht eine Auszeit. Sie proben vier Tage, im August finden dann acht Vorstellungen statt.«
Rosanna wurde blass. »Vier Tage Proben? Aber die Violetta habe ich noch nie gesungen!«
»Paolo und Roberto helfen Ihnen sicher. Nach Covent Garden haben Sie einen Monat frei, dann geht’s zurück nach London zu einem Wohltätigkeitskonzert in der Royal Albert Hall. Möglicherweise habe ich bald Ihren ersten Plattenvertrag mit der Deutschen Grammophon unter Dach und Fach. Sie wollen die Butterfly mit Roberto aufnehmen, den sie bereits unter Vertrag haben, aber die Einzelheiten sind noch nicht geregelt. Sie möchten Sie zuerst kennenlernen, den Termin dafür lasse ich Sie wissen. Wenn wir uns handelseinig werden, haben wir im Oktober ein Zeitfenster für die Plattenaufnahmen in London. Die Pariser Palais Garnier will Sie für ein Galakonzert Ende dieses Monats, und anschließend fliegen Sie zu Proben für die Bohème zurück nach Mailand.«
Rosanna nahm nervös einen Schluck Champagner. »Und wie lange darf ich da proben? Eine Stunde?«
»Nein, eine Woche.«
Rosanna schüttelte den Kopf. »Nein, Chris, ich
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