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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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ist, eine ganz erhebliche.«
    Hannikainen machte eine Pause. Dann sagte er mit Nachdruck: »Ich erkläre kategorisch, daß diese Schädel­ bilder nicht von derselben Person stammen können. Sie weichen so sehr voneinander ab, daß der Unterschied nicht zu leugnen ist: Diese älteren Schädel, also vom jungen Kekkonen, sind zum Beispiel hier am Scheitel spitzer, und auf den neueren Bildern ist die Schädelform flacher, also der Scheitel ist deutlich runder. Und sieh dir mal die Kinnlade an: Auf den alten Bildern hat Kek­ konen ein fliehendes Kinn, auf diesen neuen ein um mehrere Millimeter vorspringendes, und zugleich sitzen die Wangenknochen tiefer. Auf dieser Profilaufnahme sieht man es am besten. Am Hinterkopf gibt es ebenfalls Abweichungen, wenn auch weniger große. Auf diesem Bild des älteren Mannes ist der Hinterkopf stärker ein­ gedrückt als auf dem neuen, siehst du! Wenn der Mensch älter wird, wölbt sich der Hinterkopf aber nicht nach außen, sondern er flacht ab, glaub mir.«
    »Du bist also der Meinung, daß Kekkonens Kopf ir­ gendwann um 1968 seine Form verändert hat?«
    »Mehr als das! Ich bin überzeugt, daß der alte Kekko­ nen um 1968 entweder gestorben ist oder ermordet wurde – oder sich aus irgendeinem anderen Grunde aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hat – und daß an seine Stelle ein neuer Mann getreten ist mit nahezu vollkommener Ähnlichkeit, bis hin zur Stimme.«
    »Vielleicht wurde durch Krankheit oder Unfall der Schädel verformt.«
    »Diese Schädelveränderungen sind von einem Aus­ maß, daß die Genesung Monate in Anspruch genommen hätte, wenn die Ursache dafür eine Krankheit oder ein Unfall gewesen wäre. Nach meinen Untersuchungen hat Präsident Kekkonen es jedoch in seinem ganzen Leben nicht fertiggebracht, länger als zwei Wochen hinterein­ ander der Öffentlichkeit fernzubleiben. Und außerdem habe ich auf keinem seiner Fotos eine Narbe am Kopf entdecken können, Warzen schon, aber es gibt keinen Hinweis auf eine im Jahre 1968 erfolgte Operation.«
    Hannikainen packte die Schädelbilder wieder in den Koffer und breitete eine große Tabelle aus, eine Kurve mit Zahlenangaben lief quer über das Blatt.
    »Hier ist die Kurve von Kekkonens Längenwachstum. Die ersten Angaben stammen aus seiner Kindheit. Die aus den Jünglingsjahren sind nicht ganz sicher, aber völlig hieb- und stichfest sind sie dann wieder aus der
    Zeit, als er Unteroffizier wurde. Hier ist auch eine Foto­ kopie von seinem Wehrpaß. Sieh mal: Kekkonen ist seit seiner Soldatenzeit 179 Zentimeter groß gewesen, hier dieselbe Größe, als Paasikivi begraben wurde. Und dann hier! Wir kommen zum Jahr 1968, und die Kurve steigt auf einmal um zwei Zentimeter. Kekkonen mißt plötzlich 1,81 Meter. Von da ab bleibt die Kurve unverändert bis heute ins Jahr 1975. Auf seine alten Tage ein plötzliches Längenwachstum. Überraschend, nicht wahr?«
    Hannikainen schob die Tabelle mit der Körpergröße des Präsidenten beiseite. Er suchte eifrig nach einer weiteren Tabelle, in der sorgfältig Kekkonens Gewichts­ kurve eingezeichnet war.
    »Nun ja, diese Angaben sind nicht ganz so beweiskräf­ tig wie die vorigen, aber so etwas wie Indizien sind sie auch. Kekkonens Gewicht hat nur wenig geschwankt, nachdem er die Lebensmitte erreicht hatte. Es gab da eine Art Jahreszyklus: Im Herbst wog er immer am meisten, manchmal sogar 4,5 Kilo mehr als im Früh­ jahr. Im Frühsommer war er ausnahmslos am leichte­ sten, im Herbst nahm er wieder zu und kam auf sein altes Gewicht. Ich habe diese Angaben vom Institut für Arbeitsmedizin in Helsinki, sie sind also präzise. Aber um die Jahresgewichte miteinander zu vergleichen und einen Überblick über die Jahrzehnte zu bekommen, habe ich Kekkonens jährliches Durchschnittsgewicht errechnen müssen, und dabei entstand diese Kurve. Jetzt siehst du, daß Kekkonen in den Jahren 1956 bis 1968 im Durchschnitt 79 Kilo gewogen hat, und nach 1968 dann 84 Kilo. Das Mehrgewicht von fünf Kilo hält sich seit 1968 stabil bis zum heutigen Tag, wenn wir die jahreszeitlichen Schwankungen außer acht lassen, die ich dir vorhin erläutert habe. Alles in allem zeigt die Kurve nur während der beiden ersten Präsidentenjahre eine Abweichung, eine Gewichtsabnahme um ein paar Kilo. Das drückt zwar den jährlichen Mittelwert nach unten, ist aber trotzdem natürlich und beeinflußt die Kurve im großen und ganzen überhaupt nicht.«
    Hannikainen legte noch mehr Beweismaterial vor. »Ich habe

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